Zu Berichten, dass die Landesregierung Finanzstaatssekretär Uwe Becker als neuen Präsidenten des Rechnungshofs vorschlagen will, erklärt der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Mathias Wagner:
„Wir kennen und schätzen Uwe Becker – auch aus unserer gemeinsamen Arbeit in der Landesregierung und zuvor im Frankfurter Magistrat. Gleichwohl ergeben sich erhebliche Zweifel, ob Uwe Becker die gesetzlichen Anforderungen an das Präsidentenamt erfüllt. Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Es ist fraglich, ob die Landesregierung das getan hat. Die gesetzlichen Anforderungen haben gute Gründe. Sie sollen die Unabhängigkeit des Rechnungshofs sichern und vermeiden, dass auch nur der Anschein entsteht, der Hof sei in seinem Handeln befangen. Wir fordern die Landesregierung auf, umgehend Klarheit zu schaffen. Bis zur geplanten Wahl in der Landtagssitzung in zwei Wochen bleibt nicht viel Zeit.
§12 des Gesetzes lautet ‚Ausschluss der Befangenheit‘. Darin heißt es: ‚Ein Mitglied des Rechnungshofs darf nicht tätig werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Zweifel an seiner Unbefangenheit zu rechtfertigen‘ und weiter ‚Die Mitglieder des Rechnungshofs dürfen nicht bei einer Angelegenheit tätig werden, an der sie selbst (…) beteiligt gewesen sind‘. Als langjähriger Teil der Landesregierung und insbesondere als Finanzstaatssekretär war Uwe Becker an nahezu allen wesentlichen Vorhaben beteiligt. In vielen Fragen müsste er also künftig als Rechnungshofpräsident prüfen, was er selbst entschieden hat. Das schließt allerdings das Gesetz aus gutem Grund aus.
§15 des Gesetzes lautet ‚Unvereinbarkeit, Nebentätigkeit‘. Darin heißt es: Die Mitglieder des Rechnungshofes ‚dürfen mit Ausnahme des Amtes des Mitglieds eines Prüfungsausschusses ein Nebenamt weder übernehmen, noch fortführen‘. Ausnahmen sind nur vorgesehen, wenn ‚dienstliche Belange nicht entgegenstehen und ein Widerstreit zwischen dienstlichen und außerdienstlichen Tätigkeiten des Beamten nicht zu befürchten sind‘. Hier stellt sich die Frage, wie das Amt des Antisemitismusbeauftragten der Landesregierung mit dieser Regelung vereinbar sein soll. Auf der einen Seite das Handeln der Landesregierung zu prüfen und auf der anderen Seite als Beauftragter in Abhängigkeit von der Landesregierung zu stehen – das passt nicht wirklich zusammen.
§3 schließlich regelt die ‚Persönlichen Voraussetzungen‘. Darin heißt es: ‚Die Mitglieder müssen die Befähigung für eine Laufbahn des höheren Dienstes erworben haben‘. Als Voraussetzung für den höheren Dienst gilt in der Regel ein Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss. Auch das ist bei Uwe Becker auf den ersten Blick nicht gegeben. Die Landesregierung muss auch hier darlegen, wie ihr Vorschlag mit dem geltenden Recht vereinbar ist.
Uwe Beckers Erfahrung steht nicht zur Debatte. Gleichwohl muss sich die Landesregierung bei ihrem Vorschlag für das Amt des Rechnungshofpräsidenten an geltendes Recht halten.“
Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
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