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11.05.2009

Haushaltsentwurf des Kultusministeriums: Viel versprochen, wenig gehalten

Wenig gelbes Licht und viel schwarzen Schatten sieht die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dem von Ministerin Henzler vorgelegten Haushaltsentwurf für das Kultusministerium. „Im Wahlkampf hat die FDP viel für die Schulen versprochen, davon ist für das kommende Schuljahr nichts zu sehen“, kommentiert der bildungspolitische Sprecher von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Mathias Wagner. „Wir erkennen ausdrücklich an, dass zum kommenden Schuljahr 1000 neue Lehrerstellen geschaffen und damit unter anderem begonnen werden soll, die Klassengrößen zu senken. Für die Umsetzung all der anderen Versprechungen findet sich im Haushalt aber nichts. Im Gegenteil: Beim Ausbau der Ganztagsangebote fällt Frau Henzler noch hinter das Schneckentempo von Karin Wolff zurück. Und statt Schulen endlich mehr Eigenverantwortung zu geben, werden innovative pädagogische Konzepte gestoppt und die Rahmenbedingungen für integrierte Gesamtschule deutlich verschlechtert.“

Im Einzelnen kritisieren DIE GRÜNEN:

Versprochen: 105 Prozent Lehrerversorgung – Realität: Nichts

„Gemeinsam mit der SPD und uns hat sich die FDP im Wahlkampf für eine 105-prozentige Lehrerversorgung ausgesprochen. Im Haushalt 2009 gibt es noch nicht einmal einen ersten Schritt, um dieses Ziel zu erreichen. Stattdessen musste die Ministerin bei der Besprechung des Haushalts einräumen, dass sie alle Hände voll zu tun habe, überhaupt die 100-prozentige Lehrerversorgung zu gewährleisten.“ Die Schulen würden auf das Schuljahr 2010/2011 vertröstet und selbst dann gäbe es erst einen mikroskopisch kleinen Schritt. „Wir GRÜNEN zeigen mit unseren Änderungsanträgen zum Haushalt 2009 auf, wie die Mittel für eine 105-prozentige Lehrerversorgung bereits zum kommenden Schuljahr bereitgestellt werden können. Die FDP hätte durch die Zustimmung zu unserem Antrag also noch Gelegenheit, ihr Wahlversprechen zu halten.“

Versprochen: Ganztagsangebote an allen Schulen – Realität: Weniger neue Ganztagsschulen als unter Karin Wolff

Ein ähnlich enttäuschendes Bild zeige sich bei den für den Ausbau von Ganztagsangeboten vorgesehenen Mitteln. „An landesweit nur zehn Schulen soll in diesem Jahr ein zusätzliches Ganztagsangebot gefördert werden. Das bedeutet, dass es noch nicht einmal in jedem zweiten der 26 Landkreise bzw. kreisfreien Städte ein zusätzliches Ganztagsangebot geben wird.“ Selbst unter Karin Wolff seien sechsmal so viele Schulen pro Jahr neu in das Ganztagsangebot aufgenommen worden. „Bei diesem Tempo brauchen wir über 100 Jahre, bis wir an allen hessischen Schulen ein Ganztagsangebot haben. Das Versprechen der Regierung war aber, dieses Ziel bis 2015 zu erreichen.“ Auch hier wollen DIE GRÜNEN mit einem Änderungsantrag zum Haushalt noch Veränderungen erreichen und allein in 2009 zehn Millionen Euro zusätzlich für ganztägig arbeitende Schulen zur Verfügung stellen.

Versprochen: Mehr Eigenverantwortung für die Schule – Realität: Gängelung geht in nächste Runde, Rahmenbedingungen für Integrierte Gesamtschulen werden verschlechtert

„Die Beendigung des innovativen und vom früheren Kultusminister Banzer begrüßten pädagogischen Modells an der Frankfurter Kerschensteiner-Schule durch Frau Henzler war wohl erst der Anfang einer neuen Gängelungsrunde für die Schulen. Weitere Rückschritte sind schon in Sicht: Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes, den CDU und FDP am Dienstag in den Landtag einbringen, werden die Rahmenbedingungen für die Neugründung von integrierten Gesamtschulen deutlich verschlechtert.“ Der Text sehe vor, dass neue integrierte Gesamtschulen künftig mindestens drei Parallelklassen pro Jahrgangstufe haben müssten. Diese Hürde war erst im vergangenen Jahr durch den Landtag abgeschafft worden. „Jetzt wird mit der Mehrheit von CDU und FDP wieder zentral durchregiert. Statt die Schulgemeinden vor Ort entscheiden zu lassen, wie sich die Schulen organisieren wollen, werden wieder künstliche und ideologisch motivierte Barrieren für das gemeinsame Lernen aller Schülerinnen und Schüler geschaffen. Mit unserem Konzept für eine Neue Schule schlagen wir den genau entgegen gesetzten Weg vor. Wir wollen Schulen ermutigen, neue Konzepte für mehr individuelle Förderung auf den Weg zu bringen.“

Versprochen: Drittelfinanzierung bei Schulsozialarbeit – Realität: Nichts

Henzlers Amtsvorgänger Jürgen Banzer hatte in seiner Amtszeit eine Drittelfinanzierung der Schulsozialarbeit zwischen Land, Schulträger und Kommunen ins Gespräch gebracht. „Bei vielen Städte und Landkreisen waren hierdurch große Erwartungen geweckt worden. Im aktuellen Haushaltsentwurf findet sich jedoch zu diesem Thema kein einziger zusätzlicher Cent.“

Versprochen: Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans – Realität: Nichts

„Im Wahlkampf waren sich alle Parteien einig, dass der Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0-10 Jahren möglichst zügig umgesetzt werden soll. Während im Sozialetat von Minister Banzer für die Kindertagesstätten dafür auch zusätzliche Mittel vorgesehen sind, gibt es für die Umsetzung an den Grundschulen im Etat des Kultusministeriums keinen einzigen zusätzlichen Euro. Die bessere Zusammenarbeit von Kitas und Grundschulen ist aber nicht zum Nulltarif zu haben. Auch die Grundschullehrerinnen und -lehrer brauchen mehr Fort- und Weiterbildungsangebote und mehr Zeit, um den Bildungs- und Erziehungsplan umsetzen zu können.“ Auch in diesem Bereich bringen DIE GRÜNEN einen Änderungsantrag zum Haushalt ein.

Bestätigt in ihrer Auffassung, dass sich inhaltlich im Kultusministerium auch unter FDP-Leitung nichts ändern wird, sehen sich DIE GRÜNEN durch eine Antwort des Leiters der Staatskanzlei, Stefan Grüttner, auf eine Kleine Anfrage von Mathias Wagner (Drs. 18/271). Der GRÜNEN Abgeordnete hatte gefragt, welche inhaltliche Neuausrichtung der Arbeit des Kultusministeriums es notwendig gemacht hat, das Ressort einer neuen Leitung zu übertragen, antwortete der Chef der Staatskanzlei kurz und bündig: „Die Übertragung an eine neue Leitung steht nicht im Zusammenhang mit einer inhaltlichen Neuausrichtung.“ „Diese Auskunft spricht für sich“, so Wagner.


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
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