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19.03.2013

Gutachten zur Begrenzung des Fluglärms: Noch sind nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft – GRÜNE kämpfen weiter für Schutz der Bürgerinnen und Bürger

Flughafen1, Flugzeug, FluglärmAuf Grundlage eines von der Anwaltskanzlei Gaßner, Groth, Siederer &Coll. Erarbeiteten Gutachtens sehen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Möglichkeiten, um mehr Lärmschutz, ein Nachtflugverbot von 22-6 Uhr und eine Begrenzung der Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen zu erreichen. Das Gutachten beschreibt fünf Bereiche, in denen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger gehandelt werden könnte: Kontrolle der Auflagen des jetzigen Planfeststellungsbeschlusses, Auflagen bei Erreichen der Grenzwerte, Neubewertung der gesundheitlichen Auswirkungen, Selbstbeschränkung der Fraport und Änderung von Bundesgesetzen. Außerdem könnten sich je nach Entscheidung der Gerichte aus den weiterhin anhängigen Verfahren noch zusätzliche Möglichkeiten für mehr Schutz der fluglärmgeplagten Bewohner des Rhein-Main-Gebiets ergeben.

„Es ist also nicht so, wie Schwarz-Gelb als verlängerter Arm der Luftverkehrsindustrie erklärt, dass gar keine Veränderungen am jetzigen Zustand mehr möglich wären. Die einfachen Lösungen sind jedoch durch den von Schwarz-Gelb erlassenen Planfeststellungsbeschluss leider weg. Hier hätte die Landesregierung ihren Ermessensspielraum zugunsten der Bürgerinnen und Bürger statt zugunsten der Luftverkehrswirtschaft nutzen müssen. Der Bau der Nordwestbahn war, ist und bleibt ein Fehler, den CDU, FDP und SPD gemeinsam begangen haben. Diesen Fehler und damit die Nordwestbahn können wir nicht wegzaubern, aber seine Folgen mindestens abmildern. Hierfür werden wir GRÜNE weiter mit aller Kraft kämpfen. Unser Ziel bleibt ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr sowie eine verbindliche Obergrenze von Lärm und Flugbewegungen“, so der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Tarek Al-Wazir. „Damit die noch vorhandenen Möglichkeiten nicht erneut ungenutzt verstreichen, braucht es endlich eine Landesregierung, die auf der Seite des Lärmschutzes und damit auf der Seite der betroffenen Bürgerinnen und Bürger steht.“

Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth erläuterte anhand der gutachterlich beantworteten Fragen die durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes momentan gültigen Regeln, aber auch die jetzt schon vorhandenen Möglichkeiten für besseren Fluglärmschutz zu sorgen. Dabei sei die Forderung des Gerichts nach einem An- und Abschwellen des Fluglärms zu den Kernstunden der Nacht insoweit beachtlich, als es davon ausging, dies sei durch die Begrenzung der Zahl der Flugbewegungen auf 133 hinreichend gewährleistet. Wenn man aus den jetzt gemachten Erfahrungen wisse, dass dies nicht der Fall sei, sondern es eine Häufung von Flugbewegungen an den Rändern der Nachtflugverbotsstunden gäbe, wäre auch dies rechtlich von Belang.

Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses

DIE GRÜNEN setzen sich für eine bessere Kontrolle des bestehenden Nachtflugverbots zwischen 23 und 5 Uhr ein. „Derzeit wird noch zu oft zu Gunsten der Luftverkehrswirtschaft und zu Lasten der Anwohnerinnen und Anwohner entschieden. Hier werden wir genauer hinschauen. So ist Schneefall im Winter nicht zwingend ein völlig überraschendes Ereignis, das in jedem Fall Ausnahmegenehmigungen rechtfertigt“, so der für den Frankfurter Flughafen zuständige Abgeordnete Frank Kaufmann. Zudem fordern DIE GRÜNEN eine bessere Überwachung des derzeitigen Lärmschutzkonzeptes durch die Luftaufsicht.

Auflagen bei Erreichen der Grenzwerte

Bislang wenig beachtet, enthalte der Planfeststellungbeschluss Grenzwerte für die Lärmbelastung. Würden diese überschritten, sei die Planfeststellungsbehörde verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu erlassen. Das könnten dann auch Einschränkungen des Flugbetriebs sein. „Es gibt Anzeichen, dass der Lärm stärker ist, als bei der Planung gedacht. Durch genaue Messungen wollen wir für Klarheit sorgen, ob und wo die Grenzwerte erreicht sind oder bei Zunahme der Flugbewegungen erreicht werden.“

Neubewertung der gesundheitlichen Auswirkungen

Auch die in Erstellung befindliche NORAH-Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Verkehrslärm könnte zu einer neuen rechtlichen Situation führen. „Kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Lärmbelastungen durch den Flughafen in höherem Maße gesundheitsschädlich ist, als bislang angenommen, ist die Planfeststellungsbehörde verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu ergreifen.“

Selbstbeschränkung der Fraport

Jederzeit möglich seien Initiativen der Fraport, um von sich aus auf Obergrenzen für die Flugbewegungen und die Lärmbelastung und ein erweitertes Nachtflugverbot hinzuwirken. „Auch ein Wirtschaftsunternehmen trägt gesellschaftliche Verantwortung. Es kann nicht dauerhaft im Interesse der Fraport liegen, den Zorn und die Verzweiflung einer ganzen von Fluglärm geplagten Region auf sich zu ziehen. Eine Landesregierung mit GRÜNER Beteiligung würde darauf hinwirken, dass Fraport von sich aus eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses beantragt. Hierdurch würden am Ende einer neuen Abwägung weitreichende Lärmschutzmaßnahmen möglich.“ Zudem wollen DIE GRÜNEN erreichen, dass Fraport auf den Bau des Terminals 3 verzichtet. „Dies ist aufgrund der momentan sinkenden Zahl der Flugbewegungen schon aus wirtschaftlichen Gründen geboten. Fraport sollte aber auch, so wie es jetzt für den Berliner Flughafen diskutiert wird, die Nachtruhe der Menschen nicht länger verletzen und ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr akzeptieren“.

Änderung von Bundesgesetzen

Auch eine Änderung von Bundesgesetzen würde den Weg zur Reduzierung der Lärmbelastung ebnen und die Bemühungen um mehr Lärmschutz vor Ort unterstützen. „Im Fluglärmgesetz könnten neue, niedrigere Zumutbarkeitsgrenzen für Lärm festgelegt werden. Es ist üblich, dass die neuen Grenzwerte mit einer Übergangsfrist dann auch für Bestandsflughäfen gelten. Wichtig ist auch, dass durch Gesetzesänderungen die Festlegung von Flugrouten nicht länger ohne Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt und Lärmschutz eine der gesetzlich festgelegten Aufgaben der Deutschen Flugsicherung wird. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, und da kann sich keiner wegducken. Deshalb wird am 22. September nicht nur bei der Landtags-, sondern auch bei der Bundestagswahl über mehr Fluglärmschutz abgestimmt.“

Entscheidungen der Gerichte über noch anhängige Verfahren

DIE GRÜNEN erinnern daran, dass auch noch nicht alle Klagen gegen die Erweiterung des Frankfurter Flughafens entschieden seien. „Teilt beispielsweise das Bundesverfassungsgericht die Auffassung einiger Kläger, dass durch den Ausbau Grundrechte verletzt wurden, steht der gesamte Planfeststellungsbeschluss erneut zur Debatte. Auch die Stadt Flörsheim will vor dem Verwaltungsgerichtshof die praktischen Erfahrungen aus dem Betrieb der Nordwestbahn, zum Beispiel die Auswirkungen von Wirbelschleppen, vortragen.“

Aktiver Schallschutz

Wir brauchen eine Landesregierung, die nicht kritiklos die Argumente der Luftverkehrswirtschaft nachplappert, sondern den Druck auf Flughafenbetreiber, Flugsicherung und Fluggesellschaften aufbaut und aufrecht erhält, um durch Änderungen im Flugbetrieb und bei Flugrouten, durch noch stärkere und damit spürbare Belastung von lauten Flugzeugen bei den Entgelten und vieles andere mehr dafür sorgt, dass die Verlärmung der Rhein-Main-Region sich nicht lohnt.

„Alle diese Möglichkeiten zeigen, dass der Kampf für weniger Lärm und eine ungestörte Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr noch lange nicht verloren ist. Es kommt aber entscheidend darauf an, dass man den Kampf auch gewinnen will. Wer nicht kämpft, hat eben schon verloren. Und wer wie Schwarz-Gelb den Kampf sogar verlieren will, ist ein schlechter Anwalt der Menschen im Rhein-Main-Gebiet. Anderthalb Jahre nach Eröffnung der Nordwestbahn, angesichts von über 100.000 zusätzlich von Fluglärm betroffenen Menschen und der anhaltenden Proteste verzweifelter Anwohner ist klar: So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Wenn man sich gleichzeitig betrachtet, dass nach dem Ausbau die Zahl der Flugbewegungen sogar gesunken sei, dann wird völlig klar, dass wir ein Umdenken brauchen. Ein stärkerer Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm ist dringend nötig. Und genau dafür werden wir kämpfen“, so Tarek Al-Wazir.

Gutachten


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