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30.11.2016

Gründungsjubiläum des Bundeslandes Hessen: 70 Jahre Hessen sind 70 Jahre Einsatz für Freiheit, Vielfalt und Offenheit

70 Jahre Hessen, das bedeutet aus Sicht der GRÜNEN im Landtag 70 Jahre Einsatz für Freiheit, Vielfalt und Offenheit. „Die Verfassung des Bundeslandes prägt der Geist: nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus, nie wieder Auschwitz“, erinnerte Mathias Wagner, Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in der Sondersitzung des Hessischen Landtages zum Jubiläum. „Wenn wir uns daran erinnern, welche Herausforderungen Hessen in der Gründungszeit und in den 70 Jahren danach gemeistert hat, haben wir heute allen Grund zur Zuversicht. Das gibt uns die Kraft und den Mut, die Probleme unserer Zeit anzugehen und das freie, vielfältige und offene Hessen zu verteidigen.“

„Im vom Krieg zerstörten Hessen ist gelungen, hunderttausende Heimatvertriebene zu integrieren, später kamen Gastarbeiter und Spätaussiedler hinzu“, so Wagner weiter. „Schon viel früher bereicherten Migrantinnen und Migranten wie die Hugenotten aus Frankreich Hessen. Auch und gerade angesichts der in jüngster Zeit zu uns gekommenen Flüchtlinge gilt der Ausspruch des früheren Ministerpräsidenten  Georg August Zinn: ,Hesse ist, wer Hesse sein will‘. Wenn heute der Ministerpräsident den hugenottischen Namen Bouffier hat und sein Stellvertreter den jemenitischen Al-Wazir, dann zeigt das, dass gelungene Integration in Hessen die Regel ist.“

Wagner rief zentrale Errungenschaften, Debatten und Kontroversen in Hessen in Erinnerung: das Verfassungsziel der Gleichberechtigung von Mann und Frau, das von der Frauenbewegung mit Leben erfüllt wurde  und zum Gleichberechtigungsgesetz von 1993 führte; der andauernde Kampf für die Akzeptanz unterschiedlicher sexueller Orientierungen, die Überwindung des blinden Fortschritts- und Wachstumsglaubens und die Balance aus Wirtschaftsstärke und Kapitalismuskritik. „Zu Hessen gehören die von den Nazis 1933 ins Exil getriebenen Denker des Instituts für Sozialforschung und der Frankfurter Schule, die für die kritischen Bewegungen der Jahre um 1968 prägend waren, ebenso wie die Europäische Zentralbank, der Finanzplatz Frankfurt ebenso wie die, die ihn bei Blockupy-Demonstrationen kritisieren. Die Bemühungen um Chancen und Teilhabe für alle, um Solidarität und nach Bildungsgerechtigkeit sind aktueller denn je.“

„Gegen den Bau der Startbahn West des Frankfurter Flughafens protestierten über hunderttausend Menschen, obwohl der damalige Ministerpräsident Holger Börner ihnen mit der Dachlatte drohte. Die Atomfabriken in Hanau gibt es nicht mehr, und seit vergangener Woche ist Biblis A frei von Brennelementen. Die Grube Messel wurde zum UNESCO-Weltnaturerbe statt zur Müllkippe, und auch der Nationalpark Kellerwald steht auf der UNESCO-Liste. Die hessische Geschichte ist auch ein Teil der Geschichte der sozialen und ökologischen Bewegungen und damit der Geschichte der GRÜNEN, die mit Joschka Fischer in Hessen zum ersten Mal einen Landesminister stellten.“

„Hessen war oft ein Politiklabor, das eine Vorreiterrolle für ganz Deutschland einnahm. Hier gab es das weltweit erste Datenschutzgesetz, hier leistete Frankfurt mit dem Amt für Multikulturelle Angelegenheiten und mit dem ,Frankfurter Weg‘ in der Drogenpolitik Pionierarbeit. Erst in Kassel, dann auf Landesebene gab es hier die ersten rot-grünen Koalitionen. 2008 hätte es in Hessen beinahe die erste rot-grün-rote Regierung in einem Bundesland gegeben, und seit 2014 koalieren CDU und GRÜNE. Es wird nie langweilig im Hessenland: Die Hessinnen und Hessen sind eine muntere Truppe.“

Wagner erinnerte auch daran, dass Deutschland und Hessen nicht selbst vom Nazi-Terror befreit haben: „Es waren die Alliierten, die Hitler militärisch besiegten und den Prozess der Demokratisierung in Gang brachten. In Hessen sind wir daher den USA in Dankbarkeit verbunden, bei allen Meinungsverschiedenheiten gerade in aktuellen politischen Fragen. Aus der Hilfe, die Hessen beim Aufbau erhalten hat, sollte der Großmut erwachsen, heute andere Länder zu unterstützen. Beschämend ist vor dem Hintergrund unserer Vergangenheit, dass Rassismus und völkische Parolen wieder Einzug im politischen Diskurs halten, dass die rassistischen Mörder des NSU unentdeckt zehn Menschen töten konnten, darunter Halit Yozgat in Kassel, und dass jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger mit zunehmenden Antisemitismus konfrontiert sind. Umso mehr mahnt uns heute der Blick auf die Ursprünge und die Geschichte Hessens, die Errungenschaften der Demokratie, der freien, offenen und vielfältigen Gesellschaft unseres Bundeslandes zu verteidigen.“


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecher: Volker Schmidt
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Fon: 0611/350597; Fax: 0611/350601
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