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02.11.2011

Chaos im Kultusministerium offenbart das Scheitern schwarz-gelber Bildungspolitik

Das nicht enden wollende Chaos innerhalb der CDU/FDP-Koalition über die Amtsführung von Kultusministerin Henzler (FDP) offenbart aus Sicht der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das völlige Scheitern schwarz-gelber Bildungspolitik. Zwar habe man sich für einen neuen Staatssekretär entschieden, die konkreten Probleme an den Schulen schmorten weiterhin vor sich hin. So gebe es weiterhin Unklarheit bei der Lehrerausbildung, die Reform der Schulverwaltung sei auf unbestimmte Zeit verschoben worden und die Erstellung guter pädagogischer Konzepte spiele überhaupt keine Rolle mehr. Stattdessen hätten Bürokraten, Haushälter und Controller das Kommando übernommen. DIE GRÜNEN sehen jedoch pädagogische Gestaltung statt Verwaltung, wirkliche Reformen an den Schulen und Respekt vor dem Elternwillen als notwendig an.

„Die Installierung eines neuen Staatssekretärs allein macht eben noch keine neue Politik. Wenn der Kurs nicht stimmt, kann ihn auch niemand richtig umsetzen“, kommentiert der bildungspolitische Sprecher der GRÜNEN, Mathias Wagner. Trotz des als Befreiungsschlag gedachten Auswechselns des Staatssekretärs gehe die Demontage von Kultusministerin Henzler aus den eigenen Reihen munter weiter. „Am Wochenende muss Frau Henzler die Pläne zur Umstrukturierung der Bildungsverwaltung vorstellen, die sich der FDP-Fraktionsvize Greilich ausgedacht hat. Am Dienstag erklärt die CDU einmal mehr, dass das so nicht gehe und sie noch Gesprächsbedarf habe. Es bleibt also dabei: Das Wort von Kultusministerin Henzler gilt nichts, keiner kann sich darauf verlassen. Frau Henzler ist an der Regierung aber nicht mehr an der Macht. Das ist ein inakzeptabler und unwürdiger Zustand für Hessens Schulen.“

Fünf Oppositionsfraktionen gegenüber Kultusministerin Henzler

„In Bezug auf Kultusministerin Henzler gibt es im Landtag mittlerweile fünf Oppositionsfraktionen. Und es ist wirklich eine Herausforderung gegenüber Herrn Irmer von der CDU die Oppositionsführerschaft zu behalten“, betont Mathias Wagner. Allerdings gebe es innerhalb der fünf Oppositionsfraktionen Unterschiede: „SPD und GRÜNE wollen, dass sich bildungspolitisch tatsächlich etwas ändert. Die CDU leidet darunter, dass ihre Politik schlecht umgesetzt wird. Die FDP hält ihre Ministerin für ungeeignet, kann sich aber nicht auf einen Nachfolger verständigen. Und die LINKE will alles gleichzeitig und noch etwas mehr als die anderen Fraktionen.“

Weiter Unklarheit über Lehrerausbildung

Auch nach den täglich korrigierten Meldungen der Koalition zur Zukunft der Lehrerausbildung sei leider weiter vieles unklar. „Erst heißt es, durch die Kürzungen von 1000 Referendarstellen werden 32 Millionen Euro gespart. Jetzt sollen nach Angaben von Schwarz-Gelb 7,5 Millionen Euro reichen, um diese Kürzungen zurückzunehmen. Jeder Mathematiklehrer an unseren Schulen würde wohl angesichts dieser Rechenkünste die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.“ Die jetzt genannte Zahl von 1200 Referendaren pro Einstellungstermin und 4800 Referendaren insgesamt sei gegenüber den im laufenden Landeshaushalt 2011 vorgesehen 5350 Stellen eine Kürzung um 550 Stellen. „Auch hat Schwarz-Gelb noch nicht erklärt, ob die drastischen Kürzungen bei den Ausbilderinnen und Ausbildern zurück genommen werden. Zu wenig Ausbilder mit schlechten Arbeitsbedingungen wären unverantwortlich.“

Reform der Schulverwaltung – Henzler erneut gestoppt

Ähnlich chaotisch präsentiere sich die Koalition bei der Reform der Schulverwaltung. „Der von Frau Henzler am Wochenende vorgestellte und von FDP-Fraktionvize  Greilich erdachte Plan hielt gerade einmal zwei Tage. Dann wurde er erneut von der CDU mit Verweis auf Beratungsbedarf gestoppt. Woran sollen sich eigentlich Hessens Schulen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schulverwaltung halten, wenn aus der Koalition fast täglich etwas anderes erzählt wird?“

Staatssekretär Brockmann muss gehen – trotz angeblich guter Arbeit

Als Beleg für die Orientierungslosigkeit von Schwarz-Gelb werten DIE GRÜNEN die Aussagen zur Entlassung von Staatssekretär Brockmann. „Frau Henzler verkündet, sie sei mit seiner Arbeit vollauf zufrieden und er habe einen guten Job gemacht. Warum er dann gehen muss, bleibt bis heute ihr Geheimnis“. Der in den Medien berichtete Grund, Herr Brockmann sei zu liberal, sollte Kultusministerin Henzler und die FDP allerdings sorgenvoll stimmen. „Wenn in einem von der FDP geführten Ministerium ein Staatssekretär gehen muss, weil er zu liberal ist, zeigt das, wie abgewirtschaftet die FDP ist. Bildungspolitisch hat offensichtlich Herr Irmer und nicht Frau Henzler das Sagen.“

Staatssekretär Hirschler kommt als Aufpasser für Frau Henzler – trotz keinerlei Erfahrung in der Bildungspolitik

Auch der Nachfolger von Herrn Brockmann belege, dass es bei Schwarz-Gelb viel um Macht und Verwaltung aber wenig um Pädagogik und Gestaltung gehe. Herr Hirschler sei zwar in der Führung von Verwaltungen erfahren, habe aber keinerlei Erfahrung in der Bildungspolitik. „Es braucht nach der monatelangen Demontage von Frau Henzler aus den eigenen Reihen wenig Phantasie, wie die Auswahl des neuen Staatssekretärs gelaufen ist. Frau Henzler wurde von den FDP-Granden klar gemacht, dass sie zwar weiterhin die Ministerin spielen dürfe, aber künftig mit dem Staatssekretär einen Aufpasser an die Seite gestellt bekommt. Freund, Feind, Parteifreund – nennt man das wohl.“

Grundproblem 1: Verwaltung statt Gestaltung

Die Entscheidung für Herrn Hirschler als Staatssekretär unterstreiche ein Grundproblem schwarz-gelber Bildungspolitik. „Es geht unter Frau Henzler im Kultusministerium nicht mehr um die besten pädagogischen Konzepte. Vielmehr haben die Bürokraten, Haushälter und Controller das Kommando übernommen. Selbst das im Landtag breit getragene Projekt der selbständigen Schulen ist unter Frau Henzler zu einem Verwaltungsakt verkommen. Dabei müsste der Kern pädagogische Freiheit und nicht immer mehr Verwaltung für die Schulen sein.“

Grundproblem 2: Bildungspolitik mit dem Rotstift statt wirklicher Reformen

„Wir GRÜNE haben immer betont, dass es auch im Bildungsbereich keinen Grund gibt, auch nur einen Cent Steuergeld ineffizient auszugeben. Das Geld muss bestmöglich zur Förderung der Schülerinnen und Schüler verwendet werden.“ Wer aber wie Schwarz-Gelb Bildungspolitik zuerst mit dem Rotstift denke und glaube, im Kultusetat kürzen zu können, werde scheitern. Am Anfang der Überlegungen dürfe nicht eine zu erbringende Einsparsumme stehen, sondern es müsse um die Frage gehen, wie die Arbeit der Schulen besser unterstützt werden könne. Deshalb treten DIE GRÜNEN bei der Reform der Staatlichen Schulämter beispielsweise für eine weitgehende Kommunalisierung statt der von CDU/FDP geplanten Zentralisierung ein. „Das würde die Arbeit von kommunalen und staatlichen Schulämtern zusammenführen, und so die Arbeit der Schulen erleichtern.“ Selbst das Menschenrechtsthema ‚Inklusion‘ von Kindern mit  Behinderung in der Regelschule mache Schwarz-Gelb zu einem Sparprogramm wie der entsprechende Verordnungsentwurf aus dem Ministerium zeige.

Grundproblem 3: Ideologie statt Respekt vor dem Elternwillen

Mit dem starren Festhalten an einem strikt gegliederten Schulwesen ignoriere Schwarz-Gelb den Wunsch vieler Eltern nach Wahlfreiheit über das pädagogische Konzept in der Mittelstufe. „Während immer mehr Bundesländer auch unter CDU-Führung erkannt haben, dass man in der Bildungspolitik die eigene Ideologie nicht mit dem Gesetzblatt durchsetzen sollte, verharrt Schwarz-Gelb in Hessen in den Schützengräben des Schulkampfs vergangener Jahrzehnte. Die Ablehnung einer weiteren Integrierten Gesamtschule in Wiesbaden ist hierfür nur das jüngste Beispiel.“ Der richtige Weg sei vielmehr ein Zwei-Säulen-Schulmodell aus Gymnasien mit G8 auf der einen und einer weiteren leistungsfähigen Schulform mit längerem gemeinsamen Lernen und G9 auf der anderen Seite.


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Elke Cezanne

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