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26.10.2009

Auswirkungen von Schwarz-Gelb in Berlin auf Hessen - GRÜNE: Finanzdesaster, energiepolitische Rolle rückwärts, eklatanter Wortbruch und Notbesetzung als Arbeitsminister

Ein Desaster für die Finanzen des Landes und der Kommunen, eine energiepolitische Rolle rückwärts hin zum Weiterbetrieb des Schrottatomkraftwerks Biblis, die rechtliche Untermauerung des Wortbruchs beim Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen und eine Notbesetzung auf dem Amt des Arbeitsministers mit dem Koch-Kumpan Franz Josef Jung sieht der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Tarek Al-Wazir, in dem zwischen CDU und FDP auf Bundesebene geschlossenen Koalitionsvertrag.

„Dieser Vertrag enthält nichts Zukunftsträchtiges, sondern das Gegenteil.  Für die kommenden Generationen wird ein gigantischer Schuldenberg aufgehäuft und eine  wegweisende Energiepolitik fehlt genauso wie der Ausgleich zwischen auseinanderdriftenden Teilen der Gesellschaft. Hauptziel war es, die bereits im Wahlkampf völlig illusionären Ziele der FDP wenigstens ansatzweise zu erfüllen. Allerdings nach dem Motto: Nach uns die Sintflut“, kritisiert Tarek Al-Wazir, und weist auf die Verantwortung der Koch/Hahn-Regierung für genau diese Defizite hin. „Sie können jetzt nicht so tun, wie es Finanzminister Weimar in der vergangenen Woche versuchte, als hätten sie mit all dem nichts zu tun. Sie tragen die Verantwortung für die Konsequenzen, die jetzt auf Hessen zukommen, denn zu Beginn der Verhandlungen rühmten sich CDU und FDP noch der zahlreichen Beteiligung ihrer Minister an den Verhandlungen.“

Wenn die im Koalitionsvertrag angekündigten 24 Milliarden Steuerentlastungen ab 2011 wirklich kommen, dann fehlt dem Landeshaushalt im Jahr 2011 ungefähr eine Milliarde Euro an Einnahmen. Von dieser Milliarde hätten die Kommunen ungefähr 230 Millionen zu tragen. Hinzu kommt, dass die Kommunen zusätzlich auf ca. 360 Millionen Euro eigenen Steueranteil verzichten müssten. Ca. 800 Millionen weniger im Landeshaushalt, ca. 600 Millionen weniger für die Kommunen bedeuten hemmungslose Neuverschuldung und trotzdem Verzicht auf dringende Aufgaben der Daseinsvorsorge des Landes und der Kommunen. Die Landesregierung plant jetzt schon, also nach bestehendem Steuerrecht, für das Jahr 2010 eine nie da gewesene Nettoneuverschuldung von 3,375 Milliarden ein. Im Finanzplan sind für 2011 eine zusätzliche Verschuldung von 3,1 Milliarden und eine zusätzliche globale Minderausgabe von 100 Millionen vorgesehen. Wenn da noch einmal 800 Millionen Euro an Steuereinnahmen fehlen würden, dann würde die Neuverschuldung bei 4 Milliarden Euro liegen. „Das ist eine Summe, die unmöglich durch Sparanstrengungen erwirtschaftet werden kann. Selbst wenn das Land 2011 Lehrerinnen, Lehrer und Polizeibeamte, also die beiden größten Einzelposten, das ganze Jahr lang nicht bezahlen würde, wäre der Haushalt noch nicht ausgeglichen und Hessen würde trotzdem Schulden machen. Für verbeamtete und angestellte Lehrkräfte gibt das Land jährlich ca. 2,7 Milliarden Euro aus, für Polizeibeamte ca. 700 Millionen Euro. Für die Umsetzung der FDP-Ideologie vom Steuersenken trotz Rekordschulden werden also einerseits die Bürgerinnen und Bürger vor Ort bezahlen müssen, das kann von der Streichung sozialer Leistungen bis hin zu Gebührenerhöhungen reichen, andererseits werden trotzdem Rekordschulden gemacht, die zu Lasten der Zukunft gehen. Das kann man nur noch als wahnsinnig bezeichnen.“

„Ministerpräsident Koch hat alles daran gesetzt, dass die Schrottreaktoren in Biblis weiterlaufen können. Trotz aller Sicherheitsprobleme der vergangenen Jahre sollen die ältesten Atomkraftwerke Deutschlands RWE weiterhin satte Gewinne von bis zu 2,5 Millionen Euro täglich einfahren. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass durch das im Koalitionsvertrag nicht vorhandene Energiekonzept der Umbau der Energieversorgung hin zu den erneuerbaren Energien ins Stocken gerät, weil Investoren Klarheit haben wollen, bevor sie ihr Geld investieren. Das bedeutet aber auch, dass in Hessen, einem der Länder mit dem größten Nachholbedarf, noch weniger als bisher in erneuerbare Energien investiert werden wird und Hessen im Ländervergleich noch weiter zurückfallen wird. Es ist eine Mär, immer wieder zu behaupten, die Atomenergie sei eine Brückentechnologie. Wir haben jetzt schon Stromüberkapazitäten, und die Energieriesen werden bei einem Weiterlaufen der Atomkraftwerke nicht in erneuerbare Energien investieren, um sich damit selbst keine  Konkurrenz zu bereiten.“

„Kochsche Rabulistik“ sehen DIE GRÜNEN einmal mehr bei dessen Äußerungen zur geplanten rechtlichen Aushebelung des Nachtflugverbots am Frankfurter Flughafen. „Es ist bewusst irreführend, wenn Roland Koch behauptet, diese Gesetzesänderung sei ‚keine Lex Frankfurt‘. Natürlich betrifft das Luftverkehrsgesetz nicht nur Frankfurt, aber die beiden einzigen relevanten Interkontinentalflughäfen und damit die einzigen, bei denen der sogenannte Nachtsprung eine Rolle spielt, sind Frankfurt und München. Und nur in Frankfurt gibt es momentan den Versuch, ein Nachtflugverbot einzuführen. Und wahrscheinlich wird Roland Koch dann auch noch Krokodilstränen weinen, wenn nach der Gesetzesänderung auf Bundesebene, die sein Kabinettsmitglied Posch selbst ausgehandelt hat, rechtlich in Frankfurt kein Nachtflugverbot mehr möglich sein wird. Ein solcher selbst initiierter Wortbruch sucht seinesgleichen. Kochs Stellvertreter Hahn war wenigstens noch ehrlich, als er sich über die Ermöglichung seines Wortbruchs der besonderen Güte in der vergangenen Woche freute. Die Bürgerinnen und Bürger des Rhein-Main-Gebiets sollen in einer beispiellosen Art und Weise hintergangen werden. Zu den immensen zusätzlichen Belastungen am Tag sollen sie jetzt auch noch den Lärm in der Nacht ertragen müssen.“

„Und zur Krönung Franz Josef Jung als neuer Arbeitsminister. Für den gescheiterten Verteidigungsminister musste auf Biegen und Brechen ein Amt in der Bundesregierung gefunden werden, damit der Koch-Getreue in Berlin weiterhin einen Platz am Kabinettstisch hat. Von der Sache hat er zwar keine Ahnung, aber das hatte er in der Verteidigungspolitik ja auch nicht. Wohin das führte, ist bekannt. Mitten in der größten Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg einen Ahnungslosen zum Arbeitsminister zu machen, ist schon ein besonders trauriges Kapitel. Wir hoffen darauf, dass der Apparat des Ministeriums so gut funktioniert, dass die notwendigen Aufgaben, und davon gibt es eine ganze Menge, angegangen werden“, so Al-Wazir.


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
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