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22.06.2010

Regierungserklärung des Justizministers Strukturentscheidungen in der hessischen Justiz – effektiven Rechtsschutz gewährleisten – Verantwortung wahrnehmen“

Einsparungen in der Justiz – GRÜNE: Noch viele Fragen offen

„Verglichen mit den Gerüchten, die in den vergangenen Monaten über die voraussichtlichen Vorschläge des Justizministers verbreitet wurden, nimmt sich das Ergebnis der beabsichtigten Gerichtsschließungen vergleichsweise bescheiden aus“, stellt der rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Andreas Jürgens, in der heutigen Plenardebatte zu den geplanten Einsparungen des Justizministers fest.

Im Ergebnis bleibe die Zahl der Verwaltungsgerichte in Hessen unverändert. Unangetastet blieben die Landgerichte, die Staatsanwaltschaften, die Amtsanwaltschaft in Frankfurt, die Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit sowie die Justizvollzugsanstalten. Bei den Arbeitsgerichten würden im Ergebnis genau die Vorschläge des Rechnungshofs aus dem Jahre 2005 übernommen. Es stelle sich die Frage, ob dies alles so sinnvoll, wirksam und Effizienz steigernd sei wie es der Justizminister behaupte. Dann bleibe aber die Frage, warum es nicht längst umgesetzt wurde. „Von Kolleginnen und Kollegen aus der Arbeitsgerichtsbarkeit wissen wir, dass mit ihnen durchaus Gespräche geführt wurden und die jetzt präsentierten Pläne mit ihnen auch abgestimmt waren. Ihre Zustimmung wurde übrigens im Wesentlichen erkauft mit dem Versprechen, dass kein Personal abgebaut werden solle. Aber immerhin wurde mit der Richterschaft gesprochen, während alle anderen Beteiligten offenbar außen vor waren, trotz gegenteiliger Ankündigung der Landesregierung.“

„Bei den Amtsgerichten, die jetzt geschlossen werden sollen, ist die Situation ein bisschen anders. Hier gab es bereits eine Schließungsaktion in 2004, bei der kleinere Amtsgerichte geschlossen oder zu Zweigstellen einer größeren Einheit herabgestuft wurden. Die Kriterien, nach denen heute die geschlossen werden sollen, die damals noch als erhaltenswert angesehen wurde, sind uns nicht klar“, so Andreas Jürgens. DIE GRÜNEN hatten auch schon bei der letzten Schließungsrunde von Amtsgerichten nicht pauschal alle Veränderungen abgelehnt, sondern gezielt diejenigen bekämpft, die sie aus sachlichen Gründen für nicht gerechtfertigt gehalten haben. „Selbstverständlich müssen wir uns immer wieder vergewissern, welche Standorte die richtigen sind, und selbstverständlich kann auch die Zusammenlegung von Gerichten sinnvoll sein, wenn dadurch effektiver arbeitende Einheiten entstehen. Der Rechnungshof hat dargestellt, dass mittlere Gerichte mit 10 bis 25 Richterplanstellen am effektivsten arbeiten würden. Selbstverständlich werden durch etwas größere Einheiten Effizienzgewinne in den Arbeitsabläufen erzielt. Selbstverständlich werden auch Kosten zumindest für Unterhaltung und Betrieb der Gebäude erspart, wenn Standorte aufgegeben werden, und Kosten für IT-Anschlüsse. Aber die entscheidende Frage ist: Wiegen die Effizienzgewinne so stark, dass andere Gesichtspunkte, die negativ ins Gewicht fallen, dahinter zurücktreten müssen? Und in unserem Falle besonders: Machen sich diese Effizienzgewinne auch finanziell bemerkbar?“

„Bürgernähe der Justiz ist unabdingbar für einen demokratischen Rechtsstaat. Eine Reduzierung von zwölf auf sieben Arbeitsgerichte ist noch nicht zwingend ein Verstoß gegen die Erreichbarkeit der Gerichte. Wir kommen in Hessen seit alters her mit sieben Sozialgerichten aus. Wenn künftig die Anzahl der Arbeitsgerichte dem der Sozialgerichte entsprechen soll, ist das sicher nicht per se ein Verstoß gegen die Bürgernähe. Aber es muss im Einzelfall genau hingeschaut werden, ob die entstehenden Wege zum Gericht nicht den Weg zur Gerechtigkeit behindern. Überhaupt fällt auf, dass bei den Arbeitsgerichten eine deutliche Verlagerung nach Süden stattfinden soll. Kassel wäre danach das einzige Arbeitsgericht nördlich von einer gedachten Linie Gießen/Fulda. Da müssen wir schon genau hinschauen, ob das noch hinreichend bürgernah sein kann.“

„Wir GRÜNE wollen wissen, was für den Haushalt herauskommt, wenn die Präsenz der Justiz in der Fläche reduziert werden soll. Wir fragen uns auch, wie die 23,6 Millionen Einsparungen für den nächsten Haushalt zustande kommen sollen. Insgesamt waren die Angaben des Justizministers dazu doch sehr vage und die Regierungserklärung wirft mindestens so viele Fragen auf, wie sie beantwortet hat. Ob dieses Konzept der Verantwortung für eine funktionsfähige Justiz in Hessen wirklich wahrzunehmen, nachkommt, muss sich erst noch zeigen“, so Andreas Jürgens.