Inhalt

17.06.2015

Regierungserklärung des Hessischen Ministers für Soziales und Integration "Bund, Land und Kommunen in gemeinsamer Verantwortung für die Flüchtlingspolitik"

Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen: Bund, Länder und Kommunen müssen an einem Strang ziehen

Menschenrechte und gelebte Humanität stehen im Mittelpunkt der hessischen Asyl- und Flüchtlingspolitik. „Hessen steht für eine Willkommens- und Anerkennungskultur. Ausdruck dieser Kultur sind die Bemühungen, für Flüchtlinge und Asylsuchende eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung sicherzustellen. Wir danken daher insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern, die in den letzten Jahren eine große Solidarität und Menschlichkeit bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen gezeigt haben“, so Mürvet Öztürk, flüchtlingspolitische Sprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, anlässlich der Regierungserklärung im Landtag und dem Weltflüchtlingstag vom 20. Juni. „Unser Dank gilt insbesondere allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Nachbarschaftliche und ehrenamtliche Hilfe sind gleichermaßen unverzichtbar und unbezahlbar.“

DIE GRÜNEN unterstützen die Landesregierung bei ihren vielfältigen Initiativen zur Verbesserung der Situation von Flüchtlingen und Asylsuchenden. Beispielsweise seien die Einrichtung neuer Erstaufnahmestellen, das Sprachprogramm InteA (Integration und Abschluss) für Jugendliche ab 16 Jahren, die Erhöhung der Pauschalen für die Landkreise und kreisfreien Städte zum 1. Januar 2015 um mehr als 15 Prozent sowie der aktive Dialog mit den Landkreisen und kreisfreien Städten – auch über die Angemessenheit der Pauschalen – und mit weiteren Akteuren genannt.

Die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Deutschland ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen. Dazu Öztürk: „Es ist richtig und wichtig, dass sich der Bund ab 2016 strukturell und dauerhaft an den Kosten beteiligt. Eine Klärung, wie die konkrete Beteiligung an den Kosten aussehen kann, muss bald erfolgen, damit die notwendige Versorgung der Flüchtlinge vor Ort gewährleistet werden kann.“ Ab dem 1. Juli 2015 tritt die EU-Aufnahmerichtlinie in Kraft, die eine gezielte Versorgung von besonders schutzbedürftigen Personen vorsieht. Um dies bundesweit sicherstellen zu können, muss der Bund die Aufgaben für die Gesundheitsversorgung, die Wohn- und Unterbringungsmöglichkeiten sowie die Sprach- und Integrationsangebote übernehmen und sicherstellen. Insbesondere auch für Fragen des Arbeitsmarktzugangs braucht es tragfähige gemeinsame Konzepte und ein größeres Engagement der Bundesebene. Ein nationales Konzept zum Spracherwerb und für Integrationsmaßnahmen sowie für bessere Zugangsvoraussetzungen zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt sind notwendig.

„Asylsuchende sollen am gesellschaftlichen Leben in Deutschland teilhaben und sich integrieren können sowie möglichst frühzeitig in die Lage versetzt werden, ihr Leben so weit wie möglich eigenverantwortlich zu gestalten. Dazu kann auch der Erwerb einer Fahrerlaubnis gehören. Wir nehmen daher das Urteil des VGH Kassel vom 9. Juni 2015 mit Interesse zur Kenntnis und bitten die Landesregierung, die Entscheidung entsprechend zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen.“

„Im Geiste europäischer Solidarität sprechen wir uns für eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen zwischen den EU-Mitgliedstaaten aus, die soziale, sprachliche oder familiäre Bezugspunkte berücksichtigen sollte. Wir appellieren an alle EU-Mitgliedstaaten, sich zu verpflichten, diejenigen EU-Länder wirksam zu unterstützen, die besonders viele Flüchtlinge aufnehmen. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass auch vor diesem Hintergrund die sogenannte Dublin-III-Verordnung überprüft wird. Die schwierige Situation in Ländern wie Griechenland, Italien und Malta dürfen wir nicht außer Acht lassen, sondern müssen diese Länder entlasten.“

Laut den Vereinten Nationen sind weltweit ca. 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Die Hälfte davon sind Kinder. Das sind mehr Menschen als nach dem zweiten Weltkrieg. Bis zu 80 Prozent der Geflüchteten bleiben in ihrer Heimatregion. So ist ein Großteil der syrischen Flüchtlinge in den Nachbarländern Irak, Jordanien, Libanon und der Türkei untergekommen. Ein Großteil der Flüchtlinge in Afrika hat im Lager des UNHCR in Kenia Schutz gefunden. Alle zivilen und präventiven Maßnahmen der Befriedung von Konflikten oder gar Vermeidung von Kriegen haben bis heute keine sichtbaren Erfolge erzielt. Wir stehen als Europäische Union daher vor einem großen Glaubwürdigkeitsverlust. Sowohl Europa als auch Deutschland kann mehr leisten, als es bisher der Fall war. „Eine Konzentration auf die Abwehr von Flüchtlingen ist kurzsichtig und wird nichts bringen – außer Ressourcenverschwendung und weiterer Todesopfer. Wir brauchen mehr legale Aufnahme-Programme für Flüchtlinge. Denn nur durch Kontingent-Lösungen oder Resettlement-Programme kann eine geordnete und regulierte Aufnahme von Flüchtlingen erfolgen, Schleppern das Handwerk gelegt und Menschenleben gerettet werden.“