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17.06.2009

Chancen- und Teilhabegerechtigkeit

CDU/FDP-Koalition und gerechte Sozialpolitik – GRÜNE: Fehlanzeige

„Im Koalitionsvertrag von CDU und FDP spielt die Sozialpolitik praktisch keine Rolle. Hessen ist das einzige Land, in dem kein Ministerium die Zuständigkeit für das ‚Soziale‘ im Namen führt. Der Minister wollte eigentlich etwas ganz anderes machen. Seine Lustlosigkeit im derzeitigen Job ist ihm täglich anzumerken. Der sozialpolitische Sprecher der FDP erklärt im letzten Plenum, an einer gerechten Gesellschaft habe er kein Interesse. Und dann legen CDU und FDP uns noch einen Antrag mit Sprechblasen und Worthülsen vor. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Regierungsfraktionen Sozialpolitik weder können noch wollen, wird er mit diesem Antrag geliefert“ erklärt in der heutigen Plenardebatte der Sozialpolitiker von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Andreas Jürgens.

„Die Politik dieser Regierung ist unsozial. Mit der Operation Düstere Zukunft im Jahr 2005 wurde die soziale Infrastruktur in Hessen erheblich beschädigt. Frauenhäuser mussten zumachen, Schuldnerberatung, Hilfe für straffällige Jugendliche, Familienberatung und vieles mehr wurden rasiert. Das hat die CDU allein verbrochen. Aber die Hereinnahme der FDP in die Koalition hat hieran nichts geändert.“

„Der Sozialstaat ist nicht nur Ausfallbürge für diejenigen, die in Notlagen geraten sind. Er muss für angemessene Betreuungs- und Erziehungsmöglichkeiten für alle Kinder sorgen, nicht nur für solche aus armen Familien. Wir müssen allen Jugendlichen Hilfe anbieten, auch wenn sie nicht in Not sind, sondern alterstypische Probleme zu bewältigen haben. Es gibt Menschen mit Behinderung, die in allen Lebenslagen und eben nicht nur in Notlagen auf Assistenz und Unterstützung angewiesen sind. Die Bekämpfung von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, des Alters, einer Behinderung, der sexuellen Identität usw. ist eine fortwährende Aufgabe des Sozialstaates, eben nicht nur in Notlagen oder Notzeiten. Und die Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen, die Schwierigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben, dient nicht nur zur Vermeidung von Armut und Notlagen. Die Menschen brauchen diese Hilfe für ihr Selbstwertgefühl und die Gewissheit, von dieser Gesellschaft nicht ins Abseits gestellt zu werden.“

„In einer offenen und freiheitlichen Gesellschaft muss die Botschaft für alle Menschen lauten: es gibt einen Platz für Dich im Leben. Sozialpolitik muss dafür sorgen, dass dies kein leeres Versprechen bleibt. Sie kann dem einzelnen dabei helfen, diesen Platz zu suchen und zu finden, einnehmen und ausfüllen muss ihn jedes Mitglied der Gesellschaft letztlich aber selbst. Das verstehen wir unter Selbstbestimmung, unter gleichberechtigter Teilhabe, unter Gerechtigkeit. Wir wollen nicht den paternalistischen Versorgungsstaat. Jede noch so gut gemeinte Fürsorge ist tendenziell auch freiheitsbedrohend, das muss uns immer klar sein, wie jede Medizin Nebenwirkungen hat und bei Überdosierung giftig wirkt. Wer wüsste das besser, als Menschen mit Behinderung. Wir begegnen im Laufe unseres Lebens einer ganzen Reihe von Berufsgruppen, die – selbstverständlich alle im besten Glauben – meinen, besser als wir selbst zu wissen, wie und wo wir unser Leben führen sollen. Notwendige Hilfe kann schnell auch entmündigend wirken. Das Fordern und Fördern kann schnell aus dem Gleichgewicht geraten, kann umschlagen in Gängelung und Überwachung. Und dennoch kann das kein Grund sein, die notwendige Hilfe zu verweigern. Sie muss aber so erbracht werden, dass sie Selbstbestimmung fördert und nicht behindert. Das ist eine fortwährende Aufgabe.“

„CDU und FDP haben eine eingeschränkte Sichtweise von Gerechtigkeit. Ihnen geht es nur um Chancengerechtigkeit und Teilhabegerechtigkeit. Aber ob eine Gesellschaft ihren Mitgliedern Gerechtigkeit bietet, entscheidet sich nicht nur beim Start ins Leben, bei der Frage gerechter Chancen. Sie entscheidet sich daran, ob alle Menschen an Bildung, Arbeit, Gesundheit, Einkommen, politischer Gestaltung und dem Leben der Gemeinschaft teilhaben können. Gemessen daran ist  neoliberale Politik ungerecht“, erklärt der Abgeordnete.

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