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20.12.2021

Untersuchungsausschuss 20/1 (Dr. Walter Lübcke)

Die Einrichtung des Untersuchungsausschusses 20/1 zum Mord an Dr. Walter Lübcke wurde im Sommer 2020 mit den Stimmen aller im Hessischen Landtag vertretenen Fraktionen beschlossen. Von Beginn an ist das fraktionsübergreifende Aufklärungsinteresse deutlich geworden und die Abgeordneten sind um eine an der Sachaufklärung orientierte gute Zusammenarbeit bemüht.

So konnte sich der Ausschuss – anders als im NSU-Untersuchungsausschuss – bereits im letzten Jahr einvernehmlich auf einen Ablaufplan verständigen, in welchem sämtliche Aspekte und Details des komplexen Untersuchungsauftrags abgedeckt werden konnten. Auch waren die Mitglieder des Ausschusses im Interesse der Sachaufklärung bislang um eine konsensuale Zusammenarbeit bemüht, die sich insbesondere auch darin verdeutlicht, dass keiner der von den demokratischen Fraktionen eingebrachten Beweisanträge abgelehnt wurde. Als ein weiteres Zeichen der vertrauensvollen Zusammenarbeit kann die einstimmige Wahl des Obmanns der Linken als stellvertretenden Vorsitzenden gelten.

Am 01.12.2021 veröffentlichte die Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) unter der Überschrift „Eklat im Lübcke-Ausschuss“ einen Artikel, der sich mit der Beschlussfassung des Untersuchungsausschusses in einer geheimen Sitzung befasste. Hierzu ist anzumerken, dass die Sitzung des Untersuchungsausschusses 20/1 zum Mord an Walter Lübcke am 25.11.2021 als geheime Sitzung stattfand. Geheime Sitzungen können dann notwendig sein, wenn sich die Abgeordneten über den Inhalt von Dokumenten austauschen, die zwar für die Abgeordneten einsehbar, aber nicht für eine öffentliche Beratung geeignet und deshalb als „geheim“ eingestuft sind. Aus geheimen Sitzungen darf nach den Regeln, die alle Fraktionen gemeinsam beschlossen haben, nicht berichtet werden. Daran halten wir uns. Wenn dies andere Fraktionen nicht tun, ist das ein schwerer Verstoß gegen diese Regeln. Wie der Ausschussvorsitzende Christian Heinz (CDU) der HNA mitteilte, wurde „auf Antrag eines Zeugen/einer Zeugin nach intensiver Beratung mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen, die Befragung nicht öffentlich vorzunehmen. (…)“

Ganz allgemein und unabhängig von der besagten Sitzung gilt bei der Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss: Wenn eine Zeugin oder ein Zeuge in nicht-öffentlicher Sitzung vernommen wird, können die aus der Befragung gewonnenen Erkenntnisse trotzdem öffentlich verwertet werden. Darauf hat sich der Ausschuss einvernehmlich verständigt und dieses Verfahren in der Vergangenheit bereits angewandt. In Untersuchungsausschüssen kann sich die Frage stellen, ob für eine Person durch ihre öffentliche Aussage eine Gefährdung entsteht. Bei der Beurteilung der Frage, in welcher Form eine Zeugin oder ein Zeuge bei einer Gefährdungslage vom Untersuchungsausschuss vernommen werden kann, muss der Schutz der Zeugin oder des Zeugen entscheidungsleitend sein.

Bisher herrschte zwischen allen Fraktionen Einigkeit darüber, dass bei Vorliegen einer Gefährdung die Person nicht öffentlich befragt wird. Im Untersuchungsausschussgesetz heißt es hierzu: „Der Untersuchungsausschuss schließt die Öffentlichkeit aus, wenn 1. Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich von Zeuginnen, Zeugen oder Dritten zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung überwiegende schutzwürdige Interessen verletzen würde, 2. eine Gefährdung des Lebens, des Leibes oder der Freiheit einer Zeugin oder eines Zeugen oder einer anderen Person zu besorgen ist […]“. Wenn die Opposition diesen Grundkonsens verlässt und einem solchen Antrag nicht zustimmt, kann es dazu kommen, dass der Beschluss nicht wie sonst üblich einstimmig erfolgt. Dann kann die Situation eintreten, dass aufgrund des Verhaltens der Opposition die erforderliche 2/3-Mehrheit mit den Stimmen der AfD zusammenkommt. Eine solche Situation ist nicht akzeptabel und sollte verhindert werden.

Daher haben wir GRÜNE ein Gespräch mit allen Fraktionen – außer der AfD – über die weitere Arbeit im Ausschuss geführt. Wir sind uns darüber einig, dass es in Bezug auf die Rolle der AfD zwischen den demokratischen Fraktionen keine unterschiedliche Meinung geben kann und eine Situation, in der die Stimmen der AfD maßgeblich zu einer Entscheidung führen, nicht mehr entstehen darf. Hierzu hat auch die Frankfurter Rundschau berichtet: https://gruenlink.de/2dam.

Wir freuen uns, in den anstehenden Sitzungen zu einer sachorientierten Arbeit im Untersuchungsausschuss zurückzukehren.


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