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03.06.2024

Landesregierung stoppt Ausweisung von Naturschutzgebieten im Staatswald

Umweltbilanz des neuen Ministers verheerend

Als Umweltminister Ingmar Jung Ende April seine ersten 100 Tage im Amt bilanzierte, verkündete er stolz „Wir haben eine Bürokratieebene im Naturwaldschutz abgeschafft“. De facto bedeutet das eine Abkehr vom Naturschutz im Wald. Denn der Minister bekräftigt damit den Verzicht auf weitere Naturschutzgebiete im Staatswald. Wir GRÜNE hatten mit Priska Hinz als Umweltministerin begonnen, die großen Naturwälder als Naturschutzgebiete auszuweisen. Der Grund dafür ist, dass nur ein solcher rechtliche Status die Naturwälder dauerhaft schützt. Der neue Minister hat nun alle Naturschutzgebietsausweisungen, die sich noch im Verfahren befinden, gestoppt – ganz nach seinem Motto „Naturschutz = lästige Bürokratie“. Vor allem im hessischen Staatswald scheinen ihm verbindliche und extern überprüfbare Umweltanforderungen ein Dorn im Auge (s.u. zur FSC-Zertifizierung). Vorbildfunktion des Landes war gestern, ebenso die doppelte Krise aus Artensterben und Erderhitzung. 

Was sind Naturwälder?

Derzeit gibt es in Hessen viel Naturwald: Sogenannte Naturwaldentwicklungsflächen machen 10,3% des Staatswalds aus und erstrecken sich über 32.776 Hektar. Hier kann sich die Natur frei entfalten, ohne forstliche Bewirtschaftung, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, als Sauerstoffproduzent, CO2-Speicher und Erholungsort für uns Menschen. Unter GRÜNER Regierungsbeteiligung hatte Hessen sich auf den Weg gemacht, die besonders wertvollen Naturwälder mit einer Größe von mehr als 100 Hektar als Naturschutzgebiete auszuweisen Von den 34 Naturwaldentwicklungsflächen dieser Größenordnung konnten bis zum Ende der schwarz-grünen Landesregierung 21 in Naturschutzgebiete verwandelt werden. Die Ausweisung weiterer Flächen wurde von den zuständigen Regierungspräsidien zum Teil bereits umfassend vorbereitet und nahezu abgeschlossen.

Was macht die Landesregierung?

Dennoch stoppte der neue Umweltminister den Prozess unmittelbar nach Amtsantritt. Die Begründung: Er will prüfen lassen, ob für den Schutz der Flächen „die weitere Bürokratieebene der Naturschutzgebiete notwendig ist“. Fachlich ist seine Argumentation Unsinn. In einem Naturschutzgebiet wird der Wald sich selbst überlassen – ein „Bürokratiemonster“ wächst im Schatten alter Bäume sicher nicht heran. Und nur der Status als Naturschutzgebiet kann einen Wald rechtskräftig schützen, insbesondere, wenn er durch Planungsvorhaben wie einen Straßenbau gefährdet wird. Eine Naturwaldentwicklungsfläche ist dahingegen im Wesentlichen eine freiwillige Selbstverpflichtung des Landes. Schwer vorstellbar, dass Jung diesen Unterschied trotz seiner Juristenausbildung und der geballten Expertise, die ihm im Umweltministerium zur Verfügung steht, nicht kennt.

Im Ausschuss für Landwirtschaft und Umwelt des Hessischen Landtags im März erklärte der Minister, die Ausweisung der Naturschutzgebiete würde einem „ergebnisoffenen Prüfungsprozess“ unterzogen. Nach den Aussagen in seiner 100-Tage-Bilanz fragen wir uns nun aber: Ist der Prüfungsprozess etwa schon abgeschlossen? Und wie „ergebnisoffen“ kann er gewesen sein, wenn die Entscheidung binnen weniger Wochen feststeht? Wir hoffen, dass die Antwort auf unsere Kleine Anfrage bald mehr Klarheit bringt.

GRÜNE kämpfen weiter für Zukunft des Waldes

Angesichts des Zustands unserer Wälder, der fortschreitenden Klimakrise und dem gravierenden Artensterben braucht es mehr, nicht weniger Naturschutz. Wir erwarten von Ingmar Jung konstruktive Vorschläge dazu, wie Hessen die verbindlichen Naturschutzziele auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene erreichen kann. Auf jeden Fall wird sich die GRÜNE Landtagsfraktion weiterhin für die Naturwälder im Staatswald engagieren. Dabei setzen wir auf die Zusammenarbeit mit den Aktiven in den Kreisverbänden, denn von dem Ausweisungsstopp der geplanten Naturschutzgebiete sind Wälder in ganz Hessen betroffen. 

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