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14.04.2011
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich : Aktive Bürgerbeteiligung stärken – freiwilligen Polizeidienst fortsetzen

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Debatte erinnert einen ein bisschen an das Stück „Dinner for One“: The same procedure as last year.

Mit Ihren Anträgen ist es genauso: Man sieht, dass Ihnen bei der inneren Sicherheit und bei der Polizei nichts anderes einfällt, als im Plenum des Hessischen Landtags jedes Jahr den gleichen Antrag zu stellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss wirklich sagen, das geht einem mittlerweile ziemlich auf die Nerven. Es wäre wirklich interessant, über neue Entwicklungen bei der Polizei zu diskutieren, und es wäre wirklich interessant, die Frage zu stellen, was man bei der hessischen Polizei anders und besser machen könnte. Es wäre interessant, darüber zu reden, welche Vorschläge wir vom Innenminister in Sachen Führungskultur bekommen.

Aber das, was Sie hier machen, ist, dass Sie eine Diskussion über den freiwilligen Polizeidienst führen, wobei Sie ganz genau wissen, welche Positionen die einzelnen Fraktionen in diesem Haus dazu einnehmen. Das, was Sie hier veranstalten, ist wirklich wie eine Szene aus „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Die Argumente, die Sie hier vortragen,

(Zuruf des Ministers Boris Rhein)

werden auch nicht besser dadurch, dass Sie sie permanent wiederholen.

(Zuruf des Ministers Boris Rhein)

– Sie werden nicht besser, nur weil Sie sie wiederholen. – Wir sollten uns wirklich überlegen, ob wir uns bei dem engen Programm, das wir im Hessischen Landtag haben, was Anträge, Gesetzentwürfe und anderes angeht, wirklich so etwas zumuten müssen: dass wir jedes Jahr die gleichen Anträge mit denselben Textbausteinen in das Verfahren bringen. Ich glaube, wir sollten die politischen Debatten im Hessischen Landtag ernster nehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit es noch einmal im Protokoll der Plenarsitzungen des Hessischen Landtags nachzulesen ist, sage ich für meine Fraktion: Wir lehnen den freiwilligen Polizeidienst nach wie vor ab. Wir sind auch der Auffassung, dass der freiwillige Polizeidienst im Gegensatz zu dem, was Sie immer wieder behaupten, kein Erfolgsmodell ist.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Die Frage ist nämlich, woran und wie Sie diesen Erfolg messen. Haben Sie empirische Belege für diesen Erfolg? Herr Kollege Bauer hat die Diskussion mit Aussagen nach dem Motto angefangen: Sehen Sie sich die Kriminalstatistik an, daran erkennen Sie, dass der freiwillige Polizeidienst erfolgreich ist. – Herr Kollege Bauern, wenn Sie ein solches Argument in die Diskussion einführen, bitte ich Sie darum, Ihre Aussage, dass die Kriminalität aufgrund der Einführung des freiwilligen Polizeidienstes rückläufig sei, empirisch zu belegen. Meine Damen und Herren, es ist einfach Unsinn, was Sie hier erzählen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir meinen nach wie vor – das ist auch wieder für das Protokoll –, dass da, wo Polizei draufsteht, auch Polizei drin sein soll. Die Polizei ist eine staatliche Aufgabe. Die Arbeit, die Polizistinnen und Polizisten machen, ist gefährlich genug. Daher sollten wir wirklich Profis und keine Amateure losschicken. Deswegen sage ich Nein zum freiwilligen Polizeidienst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir haben lange darüber diskutiert und dann eine wichtige strukturelle Entscheidung im Lande Hessen getroffen und gesagt: Wir wollen gut ausgebildete und gut bezahlte Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte haben. – Wir haben die zweigeteilte Laufbahn eingeführt, mit all den Problemen bei der Umsetzung, was die Nachschlüsselung usw. angeht.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Es ergibt doch keinen Sinn, auf der einen Seite zu sagen: „Wir wollen gut bezahlte und gut ausgebildete Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte auf der Straße haben“, und auf der anderen Seite den lieben Nachbarn in eine Uniform zu stecken und ihn als freiwilligen Polizeihelfer loszuschicken. Das ergibt keinen Sinn. Deswegen ist das, was Sie uns hier vorgelegt haben, auch kein Erfolgsprojekt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte einen weiteren Punkt anführen. Es ist natürlich – das ist belegt, und das kann man nachlesen – auch eine Frage des subjektiven Sicherheitsempfindens der Bürgerinnen und Bürger. Aber wie das mit dem subjektiven Sicherheitsempfinden so ist – ich habe das schon einmal in einer Debatte über den freiwilligen Polizeidienst gesagt; ich sage es noch einmal –: Es ist eben nicht messbar.

Die Menschen über 60 Jahre fühlen sich durch die Kriminalität sehr belastet. Das subjektive Empfinden dieser Menschen ist so. Dabei stellen Sie, wenn Sie in die Statistiken schauen, fest, dass ein Mensch über 60 Jahre durch die Kriminalität durchschnittlich weniger belastet ist als ein Kind unter sechs Jahren. Daran sehen Sie, dass das subjektive Sicherheitsempfinden kein Beleg dafür ist, dass es ein reales Problem gibt. Vielmehr ist das ein subjektives Problem, und deswegen ist auch das, was Sie hier als Erfolgsmodell anpreisen, bestenfalls ein subjektives Erfolgsmodell. Aber selbst das, nämlich die Feststellung, dass es sich um ein subjektives Erfolgsmodell handelt, wäre schon ein ziemliches Lob.

Ein weiterer Punkt – Frau Faeser hat das schon gesagt; aber ich will mich am Ende auch noch einmal darauf beziehen –: Sie haben im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ bei der Polizei massenhaft Stellen abgeschafft. Herr Kollege Irmer, ich habe es vorhin dazwischengerufen: Sie können in Ihrem Gesetz nachlesen, welche Abbaupotenziale es gibt. Da sind für alle Bereiche die Potenziale aufgelistet.

Ich sage Ihnen: Sie schaffen im Bereich derer, die gut ausgebildet sind, und bei den nach Tarif Bezahlten Stellen ab. Dann aber erklären Sie, Sie machten etwas für die innere Sicherheit, indem Sie Amateure auf die Straße schicken. Das ergibt keinen Sinn.

Meine Damen und Herren, bei diesem Antrag handelt es sich wieder um weiße Salbe, die Sie auftragen wollen. Der freiwillige Polizeidienst ist kein Erfolgsmodell. Wir brauchen auch nicht gleich in der nächsten Woche wieder darüber zu diskutieren. Wir sagen das immer wieder. Wir können gern über die Sicherheitsarchitektur in Hessen diskutieren, aber bitte nicht auf diesem Niveau und bitte nicht auf der Grundlage solcher Anträge, die nur aus Textbausteinen bestehen, die Sie seit dem Jahr 2000 immer wieder verwenden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich.

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