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14.12.2023

Koalitionsvertrag von CDU und SPD: Keine Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit, Demütigung für die SPD und allerlei Skurriles

In einer ersten Reaktion zum bereits vor der offiziellen Vorstellung kursierenden Koalitionsvertrag sagt der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Mathias Wagner:

„Die Koalition wollte Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit geben. Diesem Anspruch wird der Koalitionsvertrag nicht gerecht. Überall, wo man sich konkrete Vorschläge erhofft hätte, findet sich ein wortreiches Nichts. Wer sich keine konkreten Ziele setzt, kann auch keine erreichen. Das ist eine Koalition der Vergangenheitsbewahrer und Zukunftsverweigerer. Einige Beispiele:

  • Schule: Die erneut alarmierenden Ergebnisse der PISA-Studie und die Bildungslücken durch Corona hätten einen neuen Aufbruch in der Bildungspolitik notwendig gemacht. Stattdessen findet sich im Vertrag sogar die Ankündigung von Kürzungen. Zitat: „Das im Sommer 2024 auslaufende Corona-Aufholprogramm „Löwenstark – der BildungsKICK“ wollen wir auf einem reduzierten Niveau verstetigen“.
  • Kitas: Wie viele neue Plätze sollen durch welche Maßnahmen geschaffen werden? Wie und wann werden die Öffnungszeiten ausgeweitet und besser an die Bedürfnisse von Berufstätigen angepasst? Das sind die Fragen, die Hessens Eltern bewegen. Der Vertrag bleibt konkrete Antworten schuldig.
  • Klimaschutz: Alle Staaten der Welt haben sich gerade bei der Klimakonferenz in Dubai auf mehr Klimaschutz verständigt. Bei der Weltklimakonferenz wurde ein Ausstieg aus den fossilen Energien beschlossen. In Hessen steigt die schwarz-rote Koalition aus einem Klimaministerium aus. Keines der Ministerien wird künftig Klima im Titel führen. Das passt zwar zum ambitionslosen Programm der Koalition in diesem Bereich, es ist aber einfach nur unverantwortlich gegenüber jetzigen und kommenden Generationen.

Demütigung für die SPD – Kurzsichtigkeit bei der CDU

Für die SPD ist dieser Vertrag eine Demütigung. Der SOZIALdemokratischen Partei wird noch nicht einmal ein vollständiges Sozialministerium zugetraut. Das Ministerium wird geteilt. Insgesamt hat die SPD somit gerade einmal 2 ½ Ministerien erhalten. Die CDU darf hingegen über 8 Ministerinnen und Minister frohlocken. Der SPD-Anteil entspricht damit nicht annähernd dem Wahlergebnis, das die beiden Koalitionäre in die Koalition einbringen. Auch von den großen Wahlversprechen der SPD ist überhaupt nichts übriggeblieben. 12.500 neue Lehrkräfte? 9.000 neue Handwerkerinnen und Handwerker? 6.000 neue Ärztinnen und Ärzte? Nichts davon findet sich im Vertrag. Stattdessen vertritt die SPD jetzt das genaue Gegenteil, von dem, was sie bislang für richtig gehalten hat. So hat Nancy Faeser als Bundesinnenministerin die bundesweite Nutzung der Polizei-Analysesoftware HessenData gestoppt. Ihr hessischer Landesverband hingegen will die Nutzung jetzt sogar noch deutlich ausweiten.

 

Auch für die CDU ist so ein Verhandlungsergebnis äußerst kurzsichtig. Denn auf der Demütigung eines Partners lässt sich keine vertrauensvolle und verlässliche Zusammenarbeit aufbauen. Nachverhandlungen und Dauerstreit sind programmiert.

 

Allerlei Skurriles

  • Kiffen in der öffentlichen Verwaltung: Als dritter Satz und damit aus Sicht der Koalitionäre offenbar als eines der wichtigsten Themen findet sich im Abschnitt „Berufsbeamten bewahren und fortentwickeln“ folgende Passage. Zitat: „Für die Legalisierung von Cannabis müssen wir klare Regelungen für den Dienstbetrieb finden.“ Da fragt man sich schon, was CDU und SPD während der Verhandlungen geraucht haben. Sieht so eine Politik aus, die angeblich die realen Probleme der Menschen in den Mittelpunkt stellt? Aus unserer Sicht gibt es vorher eine ganze Reihe anderer Punkte zum Thema öffentlicher Dienst.
  • Heimat, Heimatschutz und ländlicher Raum in drei verschiedenen Ministerien: Wir GRÜNE lieben unsere Heimat Hessen. Wir haben allerdings erhebliche Zweifel daran, die Zuständigkeit für die Weiterentwicklung unsere Heimat auf gleich drei Ministerien zu verteilen. Der Heimatschutz ist künftig im Innenministerium. Für Heimat ohne Schutz ist das Landwirtschaftsministerium zuständig. Und wer seine Heimat im ländlichen Raum hat, darf sich ans Wirtschaftsministerium wenden. Ein heilloses Durcheinander ist programmiert
  • Aus christlich-soziale Koalition wird demokratisch-christlich-soziale Koalition: Im Eckpunkte-Papier frohlockten CDU und SPD noch, sie würden eine christlich-soziale Koalition eingehen. Offenkundig haben einige in der SPD dann doch gemerkt, dass das nach christlich-sozialer Union (CSU) klingt. Der Versuch das zu retten, mutet wie so vieles skurril an. Denn dass eine Koalition aus CDU und SPD demokratisch ist, hätte selbst aus Sicht der Opposition keiner Betonung bedurft. Inhaltlich bleibt es dabei, dass dieser Koalitionsvertrag ein Programm der Hessen-CSU ist.
  • Gendern – oder wie mache ich etwas zum Problem, was bislang keines war: In den vergangenen Jahren war das Gendern nie ein großes Thema in der Landespolitik. Denn es gibt kein reales Problem. Niemand wurde zu etwas gezwungen oder hatte durch das Nicht-Gendern einen Nachteil. Ausgerechnet die Koalition, die sich angeblich um die wahren Probleme der Menschen kümmern will, macht das Gendern jetzt zu einem großen Thema.
  • Koalitionsvertrag vorab im Internet: Noch vor der offiziellen Vorstellung war der Koalitionsvertrag auf der Homepage der SPD-Hessen abrufbar. Das war zwar ein super Service für die Medien und uns als Opposition. Seriöses Arbeiten einer Koalition sieht aber anders aus.“

 

Eine ausführliche Einschätzung zum Koalitionsvertrag werden wir am morgigen Freitag um 12 Uhr im Rahmen eines Pressegesprächs vornehmen.

 


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Lisa Uphoff
Schlossplatz 1-3; 65183 Wiesbaden
Fon: 0611/350597; Fax: 0611/350601
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