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19.05.2016
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Leitlinien für eine zeitgemäße Glücksspielregulierung in Deutschland

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir in dieser wichtigen Frage hier im Hause doch auf eine breite Einigkeit zurückgreifen können. Es ist schon eine never ending Story, was den Glücksspielstaatsvertrag angeht, mit der wir uns hier beschäftigen. Bei der damaligen Debatte des Staatsvertrags war schon absehbar, dass dieser Vertrag vor die Wand fahren wird, und dass wir auf jeden Fall die Kriterien, die die Europäische Union seinerzeit angelegt hat, damit nicht erfüllen würden. Wir wussten, dass das kein kohärenter Vertrag war, als er geschlossen wurde. Aber das Beharrungsvermögen einzelner Bundesländer war so groß, dass letztendlich nur dieser Vertrag zustande gekommen ist.
Als dieser Staatsvertrag seinerzeit im Hessischen Landtag diskutiert worden ist – das machen Fraktionen nicht so oft –, haben wir diesen Staatsvertrag abgelehnt, weil wir damals schon gesagt haben: Es ergibt keinen Sinn, einen Staatsvertrag zu zeichnen, der letztlich denjenigen, der ihn umsetzen muss – das ist nun einmal bedauerlicherweise der hessische Innenminister –, vor unlösbare Probleme stellt und schließlich vor den Gerichten landen wird. Genau das ist eingetreten. Wir haben damals diesen Staatsvertrag abgelehnt. In Richtung des Kollegen Rentsch will ich nur erwähnen, dass Sie dem zugestimmt haben. Aber ich habe gerade bilateral gesagt: Das ist nun einmal so mit Staatsverträgen – wenn man in der Regierung ist, muss man ein bisschen flexibler sein.
Aber es ist gut, dass wir in dieser Frage jetzt eine breite Einigung haben.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Es bestand eine große Einigkeit auch mit dem damaligen Innenminister Boris Rhein, sodass wir das im Koalitionsvertrag geregelt haben. Wir haben da gesagt, wir wollen kohärente Regelungen schaffen. Wir wollen weg von dieser eigentlich in keiner Weise nachvollziehbaren Lösung, dass man nur auf der quantitativen Ebene Regelungen schafft, die qualitative Ebene dabei aber völlig außen vor lässt – dass man also in einem Staatsvertrag sagt, wir lassen nur 20 Konzessionen zu, regeln aber den gesamten Bereich der Suchtprävention, Spielerschutz, Jugendschutz, Solvenz der Unternehmen, Zuverlässigkeit der Anbieter nicht. Es war von vornherein klar, dass dieses Ding vor die Wand fährt – der 21. Bewerber, der nicht genommen wird, klagt. Vor dieser Situation stehen wir jetzt.
Deswegen ist es gut, dass wir jetzt einen Schritt weiter kommen. Ich will es ausdrücklich loben, dass jetzt auch die Landesregierung so weit ist und den anderen Bundesländern sagt: Entweder schaffen wir jetzt eine rechtskonforme Lösung, oder wir kündigen diesen Vertrag und verabschieden in Hessen ein eigenes Glücksspielgesetz.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)
Es ist doch überhaupt nicht einsehbar, warum wir auf Einnahmen in Millionenhöhe verzichten. Zum Spielemarkt gibt es unterschiedliche Zahlen – da werden zwischen 5 und 7 Milliarden Euro umgesetzt. Daran partizipiert der Staat fast überhaupt nicht: keine Steuereinnahmen, keine Abgaben. Auf der anderen Seite aber diskutieren wir in diesem Parlament, aber auch in vielen anderen Parlamenten, andauernd darüber, dass wir die Einnahmen der öffentlichen Haushalte verbessern müssen. Hier haben wir nun die Möglichkeit, etwas zu regulieren – ich will nicht sagen zu liberalisieren; auch diese Debatte ist einmal geführt worden. Nein, wir sollten klare Regeln festlegen, unter denen die Anbieter am Markt teilnehmen können. Dann ist es egal, ob das 20, 25 oder 50 sind – sie müssen nur die Regeln einhalten. Meine Damen und Herren, das finde ich einen richtigen Weg.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Ich möchte die Landesregierung nochmals ausdrücklich unterstützen. Der Chef der Staatskanzlei hat einen Brief an seine Kolleginnen und Kollegen geschrieben und gesagt, ich darf daraus zitieren: „Das Land Hessen wird nur einer verfassungsgemäßen bzw. rechtmäßigen Änderung des Glücksspielstaatsvertrags zustimmen.“ – Damit haben Sie ausdrücklich unsere Rückendeckung. Sie sagen in diesem Brief auch, welche Punkte dabei erfüllt werden müssen.
Ich meine, diese Punkte müssen in einem ordentlichen Gesetz geregelt werden: Die Höchstzahl der Konzessionen muss aufgehoben werden; das Problem der Online- und Pokerspiele muss geregelt werden. Das ist doch absurd: Da gibt es im Internet einen großen Markt, und wir tun so, als gäbe es ihn überhaupt nicht, sondern überlassen ihn einfach denen, die aus dem Ausland heraus diese Spiele anbieten.
Daher glaube ich, wir sind auf einem guten Weg. Man sollte hier nochmals sehr deutlich sagen – und das hat die Landesregierung, das hat auch der Chef der Staatskanzlei gesagt: Entweder kommen wir mit den anderen Bundesländern zu einer ordentlichen Lösung – da müssen sich die anderen Bundesländer bewegen –, oder Hessen steigt aus, und wir machen ein eigenes Glücksspielgesetz. Das wird auf jeden Fall verfassungsgemäß und rechtskonform sein. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie des Abg. Florian Rentsch (FDP))

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