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07.10.2006
Landesarbeitsgemeinschaften, Landesmitgliederversammlung

Flughafen Frankfurt: Ausbau verhindern – Lebensqualität verbessern

Bündnis 90/DIE GRÜNEN Hessen haben ihre Ablehnung des weiteren Ausbaus des Flughafens Frankfurt von Anfang der Debatte an formuliert und immer wieder unterstrichen, so in Beschlüssen der Landesmitgliederversammlungen vom 4. Dezember 1999, vom 5. Mai 2001 sowie vom 2. Februar 2002 ebenso wie im Landtagswahlprogramm 2003. Alle Aussagen beziehen klar und eindeutig gegen eine weitere Expansion des Flughafens in der Fläche und eine weitere Steigerung der mit dem Flughafenbetrieb verbundenen Belastungen der Menschen in der Rhein-Main Region Stellung.
Im Vordergrund stand und steht für uns GRÜNE dabei die Lebensqualität, die nicht nur für die und den Einzelne/n entscheidende Bedeutung hat, sondern auch als Standortfaktor die Zukunft der gesamten Region mitbestimmt.

DIE GRÜNEN haben im Landtag und in etlichen kommunalen Parlamenten in Städten und Kreisen rund um den Flughafen die Debatte um den Ausbau wiederholt geführt, insbesondere zu den in den Planungsverfahren vorgesehenen Stellungnahmen der Gebietskörperschaften. Selbst die nicht seltene Ablehnung unserer Einwände gegen den Ausbau durch eine Mehrheit von AusbaubefürworterInnen hat diese ihrem Ziel keineswegs näher gebracht. Der Ausbau wird von Monat zu Monat immer unwahrscheinlicher.

Die Befürwortung des Ausbaus durch alle übrigen Landtagsparteien führt allerhöchstens noch zu grotesken Parlamentsdebatten, in denen z.B. die SPD eine schwarz-grüne Koalition der AusbaugegnerInnen erkannt haben will, weil DIE GRÜNEN den Ausbau nicht wollen, die CDU es nicht könne und nur die SPD die Nordwestbahn bereits gebaut hätte.

Die ernsthafte Auseinandersetzung um die Ausbauplanungen der Fraport AG hat eine neue Phase erreicht. Der Fortgang der formalen Verfahren, zu denen die Stellungnahmen abgegeben sind, spielt sich weitgehend hinter dem Rücken der Öffentlichkeit ab. Dadurch entsteht der Eindruck, die Sache sei bereits entschieden, zumal Fraport wie Landesregierung immer wieder Äußerungen lancieren, die genau dieses Bild setzen sollen, damit weiterer Widerstand gegen den Ausbau aussichtslos erscheint. Auch sind alle Spekulationen, dass DIE GRÜNEN Absicht oder Anlass hätten, ihre Ablehnung des Ausbaus zu relativieren, nichts als frei erfundene Versuche des politischen Gegners, sich selbst Mut zu machen.

Das Gegenteil ist nämlich richtig: Nach dem Abschluss der ersten Runde der Erörterung sind die Widersprüche der Planung von Fraport so deutlich wie noch nie und im Gegensatz zu den Erklärungen der AusbaubefürworterInnen steht das Vorhaben in der bislang geplanten Form absehbar vor dem Aus. Dies gibt uns verstärkte Zuversicht, am Ende den weiteren Flughafenausbau tatsächlich zu verhindern und somit die politische Position der GRÜNEN durchzusetzen. Die Landtagsfraktion bleibt aufgefordert, auch weiterhin den vorbereitenden Einzelentscheidungen der Landesregierung zugunsten des Flughafenausbaus argumentativ zu begegnen und die Ausbaubefürworter zur Debatte zu zwingen.

Bündnis 90/DIE GRÜNEN Hessen unterstreichen, dass ein weiterer Ausbau des Flughafens Frankfurt außerhalb des bisherigen Areals und insbesondere der Bau einer neuen Landebahn unter keinen Umständen akzeptabel ist. Dies begründet sich u.a. durch folgende Fakten:
– Die von Fraport zur Ausbauplanung vorgelegte Luftverkehrsprognose ist völlig unzureichend, die jetzt vorgelegte Nachbesserung enthält weitere Widersprüche und widerspricht den bisher vorgetragenen Argumenten.
– Die geplante Bahn erlaubt eine Steigerung der Zahl der Flugbewegungen deutlich über die bisher genannte Grenze (660.000) hinaus; damit sind alle Bewertungen der Belastungen durch den Flugverkehr Makulatur. Die tatsächlichen Belastungen wären nämlich deutlich höher.
– Die Belastung des gesamten Rhein-Main-Gebiets durch Fluglärm und sonstige Emissionen würde ständig weiter wachsen statt wie notwendig verringert werden.
– Schon die Entscheidung im Raumordnungsverfahren zugunsten der Landebahn Nordwest hat sich als fehlerhaft erwiesen, da die Flächenbilanzen manipuliert waren.
– Durch die geplante Nordwest-Landbahn wäre der Waldverlust deutlich höher als bislang behauptet, der Kelsterbacher Wald als Erholungsgebiet vollständig verloren.
– Die Belange des Naturschutzes werden durch die Planung generell ignoriert; gerade im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet ist der Erhalt der Natur aber besonders vordringlich.
– Gutachterlich nachgewiesen ist, dass die Gefährdung des Landeanflugs durch Vogelschlag massiv unterschätzt wird; im europäischen Vogelschutzgebiet an der Staustufe Eddersheim dürfen die Vögel nicht einfach vergrämt werden.
– Die Sicherheit des Betriebs des Chemiewerks Ticona wird durch die Planung deutlich verringert; dies widerspricht der Seveso-II-Richtlinie der EU. Dies gilt sowohl für die Gefahr von Abstürzen im Anflug über dem Werk als auch für die Unvereinbarkeit eines parallelen Betriebs der geplanten Landebahn und des Chemiewerks.
– Das durch den Flughafenausbau steigende Verkehrsaufkommen am Boden ist nicht zu bewältigen. Die geplanten Straßenbaumaßnahmen sind großteils weder ökologisch noch finanziell vertretbar.
– Das versprochene Nachtflugverbot ist eine Mogelpackung. Die Zahl der Nachtflüge wird insgesamt eher zunehmen und in den Stunden zwischen 22 und 23 sowie 5 und 6 Uhr dramatisch ansteigen.

Der Flughafen Frankfurt hat für die wirtschaftliche Entwicklung des Rhein-Main Gebiets und darüber hinaus eine herausragende Bedeutung, die jedoch für die Zukunft nur dann zu sichern ist, wenn ein Umdenken stattfindet und nicht mehr einseitig auf quantitative Expansion zu Lasten der Bewohnerinnen und Bewohner der Region und zum Schaden der Umwelt gesetzt wird. Der Region nützt es nichts, wenn hier immer mehr Flugzeuge starten und landen, aber die Menschen hier nicht mehr leben wollen, weil sie die Belastungen nicht mehr ertragen. Auch zusätzliche Arbeitsplätze werden in der versprochenen Anzahl nicht entstehen, weil die Folgen des Ausbaus viele Menschen und Unternehmen aus der Region vertreiben und die Flächennutzung einschränken.

Die Funktionsfähigkeit des Flughafens wird am besten gestärkt durch Kooperation mit anderen bestehenden Flughäfen in Form einer sinnvollen Vernetzung durch schnelle und komfortable Verbindungen am Boden und durch den Ausbau zum Flughafensystem. Damit können Arbeitsplätze gesichert Flughafenausbau verhindern und neue geschaffen werden. Es kann sowohl die Drehkreuzfunktion im Luftverkehr weiterentwickelt als auch der polyzentrischen Struktur der Bundesrepublik Rechnung getragen werden.

Bündnis 90/DIE GRÜNEN Hessen

  • lehnen den weiteren Ausbau des Flughafens Frankfurt über das gegenwärtige Areal hinaus mit Nachdruck ab;
  • fordern die Planfeststellungsbehörde auf, den Ausbauantrag der Fraport AG zurückzuweisen;
  • verlangen von der Landesregierung, den Ausbau des Flughafens nicht über eine Änderung des Landesentwicklungsplans gegen die Belange der Menschen in der Region zu erzwingen;
  • danken den Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau für ihren unermüdlichen Einsatz und
  • rufen die Menschen im Rhein-Main-Gebiet dazu auf, auch ihrerseits in ihrem Engagement nicht nachzulassen, damit der greifbar nahe Erfolg für die Region Wirklichkeit wird.