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12.07.2016
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Gesetz über die Anpassung der Besoldung und Versorgung in Hessen 2016

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass Auftritte nach dem Motto „Frechheit siegt“ kein einziges Problem bei der Frage der Besoldung der Beamtinnen und Beamten in Hessen löst. Kein einziger inhaltlicher Satz zu der Problemstellung, mit der wir es hier als Landesregierung zu tun haben, war zu hören. Frechheit siegt – damit kommt man vielleicht einmal durch, aber es ist kein Konzept für die Zukunft, Herr Kollege Rudolph.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) und Zuruf von der SPD – Zurufe von der SPD)

Präsident Norbert Kartmann:

Meine Damen und Herren! Herr Kollege, die Uhr stoppt.

(Zurufe von der SPD)

Jürgen Frömmrich:

Es ist schon erstaunlich mitzuerleben, wie ausgerechnet die Partei des kleinen Mannes sich hierhin stellt und die soziale Komponente, die wir bei der Besoldung eingeführt haben, in Bausch und Bogen ablehnt. Das hat mich schon einigermaßen erstaunt.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen und Zurufe von der SPD und der LINKEN)
Aber man lernt eben immer dazu. Ich muss wirklich sagen: Ich habe auch schon in angenehmeren Anhörungen gesessen mit einer deutlich besseren Zustimmung derer, die dort angehört worden sind. Das ist wahr. Das ist in der Tat so. Die Gewerkschaftsvertreter, die Interessenverbände, haben den Vorschlag, den wir gemacht haben, abgelehnt. Sie haben eine deutliche Steigerung der Einkommen und der Besoldung gefordert. Das haben wir aber auch nicht anders erwartet. Es ist Aufgabe von Gewerkschaften und von Interessenverbänden, sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzusetzen und für deren Interessen zu kämpfen. Die Aufgabe eines Hessischen Landtags als Haushaltsgesetzgeber ist durchaus diffiziler.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Der Haushaltsgesetzgeber hat abzuwägen zwischen den berechtigten Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – das will ich durchaus sagen – und den Interessen der Finanzen des Landes, den Anforderungen der Hessischen Verfassung – die Schuldenbremse ist Bestandteil der Hessischen Verfassung und wurde von 75 Prozent der Bevölkerung in die Verfassung aufgenommen –, und der Haushaltsgesetzgeber muss sich Gedanken über Generationengerechtigkeit machen und muss Haushalte so anlegen, dass zukünftige Generationen nicht die Zeche dafür bezahlen.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist die Abwägung, die wir treffen müssen. Wir wissen, dass wir den Beamtinnen und Beamten viel zumuten. Wir wissen, dass dieser Gesetzentwurf von den Beschäftigten sehr kritisch gesehen wird.
Wir glauben aber, dass dies in der Abwägung der verschiedenen Interessen – ich habe das gerade angedeutet – ein Vorschlag ist, der annehmbar und akzeptabel erscheint. Meine Damen und Herren, wir sind auf dem Weg – auch Kollege Bauer hat es angedeutet –, einen ausgeglichenen Haushalt 2019 vorzulegen. Wir wollen da eine schwarze Null erreichen.
(Zurufe von der SPD)
Solide Finanzen und ausgeglichene Haushalte – das zeigt im Übrigen Bayern – sind die beste Grundlage dafür, dass wir zukünftig wieder Steigerungen bei der Besoldung haben, die den Tarifergebnissen gleichkommen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Wir haben eine gute Verwaltung. Wir haben gute, qualifizierte und leistungsfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dafür sind wir ausgesprochen dankbar. Wir muten ihnen derzeit viel zu. Das wissen wir.
(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD) – Unruhe bei der SPD und der LINKEN)

Präsident Norbert Kartmann:

 

Meine Damen und Herren, Herr Kollege, Augenblick. Ich höre immer sehr viel Protest, wenn die jeweils andere Seite stört. Ich bitte nun alle zuzuhören. – Bitte, Sie haben das Wort.

Jürgen Frömmrich:

Das Ziel unserer Haushaltspolitik ist es, dass wir zukünftig wieder bessere Steigerungen für die Besoldung vorlegen. Daran arbeiten wir, und ich glaube, wir sind da als Regierung auf einem ganz guten Weg.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
In der Anhörung aber auch in vielen Gesprächen im Vorfeld der Anhörung wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass gerade die Besoldung in den unteren Gruppen ein Problem ist. Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, in diesem Bereich Verbesserungen an unserem Gesetzentwurf vorzunehmen, indem wir einen Mindestbetrag als soziale Komponente eingeführt haben. Der vorgesehene Mindestbetrag führt zu einem deutlichen Plus von 420 Euro.
(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))
Ich will auch einmal deutlich machen, was das für einen A5-Beamten bedeutet, in der Stufe 8: Statt 270 Euro, 420 Euro. Für einen A7-Beamten: Statt 300 Euro, 420 Euro. Für einen Beamten in der A9 – das ist die Einstufung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten – statt 280 Euro, 420 Euro. Ich finde, es ist eine gute Entscheidung, diese soziale Komponente zu machen. Dass ausgerechnet die Sozialdemokraten das hier kritisieren, erstaunt schon einigermaßen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Auch bei der Besoldung der Anwärterinnen und Anwärter haben wir gesehen, dass wir da etwas tun müssen. Da waren wir nicht gut. Wir tun da etwas. Wir haben es erkannt.
(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
7.200 Polizeibeamtenanwärterinnen und -anwärter und Referendare werden davon profitieren, dass wir ihnen im nächsten Jahr 600 € mehr geben. Ich sage das einmal für einen Beamtenanwärter: Das ist eine Steigerung je nach Besoldung von rund 4 Prozent. Das kritisiert die Sozialdemokratie in diesem Hause. Das ist schon einigermaßen erstaunlich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Unruhe bei der SPD und der LINKEN)
Meine Damen und Herren, für diese Maßnahmen werden wir im Haushalt 2016 rund 2,5 Millionen Euro und im Haushalt 2017 rund 5 Millionen Euro aufwenden. Die Mehrausgaben werden wir im Haushalt 2016 aus laufenden Ausgaben durch Einsparungen und Umschichtungen erwirtschaften. Das ist bei einem Haushaltsvolumen von rund 30 Milliarden Euro aber auch kein Problem, und die Ausgaben für 2017 werden wir natürlich in ganz normalen Haushaltsberatungen etatisieren.
(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Was mich an der Stellungnahme auch der Kollegen der SPD einigermaßen erstaunt hat, ist, dass sie die Finanzierbarkeit unserer Vorschläge hier in die Debatte gebracht haben. Ich fand das einigermaßen putzig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Ausgerechnet die Sozialdemokraten. Wenn wir 2,5 Millionen Euro Mehrausgaben aufschreiben, sagen die Sozialdemokraten, wie wird das eigentlich finanziert? Sie haben aber in den letzten Monaten Mehrausgaben von 3,5 Milliarden Euro hier im Hause vorgeschlagen und keinen einzigen Vorschlag zur Finanzierung gemacht. Das ist geradezu abenteuerlich.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Glaubwürdig ist das wirklich nicht. Dann ist es auch noch so: Als wir bei der einzigen Erhöhung, die wir als Landesgesetzgeber überhaupt machen können, nämlich die Grunderwerbsteuer, aufgesattelt haben, was der CDU sehr schwer gefallen ist, wer hat es abgelehnt? – Die Sozialdemokratie.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Anhaltende Zurufe von der SPD)
Herr Rudolph stellt sich hierhin und sagt, man müsse über Einnahmeverbesserungen nachdenken. Das ist nicht glaubwürdig. Meine Damen und Herren, ein anderer Punkt, der auch nicht glaubwürdig ist: Kollege Rudolph hat in der Anhörung gesagt, gerade in der Steuerverwaltung und der Finanzverwaltung haben wir viele Kolleginnen und Kollegen des mittleren Dienstes, und wenn sie im Ballungsraum Rhein-Main leben und die Mieten bezahlen müssen, ist eine 1-prozentige Besoldungserhöhung natürlich schon ein Problem.
Herr Kollege Rudolph, das nehmen wir jetzt als Argument auf. Deswegen führen wir die soziale Komponente ein. Deswegen haben wir unseren Änderungsantrag eingebracht. Zuerst kritisieren Sie es, jetzt machen wir es, und dann gehen Sie in die Öffentlichkeit und sagen, das ist Politik nach Gutsherrenart. Das passt nicht zusammen. Das ist kein Konzept, was Sie hier vortragen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Apropos 1 Prozent: Ich will einmal darauf hinweisen, wer die Erfinderin des einen Prozents ist. Die 1-Prozent-Erhöhung hat, glaube ich, Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz erfunden.
(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – Zurufe von der SPD)
Sie ist im Übrigen gerade wiedergewählt worden. Herr Kollege Rudolph, darauf waren Sie sehr stolz. Das will ich einmal erwähnen. Aber ich will noch einmal daran erinnern – es ist immer wieder gut, wenn man so etwas hat –: In der 18. Wahlperiode, 148. Sitzung am 19. November 2013 – das war ein paar Tage, bevor klar war, dass es nicht Schwarz-Rot, sondern Schwarz-Grün geben wird; da dachte Herr Rudolph noch, dass er Regierungsverantwortung übernimmt, und da war er im Disput mit dem Innenministervorgänger, der gesagt hat, wir machen hier andere Tarifpolitik als drüben in Rheinland-Pfalz, wo damals die 1-%-Erhühung beschlossen und eingeführt wurde – sagte Kollege Rudolph:
… da würde ich mal die nächsten Tage und Wochen abwarten, ob dann in Hessen tatsächlich manche Sachen noch immer anders gemacht werden als in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg.
(Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))
Da sagt der Minister Rhein: „Aber wir reden ja von jetzt“. Dann sagt Kollege Rudolph:
Der eine oder andere wird diese Andeutung nachvollziehen können. Das ist ein kleiner verfahrensleitender Hinweis, dass sich die Kolleginnen und Kollegen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz möglicherweise auch ihre Gedanken zur Finanzierung des Landeshaushalts gemacht haben.
(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU: Ah! – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))
Was heißt das denn? – Das war die Ankündigung, dass Sie, wenn Sie an der Regierung sind, genau das machen, was wir machen, nämlich die 1-Prozent-Regelung. Jetzt stellen Sie sich hierhin und kritisieren das Gleiche – abenteuerlich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Präsident Norbert Kartmann:

Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Ende.

Jürgen Frömmrich:

Lieber Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Ich glaube, man sollte in der Debatte einfach ein wenig abrüsten, und man sollte sich überlegen, ob die Probleme, die wir haben, wirklich so einfach zu lösen sind.
(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Einer unserer Hauptkritiker bei der Besoldungserhöhung war Verdi. Die haben gesagt, man müsse das Tarifergebnis unbedingt 1 : 1 übernehmen. Jetzt zitiere ich aus der Zeitung Hamburger Abendblatt – Wirtschaft – vom 11.07. Da heißt es:
Der Arbeitgeber habe umgerechnet 0,23 Prozent mehr Geld für dieses Jahr geboten, der Gesamtbetriebsrat fordere aber 5 Prozent mehr. Stracke kritisierte auch, dass Verdi-Chef Frank Bsirske „Tarifverträge für alle Beschäftigten in Deutschland fordert, im eigenen Haus dies jedoch ablehnt“.
(Zurufe der Abg. Norbert Schmitt und Sabine Waschke (SPD))

Präsident Norbert Kartmann:

Herr Kollege, auch Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Jürgen Frömmrich:

Ich komme sofort zum Ende. Heute lesen wir, dass es einen Abschluss gegeben hat. Danach steigen die Bezüge der 3.000 Verdi-Beschäftigten nach drei Nullmonaten um 1 Prozent. Ich finde, wir können diese Debatten wirklich führen. Aber wir sollten Sie vielleicht einmal ehrlich führen, weil die Personalkosten ein Problem sind, die wir in vielen Bereichen haben, und Finanzprobleme bei allen vorhanden sind. Ich finde, man kann nicht von uns etwas fordern und es selbst vollkommen anders machen.
(Zurufe der Abgeordneten Norbert Schmitt und Sabine Waschke (SPD))

Präsident Norbert Kartmann:

 

Herr Kollege!

Jürgen Frömmrich:

Das passt nicht zusammen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD)

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