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13.05.2016

§ 103 Strafgesetzbuch soll gestrichen werden

Paragraf 103 – Ein Gesetz zur Majestätsbeleidigung ist nicht mehr zeitgemäß

Ein demokratischer Rechtsstaat braucht keinen Paragrafen zur Regelung von Majestätsbeleidigung, betont die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag. „Wir sind uns fraktionsübergreifend im Landtag einig, dass der Paragraf 103 ein Relikt aus der Kaiserzeit ist, der abgeschafft werden kann“, so die rechtspolitische Sprecherin der GRÜNEN im Landtag, Karin Müller. „Der Bund wird darüber entscheiden, wann der Paragraph im Strafgesetzbuch (StGB) gestrichen werden kann. Wir haben uns heute im Landtag nur deshalb mit dem Thema befasst, damit auch alle wissen, wie die FDP darüber denkt. Die kam ja bei der Debatte im Bundestag und Bundesrat bisher nicht vor, weil sie dort nicht vertreten ist.“

„Mit der Abschaffung des Paragrafen 103 würde keine Lücke im Strafrecht entstehen. Wer sich beleidigt fühlt, kann weiterhin nach Paragraf 185 des StGB eine Strafverfolgung verlangen. Ebenso gewährleisten das Völkerrecht und die allgemeine deutsche Rechtsordnung den Ehrenschutz von Staatsoberhäuptern, Regierungsmitgliedern und Diplomaten fremder Staaten“, betont Müller, „nur über den Zeitpunkt der Abschaffung besteht Uneinigkeit.“

„Die Streichung des Paragrafen zur Majestätsbeleidigung ist schon längst überfällig und war in vergangenen Jahren lediglich in Vergessenheit geraten“, erklärt Müller. „Würde es den Paragrafen 103 in Verbindung mit 104a nicht mehr geben, wäre Bundeskanzlerin Angela Merkel viel Ärger beim aktuellen Fall um den Satiriker Jan Böhmermann und den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan erspart geblieben. Böhmermanns Schmähgedicht wäre nicht zu einem politischen Thema geworden, sondern im juristischen Bereich geblieben, wo es hingehört. Die Bundesregierung wäre gar nicht erst vor die Frage gestellt gewesen, ob sie eine Ermächtigung erteilt oder nicht. So wurde der Fall in den Kontext der Beziehungen zur Türkei gestellt.“

 

Hintergrund

Paragraf 103 StGB stammt von 1872, aus der Zeit des Deutschen Kaiserreichs, und besteht seitdem bis heute in fast identischer Form weiter. Die Debatte um den Paragrafen flammte im März 2016  wieder auf durch das Schmähgedicht, das Satiriker Jan Böhmermann in seiner Sendung Neo Magazin Royale über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan verlas. Die türkische Regierung und Erdoğan erstatteten daraufhin Strafanzeige gegen Böhmermann mit Bezug auf Paragraf 103 StGB. Ob der Paragraf noch während des laufenden Verfahrens gegen Böhmermann abgeschafft werden kann oder erst im Anschluss, ist umstritten.