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05.02.2015

Sigrid Erfurth: Gesetz zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Markt regelt nicht alles. Wohin das führen kann, kann man möglicherweise auch an der FDP-Fraktion sehen; sie haben eine deutliche Unterrepräsentanz von Frauen. Aber zum Thema.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

– Es ist sicherlich auch für uns von Vorteil, dass Sie das nicht alles sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Hessische Gleichstellungsgesetz war bei seiner Verabschiedung 1993 das erste seiner Art in Deutschland. Es wurde damals in einer rot-grünen Koalition erarbeitet, und es war ein gutes Gesetz. Es war klar, es hatte einen richtigen Ansatz, einen eindeutigen und guten Aufbau. Mit der Zielrichtung der Frauenförderpläne war sozusagen auch die Richtung klar; die Quote der weiblichen Beschäftigung sollte verbessert werden. Das wollte man über die Frauenförderpläne erreichen. Diese Frauenförderpläne waren damals, glaube ich, so etwas wie neue Instrumente der Personalentwicklung. Das war vielleicht in mancher Verwaltung auch das erste Mal, dass man Personalentwicklung betrieb und dazu gezwungen wurde, über dieses Instrument Personalentwicklung aufzubauen.

Dennoch haben es viele Männer als Bedrohung empfunden, und es gab Klagen. Das hessische Gesetz erwies sich damals als klug, als durchdacht. Es hielt den Klagen Stand. Ich kann mich noch gut an diese Zeit erinnern, es war so die Zeit als ich anfing, mich auf politischer Ebene stärker für Frauenpolitik zu interessieren, wie wir damals um das Gesetz gerungen, wie wir diskutiert haben und dass es viele von uns gab, die sagten: In dem Gesetz muss mehr stehen, und es muss dafür gesorgt werden, dass Frauen immer eingestellt werden. – Am Ende waren wir froh, dass das Gesetz so war, wie es war, dass da nicht stand, die Frau müsse immer eingestellt werden, sondern „bei gleicher Eignung“ werden Frauen eingestellt. Genau das hat nämlich der richterlichen Überprüfung standgehalten. Das war der Grund, warum dieses Gesetz auch so erfolgreich war.

„Überprivilegierung“ ist an diesem Punkt ein Stichwort, diese dürfe nicht sein. Ich habe ein bisschen Sorge, dass dieser Ansatz, der in dem Gesetzentwurf, den die Kollegin Gnadl eben vorgestellt hat und jetzt verfolgt wird, sozusagen die Überprivilegierung der Frauen einführt, das Kinde mit dem Bade ausgeschüttet wird und eine unzulässige Überprivilegierung stattfindet, die das Gesetz dann ad absurdum führt.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Von daher meine ich, dieses Gesetz, wie es damals unter Rot-Grün eingeführt worden ist, war gut, und wir sollten auf diese Tradition aufsetzen. Wir sollten dieses Gesetz weiterhin einfach und klar strukturieren. Wir sollten es nicht weiter aufblähen, weiter regulatorisch durchdenken und weitere Verästelungen und Strukturen anbringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das alte Gesetz hat, obwohl es eben so kurz und klar war, vieles bewegt. Ich stimme den Kolleginnen von der SPD durchaus zu, die sagen: Es ist in die Jahre gekommen, und es wurden Veränderungen vorgenommen, die die Wirkung abschwächen. – Die Novellierung ist dringend notwendig. Ich denke, da sind wir uns einig, sogar quer durch das ganze Haus. Wir alle wissen, das Hessische Gleichstellungsgesetz ist bis zum Ende dieses Jahres befristet. Weil wir auch wissen, dass es in die Jahre gekommen ist, haben sich CDU und GRÜNE im Koalitionsvertrag verpflichtet, das Gesetz in diesem Jahr zu novellieren, genau in der Tradition, wie es das gute alte Gesetz von Heide Pfarr war: klar, übersichtlich und mit einem klaren Fokus auf das Fördern.

(Zuruf von der SPD)

In den Fraktionen von CDU und GRÜNEN sind wir damit nicht allein. Auch in der Anhörung, die zu dem Gesetzentwurf, den Sie jetzt erneut eingebracht haben, durchgeführt wurde, wurde durchaus angemerkt, dass es zwar gut sei, dass der Gesetzentwurf jetzt eingebracht wurde, aber dass er an vielen Stellen doch sehr bürokratisch sei, über das Ziel hinausschieße und mehr Bürokratie bringe. Ich zitiere einmal aus der damaligen Anhörung. Frau Prof. Dr. Flügge von der Fachhochschule Frankfurt hat gesagt:

Die Frage ist also: Wie können wir mit weniger Worten, die auch leichter lesbar und nachvollziehbar sind, die einen nicht von vorneherein verzweifeln lassen, unsere Ziele erreichen?

Das sind nicht meine Worte, sondern sie wurden in der Anhörung gesagt. Weiter unten heißt es:

Wir brauchen ein paar zwingende Vorschriften, aber wir brauchen nicht so viele Details, weil sich die Realität ständig ändert.

Zu den Verpflichtungen, die die Kolleginnen der SPD jetzt in den Gesetzentwurf hineingeschrieben haben, Frauenbeauftragte an ganz vielen Stellen zu beteiligen, hat Frau Prof. Dr. Flügge in der Anhörung gesagt:

Zur Verpflichtung, an den Stellenbesetzungen teilzunehmen: Ich habe in meiner Stellungnahme sehr stark hervorgehoben, dass wir Rechte brauchen und nicht bestimmte Tätigkeitspflichten. Die Stellenbesetzung ist ein zentrales Thema. Die Dienststelle muss verpflichtet sein, die Frauenbeauftragten einzubeziehen. Sie muss aber nicht an jeder Sitzung teilnehmen, sondern kann sich auch heraushalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Also klare Beteiligungsrechte, aber keine Pflichten. Es gibt keine Pflichten, die sozusagen die Kapazitäten der Frauenbeauftragten so einengen, dass sie nicht zu dem kommen, was sie eigentlich möchten. Von daher kann ich an die Adresse der SPD sagen: Es ist völlig klar, wir müssen dieses Gesetz evaluieren. Wir gehen das auch an. Aber der Gesetzentwurf, den Sie uns vorgelegt haben, schießt ein Stück über das Ziel hinaus. Das hat auch die Kollegin Monne Lentz im Hessischen Landtag so erklärt. Das können wir heute auch wieder genauso feststellen.

(Zuruf der Abg. Lisa Gnadl (SPD))

Frau Gnadl, wir wissen, dass das Gesetz in diesem Jahr ausläuft. Wir haben aber noch ein paar Monate Zeit, das Jahr hat gerade erst begonnen. Wir sind durchaus schon ganz gut unterwegs. Sie haben vielleicht mitbekommen, dass die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Fachgespräch im Hessischen Landtag durchgeführt haben, zudem wir die Frauenverbände und Fraueninitiativen und Kommunalen Spitzenverbände eingeladen hatten. Das war durchaus spannend. Wir haben ihren Sachverstand und ihre Kompetenz abgeholt und gefragt, was sie gerne hätten und wo sie hin wollten. Da sind viele Dinge, die hier angesprochen worden sind, zur Sprache gekommen.

Natürlich geht es um die Stellung und die Ausstattung der Frauenbeauftragten. Natürlich geht es um die Freistellung. Natürlich geht es um die Förderinstrumente, die Gremienbesetzungen und die Ausgründungen. All diese Punkte haben wir dort erörtert. Wir haben sie in den Fraktionen bewertet und werden das jetzt in das Gesetzgebungsverfahren einspeisen.

Präsident Norbert Kartmann:

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Sigrid Erfurth:

Frau Ypsilanti und Frau Gnadl, um Ihre Frage abschließend zu beantworten, der Gesetzentwurf ist in Vorbereitung und wird den Landtag in absehbarer Zeit erreichen, sodass wir dann auch über ein wirksames Gleichberechtigungsgesetz im Landtag entscheiden können. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

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