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12.03.2014

Sigrid Erfurth: Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend hohes Engagement von Hebammen und Geburtshelfern würdigen

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hebammen und Entbindungspfleger – wie die männlichen Geburtshelfer formell heißen – haben es verdient, dass der Hessische Landtag ihnen einmal sagt: Wir danken ihnen für die Arbeit, die sie erbringen, die sie für die Familien, für werdende Mütter, für werdende Väter und für die Kinder leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Ich halte das für den richtigen Ansatz, denn es handelt sich um eine Berufsgruppe, von der Herr Rock zu Recht gesagt hat, dass sie eigentlich keine Lobby hat, weil sie relativ klein ist. Es gibt bundesweit nur 21.000 Hebammen und Entbindungspfleger, und es gibt nur ungefähr 3.000 Personen, die dieses Amt freiberuflich ausüben. Von daher gesehen ist von einem „Lobbydruck“ an der Stelle nicht zu reden. Ich glaube vielmehr, dass diese Gruppe, die wir alle hier sehr wohlwollend angesprochen haben, es verdient hat, dass der Hessische Landtag sagt: Wir haben gesehen, ihr habt ein elementares Problem; wir nehmen es ernst, wir werden es bearbeiten. – Das haben wir mit dem ersten Satz dieses Antrags zu sagen bezweckt. Ich finde das richtig und gut so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Hebammen und Entbindungspfleger haben zu Recht ein hohes Ansehen in der Gesellschaft und in der Bevölkerung. Sie arbeiten auf einer sehr vertrauensvollen Ebene sehr nah mit jungen Familien zusammen. Sie sind für viele Herausforderungen offen, die sich den Familien durch die Geburt eines neuen Familienmitglieds stellen, und sie haben einen anderen Zugang zu diesen Familien als Gynäkologen und Ärzte. Deshalb entscheiden sich viele werdende Mütter für Geburtshäuser, und es entscheiden sich viele werdende Mütter auch dafür, mit ihrer Hebamme ein solches enges Verhältnis einzugehen. Die Vertrauensbeziehung, die sich da entwickelt, ist auch der Grund dafür, warum wir z. B. das Konzept der Familienhebammen haben. Wir wissen nämlich: Da gibt es einen sehr einfachen, einen sehr niederschwelligen Zugang, der emotionale Bindung beinhaltet. Deshalb ist es wichtig, dass wir diesen Berufsstand in der Bundesrepublik und insbesondere hier in Hessen aufrechterhalten und den Hebammen und Entbindungspflegern sagen: Wir wollen euch auch weiterhin haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und des Abg. René Rock (FDP))

Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben gesagt, der Kostendruck unter dem die Hebammen stehen, sei enorm. Der Haftpflichtversicherungsbeiträge haben sich in den letzten zehn Jahren mehr als verzehnfacht. Das kann mit keiner Budgeterhöhung aufgefangen werden. Herr Rock, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass da auch Vergütungsregelungen nicht weiterhelfen können, denn den Kostendruck, der da entsteht, kann keine Hebamme weitergeben. Das hängt auch damit zusammen, dass es nicht möglich ist, weitere Einsparungen vorzunehmen. Es ist ein ganz massiver Kostendruck, und viele Hebammen haben sich bereits aus der Geburtshilfe verabschiedet.

Diesem Kostendruck muss man etwas entgegensetzen. Nachdem sich jetzt die Nürnberger Versicherung aus der Gruppenversicherung verabschiedet, haben wir das Problem noch deutlicher vor die Füße geschoben bekommen. Jetzt muss gehandelt werden. Die interministerielle Arbeitsgruppe, die es auf Bundesebene gibt, muss endlich in die Puschen kommen, damit wir dieses Problem lösen können. Frau Schott, unser Problem hier in Hessen ist ja, dass wir an dem Punkt gar nicht selbst agieren können. Wir können im Grunde nur an die Bundesebene appellieren, sich endlich zu bewegen. Wir können außerdem unseren Sozialminister bitten, auf der Bundesebene für uns tätig zu werden und zu sagen: Leute, bewegt euch mal, kommt in die Puschen. – Diese Bemühungen wollen wir im Sozialausschuss eng begleiten und bitten, dass wir hierzu Berichte bekommen, um zu sehen, wo sich etwas bewegt. Die Lösungen sind leider nicht so einfach, wie Sie das mit Ihrem Antrag suggerieren, Frau Schott.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es gibt viele verschiedene Ansätze, wie man dieses Haftungsproblem lösen könnte. Sie haben sich für einen Haftungsfonds entschieden, der staatlich finanziert wird. Zumindest steht es so in Ihrem Antrag. Man könnte auch überlegen, ob man die Haftungssumme deckelt und damit eine Versicherung wieder möglich macht. Die Versicherer haben sich nämlich nicht aus purem Profitinteresse aus der Versicherung zurückgezogen, sondern die Gruppe der Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmern ist relativ klein. In Hessen sind es ungefähr 150 Personen, die freiberuflich tätig sind. Bei diesen 150 Personen lässt sich die Versicherungssumme auch bei Gutwilligkeit nicht refinanzieren. Deshalb muss man eine andere Lösung finden. Ein Weg könnte sein, die Versicherungssumme zu deckeln.

Ein anderer Weg könnte sein, die Berufshaftpflicht auf eine größere Gruppe zu erstrecken. Es gibt in einem Krankenhaus ja viele Probleme. Sie haben das kurz angetippt, Herr Dr. Spies. Auch die Ärzte haben mit insgesamt steigenden Versicherungssummen zu rechnen. Das ist also nicht nur ein Problem der Hebammen, sondern auch ein Problem der Gynäkologen. Auch bei denen steigen die Versicherungssummen, auch da muss etwas getan werden. Deshalb könnte man versuchen, eine gemeinsame Haftpflicht zu initiieren, um die Solidargemeinschaft zu vergrößern.

Alle diese Ansätze stehen im Raum. Man muss über sie nachdenken. Vor allen Dingen muss jetzt aber etwas passieren. Wir müssen sehen, dass wir zu Lösungen kommen und dass auch auf Bundesebene im Interesse von Hessen gehandelt wird.

Herr Grüttner, ich bin mir bewusst, dass wir Ihnen keine leichte Aufgabe nach Berlin in die Arbeitsgruppe mitgeben, in dem Sinne für uns tätig zu werden. Wir werden das aber eng begleiten und dafür sorgen, dass auch in Hessen freiberufliche Hebammen und Entbindungspfleger künftig ihre Arbeit anbieten können.

Ich glaube, das ist eine wichtige Aufgabe, die wir hier zu leisten haben. Wir möchten sie auch durchsetzen. Ich bin mir sicher, wir werden eine Lösung finden, auch wenn sie nicht ganz so einfach ist, wie es in dem Antrag der LINKEN angeklungen ist.

Ich würde mich freuen, wenn wir im Ausschuss tatsächlich mit großer Mehrheit zu einem gemeinsamen Antrag kämen. In dem Sinne freue ich mich auf die Beratungen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön.

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