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03.02.2011

Sarah Sorge: Hochschulpakt neu verhandeln

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir konnten heute Morgen in der Zeitung lesen, dass die EBS vom Land Hessen zwar mit Millionen Euro unterstützt wird, aber noch gar nicht als Universität anerkannt ist. Das ist zunächst nicht so dramatisch. Das Dramatische ist, dass die Höhe der öffentlichen Finanzierung der EBS seit Jahren in der Kritik ist und dass seit Kurzem Schlagzeilen in den Zeitungen zu finden sind, wo zumindest der Vorwurf erhoben wird, dass der Leiter der EBS nicht ganz korrekt mit Zahlungen an Unternehmen, an denen er beteiligt ist, und öffentlichen Finanzmitteln umgeht. Dass seit dem 22. Dezember bekannt ist, dass die EBS nicht Universität wird – zumindest jetzt noch nicht –, die Ministerin es in diesem Zusammenhang aber nicht für nötig hält, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, ist schon ein ziemlich starkes Stück, Frau Kühne-Hörmann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Ich spreche das in dieser Aktuellen Stunde, in der es ja um die Finanzierung der öffentlichen Hochschulen geht, deswegen an, weil sich schon einen problematischer Zusammenhang ergibt, wenn eine private Hochschule mit weit über 25 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt unterstützt wird, die Mittel für die öffentlichen Hochschulen gleichzeitig aber um 30 Millionen Euro gekürzt werden. Frau Kühne-Hörmann, Sie müssen sich wirklich fragen lassen: Für wen machen Sie hier Wissenschaftspolitik, und was soll das?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Der Präsident der Frankfurter Universität, der zurzeit auch Vorsitzender der Konferenz der hessischen Universitäten ist, hat die Wissenschaftsministerin aufgefordert, den Hochschulpakt neu zu verhandeln, den Hochschulpakt aufzuschnüren. Das ist ein Hilferuf. Der kommt nicht von ungefähr. Wir können uns ja noch an Ihre an die Präsidenten gerichtete Drohung erinnern, wenn diese nicht parieren, wenn sie den Hochschulpakt nicht unterzeichnen, dann haben sie mit weiteren Kürzungen für ihre Hochschulen zu rechnen. Insofern kann man nur sagen: Der Appell der Herrn Präsidenten ist ein Hilferuf, weil den Hochschulen die Finanzmittel fehlen, weil sie nicht mehr wissen, wie sie ihre Studierenden ausbilden sollen, wie sie dem Ansturm der vielen neuen Studierenden Herr werden sollen. Dass Sie auf diesen Hilferuf nur mit einem Schulterzucken reagieren, Frau Ministerin, bedeutet, Sie werden Ihrer Aufgabe wirklich nicht gerecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Die Hochschulen sind seit Jahren unterfinanziert, und sie haben zurzeit mit enormen Problemen zu kämpfen, weil es einen Ansturm von Studierenden gibt – zum einen „hausgemacht“ durch G 8, die Verkürzung der gymnasialen Oberstufe, aufgrund derer jetzt zwei Jahrgänge an die Universitäten kommen, zum anderen infolge der Aussetzung der Wehrpflicht. Man muss aber immer dazusagen: Es ist gesellschaftlich gewollt, dass wir mehr Leute an die Hochschulen bringen. Dieser gesellschaftliche Wunsch wird auch dadurch Realität, dass einfach mehr junge Menschen studieren wollen. Wenn man aber die Mittel für die Hochschulen kürzt und gleichzeitig mehr Menschen an die Hochschulen holt, das bedeutet das, dass sich die Studienbedingungen verschlechtern. Das ist der falsche Weg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bundesbildungsministerin Schavan hat das erkannt. Es gibt ja Verhandlungen zwischen den Ländern und dem Bund, was die Zunahme der Zahl der Studierenden betrifft. Es gibt den Hochschulpakt 2020, den der Bund mit den Ländern geschlossen hat, der aber nicht auskömmlich ist. Das heißt, obwohl es diesen Hochschulpakt gibt, werden die Hochschulen bei jedem Studenten, den sie zusätzlich aufnehmen, ein Minusgeschäft machen. Die Bundesbildungsministerin hat aber in Richtung der Länder sehr deutlich gesagt: Wenn wir hier gemeinsame Sache machen, das gemeinsam finanzieren und dieses Problem gemeinsam lösen wollen, dann vertragen sich Kürzungen in den Landeshaushalten bei den Hochschulen nicht mit der Forderung nach Programmen auf Bundesebene. – Diese Aussage von Frau Schavan kann ich nur unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, wir haben es hier meiner Ansicht nach mit dem Problem zu tun, dass Sie Ihrer Aufgabe nicht gerecht werden. Natürlich haben wir das Problem – darüber haben wir hier schon öfter diskutiert, beispielsweise im Zusammenhang mit der Schuldenbremse –, dass das Geld nicht an den Bäumen hängt, sodass wir es einfach herunterholen können, sondern dass wir schauen müssen, woher wir es bekommen und wie wir es am besten verteilen.

Aber, Frau Ministerin, Ihre Aufgabe ist es doch, zum einen dafür zu sorgen, dass die Hochschulen so finanziert werden, dass sie ihre Arbeit machen können, und zum anderen die Prioritäten in diesem Land so zu setzen, dass die staatlichen Hochschulen ihren Aufgaben gerecht werden. Erst dann kommen die privaten Hochschulen kommen; zunächst einmal haben sie sich hinten anzustellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, daher fordere ich Sie auf: Machen Sie den Hochschulpakt auf. Nennen Sie es von mir aus „Nachverhandlungen“ oder Gott weiß wie. Der Erfinder der Namen für neue Programme ist zwar inzwischen nicht mehr da; aber vielleicht kann er Ihnen trotzdem noch behilflich sein.

Legen Sie ein Programm auf, das dafür sorgt, dass die Hochschulen nicht unter dem Anstieg der Zahl der Studierenden leiden und dass die Studienqualität erhalten bleibt, sodass wir die Türen der Hochschulen nicht verschließen müssen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Sorge.