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14.04.2011

Sarah Sorge: Aktuelle Stunde - Veruntreuung, Verhaftung und Verunsicherung an der EBS – Imageschaden für Prestigeprojekt der Landesregierung

Vielen Dank. – Herr Präsident, meine Damen und Herren, Frau Kühne-Hörmann! Ich will noch einmal ein kleines Stück weiter zurückgehen als der Kollege Grumbach und daran erinnern, wie politisch umstritten diese Finanzierung der neuen Fakultät der EBS von Anfang an war. Es ist zumindest der Opposition, aber auch den staatlichen Hochschulen und der Gesellschaft nicht verständlich, warum der Aufbau einer Juristischen Fakultät einer Privathochschule mit 25 Millionen Euro subventioniert werden muss, während gleichzeitig die Privathochschulen des Landes – alle zusammen – ungefähr lediglich 3 Millionen Euro bekommen und vor allem die staatlichen Hochschulen um 30 Millionen Euro gekürzt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Da das alles so unverständlich ist und Sie es bislang nicht erklären konnten, hat sich von Anfang an der Verdacht genährt, dass es noch andere Interessen gibt, die hier im Spiel sind.

Hier müssen wir jetzt wirklich fragen, was die Landesregierung bewegt, nach wie vor in dieser Art und Weise hinter dem Aufbau zu stehen und zu sagen, dass dies der richtige Weg sei. Wenn wir hören, was in den letzten Monaten und Wochen in den Zeitungen zu dieser European Business School stand – Veruntreuung, teilweise Verhaftung und Wiederfreilassung –, dann stelle ich fest: Das führte nicht nur an der EBS selbst zu einer totalen Verunsicherung, sondern an allen Privathochschulen und natürlich in der Öffentlichkeit, weil keiner nachvollziehen kann, was hier los ist.

Es ist eine sogenannte „Elite-Hochschule für angehende Manager“, wie sie sich selbst bezeichnet. Wir haben es hier mit einem bisherigen Leiter dieser Hochschule zu tun, der 17 Unterfirmen hat, ein absolut undurchsichtiges Geflecht an Firmen, und der unter dem Verdacht steht, aus diesen Firmen heraus Rechnungen an die EBS gestellt zu haben. Was für uns zusätzlich relevant ist, ist, dass es nicht klar ist, ob bei dieser Veruntreuung auch staatliche Gelder dabei sind.

Frau Kühne-Hörmann, es ist unverständlich, dass Sie sich hier einfach nur als Wirtschaftsprüferin gerieren und nicht die politische Verantwortung für diesen Skandal übernehmen, und das ist ein Skandal in sich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wenn man die Zeitungen liest, dann glaubt man wirklich, dass man es hier mit einem Wirtschaftskrimi zu tun hat. Ich glaube, es wird nicht lange dauern, bis irgendein Autor das in einen Roman aufnimmt. Herr Grumbach hat es schon angedeutet. Inzwischen sind nicht nur Ermittlungen gegen Herrn Jahns, den Leiter, aufgenommen worden, sondern auch gegen Teile des Aufsichtsrats. Es ist wirklich spannend, was bei den staatsanwaltlichen Ermittlungen noch rauskommt.

Wie gesagt, es geht hier nicht nur um einen Imageschaden der EBS selbst, sondern auch um einen deutlichen Imageschaden der Landesregierung, weil sie so sehr mit dem Ausbau der Juristischen Fakultät der EBS verbunden ist.

(Zuruf es Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

– Herr Dr. Wagner, ich bedauere es nicht, dass die Landesregierung einen Imageschaden erhält. Das ist mir nur recht, das stimmt. Was ich aber bedauere, ist, wie die Landesregierung mit diesem Konflikt umgeht. Das bedauere ich wirklich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie müssen sich einmal überlegen, es ist nicht sehr lange her, dass wir alle erschrocken auf die Finanzmärkte weltweit geschaut haben. Wir haben uns alle gefragt, was an den Börsen und den dafür Ausgebildeten los ist. Wir haben uns alle gefragt, welche Instrumente wir einführen können, damit eben diese Skandale, Verwirrungen und undurchsichtigen Finanzströme nicht mehr so verzwickt werden können, sodass wir es mit einer Riesenfinanz- und -wirtschaftskrise zu tun haben. Da sind eben auch diejenigen, die die Finanzelite der Zukunft ausbilden, nachdenklich geworden, und es gab in diesen Zeiten an den MBA-Schools, an den Hochschulen für Wirtschaft, Diskussionen, und es wurde überlegt, ob wir hier so etwas Ähnliches wie einen Hippokratischen Eid brauchen, den es bei Ärztinnen und Ärzten gibt.

Meine Damen und Herren, das wirklich Absurde ist, dass Herr Prof. Jahns an der Spitze dieser Bewegung stand und sagte: „Ich will meine Studierenden in Zukunft mit ethischen Grundvorstellungen ausbilden.“

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU)

Auf der Homepage der EBS steht nach wie vor – ich zitiere –:

Der „Hippokratische Eid“ für Manager verpflichtet Führungskräfte und Absolventen von Business Schools weltweit auf einen gemeinsamen Code of Ethics und soll das Bewusstsein für Werte wie Anstand, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Verantwortung wieder mehr schärfen.

Der Global Business OATH wurde anlässlich des Weltwirtschaftsforums 2009 in Davos von der Gruppe der Young Global Leaders – unter ihnen der EBS-Präsident Christopher Jahns – ins Leben gerufen. Wenn man das heute auf dieser Homepage liest und kein einziges Wort zu den aktuellen Skandalen und zum Rücktritt des Präsidenten liest, dann fragt man sich wirklich, wo es mit der ethischen Verantwortung dieser Hochschule und dieser Landesregierung hingeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will mich jetzt einmal auf das Verhalten der Landesregierung konzentrieren. Frau Kühne-Hörmann hat sich jetzt schon zweimal im Ausschuss dergestalt geriert, dass sie sagt, sie werde diese Zwischenbescheide auch extern prüfen lassen, und – Zitat –: „Alle anderen Dinge sind nicht Prüfungsgegenstand“. Frau Kühne-Hörmann, das reicht wirklich nicht aus. Wir haben es hier mit einem Skandal an der Spitze der Hochschule zu tun. Wir haben es aber auch mit anderen moralischen Entgleisungen zu tun.

Beispielsweise haben wir eine Feier erleben dürfen – ich war nicht anwesend, aber viele andere hier im Haus waren anwesend –, eine Einweihungsfeier „Wir sind Uni“ im Kurhaus, und wir haben Werbekampagnen erlebt. Die Busse haben wir alle gesehen, die durch Wiesbaden fuhren. Dort stand „Wir sind Uni“. Dann dürfen wir Monate danach erfahren, dass das noch gar nicht der Fall ist. Da muss man doch einmal aufpassen, auf welche Werbeveranstaltungen man geht und wie diese Hochschule in der Öffentlichkeit auftritt.

Es sind schon 17 Millionen Euro von den versprochenen 25 Millionen Euro an die EBS geflossen. Jetzt stellt sich die Frage: Für was wurden diese Mittel ausgegeben? Wurden diese Mittel auch in die Machenschaften des Herrn Jahns verstrickt? Dann hieße das für mich, dass es auf jeden Fall einen sofortigen Stopp weiterer Mittel geben muss und man dieses ganze Projekt noch einmal überdenken muss. Aber wir müssen auch prüfen, ob in diesen 17 Millionen Euro Gelder für die Werbekampagne in den Bussen und den Zeitungen sowie für diese Einweihungsfeier enthalten sind, weil das aus meiner Sicht nun wirklich keine staatliche Aufgabe wäre.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Nun hat die Ministerin im Wissenschaftsausschuss angekündigt, dass wir zeitnah alle Schritte, die an der EBS finanziert werden sollten, belegt bekommen. Sie hat angekündigt, dass wir belegt bekommen, für was diese Gelder gezahlt wurden. Sie hat gesagt, das sei vereinbart worden. Es gibt eine Schritt-für-Schritt-Vereinbarung, was von der EBS geleistet werden sollte und was dafür finanziert werden sollte. Der Ausschuss hat letzten Mittwoch getagt. Wenn diese Vereinbarung schwarz auf weiß schon so lange existiert, Frau Kühne-Hörmann, dann frage ich mich, warum wir bis heute nicht einmal diese Liste zur Verfügung gestellt bekommen haben. Es ist wirklich ein Skandal, wie Sie mit diesem Skandal umgehen. Sie vertuschen, Sie fühlen sich nicht zuständig. An der EBS sind Studierende, die für die Zukunft dieses Landes ausgebildet werden. Genau dafür sind Sie zuständig – für die akademische Zukunft dieses Landes.

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Sarah Sorge:

Danke, Herr Präsident. Mein letzter Satz. – Ich fordere Sie auf: Werden Sie dieser Aufgabe endlich gerecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Sorge.