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04.02.2016

Priska Hinz, Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es stellt sich aus meiner Sicht auch die Frage, ob dieser Gesetzentwurf der LINKEN und der Antrag der SPD zur gegenwärtigen Situation auf dem Wohnungsmarkt passen und ob es die richtigen Instrumente sind, die wir im Moment zusätzlich brauchen.

Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass sich der spekulative Leerstand erhöht hat – ganz im Gegenteil. Wir hatten das Gesetz über das Verbot der Umwandlung von Wohnungen in Büro- oder Gewerberäume. Heute haben wir eine ganz andere Situation in Hessen – vor allen Dingen im Rhein-Main-Gebiet.

Dort haben wir ein hohes Überangebot an Büroräumen. Die Kollegin Feldmayer hat bereits darauf hingewiesen. Allein im Frankfurter Stadtgebiet stehen schätzungsweise 1,5 Millionen m² Bürofläche leer. Deswegen werden Büroflächen derzeit in Wohnungen umgewandelt – in Frankfurt z. B. jedes Jahr mindestens 500 Büros in Wohnungen. Seit 2008 wurden auf diesem Weg mehr als 3.500 Wohnungen gewonnen.

Auch die soziale Wohnraumförderung profitiert davon, dass Büro- und Gewerbeflächen umgewandelt werden. Zwei aktuelle Beispiele: Das ehemalige Gebäude des Arbeitsgerichts in Wiesbaden wird gerade in 87 Studentenapartments umgebaut, und in Offenbach entsteht auf dem alten Gelände von MAN Roland ein neues urbanes Quartier mit 172 Wohnungen, darunter 50 geförderte Sozialwohnungen. Das ehemalige Siemens-Gelände in Frankfurt wird momentan bebaut – unter anderem durch die Nassauische Heimstätte –, ebenfalls mit einem hohen Anteil an Sozialwohnungen.

Sie sehen also: Die Umwandlung von Büro- und Gewerberaum in Wohnraum leistet einen wichtigen Beitrag zur Verringerung des Wohnungsmangels, gerade auch für Menschen, die zu wenig Geld haben, um sich hochpreisige Wohnungen zu leisten. Deswegen ist es höchst fraglich, ob es des Gesetzentwurfs bedarf, den DIE LINKE hier vorgelegt hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Heinz Lotz (SPD))

Auch der Leerstand von Wohnraum ist auf angespannten Wohnungsmärkten kein Thema. Vor allen Dingen in Südhessen haben wir eine Leerstandsquote von weit unter 3 Prozent. Das heißt, wir haben in diesen Regionen keinen nennenswerten spekulativen Leerstand. Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

Die Landesregierung hat eine Reihe von wirkungsvollen Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Mieterinnen und Mieter in Hessen besser zu schützen. Zum Beispiel die Kappungsgrenzenverordnung: In 29 Gemeinden darf dabei die Bestandsmiete innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als 15 Prozent bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete steigen. Oder die neue Mietpreisbremse, die in 16 Kommunen gilt: Die Miete darf bei der Wiedervermietung von Wohnungen um maximal 10 Prozent steigen.

Wissen Sie, was das jeweilige Kriterium ist, damit diese Verordnungen greifen? – Die Leerstandsquote. Die muss gering sein, denn das ist ein Ausdruck von Wohnraummangel. Deswegen würde Ihr Gesetzentwurf dort, wo Sie, indem Sie die Umwandlung verbieten, so tun, als müsste man zusätzlichen Wohnraum schaffen – nämlich im Rhein-Main-Ballungsraum –, gar nicht greifen. Daher ist Ihr Gesetzentwurf in der Wirkung höchst fraglich.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr verehrte Abgeordnete, wir haben auch die Kündigungssperrfristverordnung verlängert. Sie bietet guten Schutz in neun hessischen Kommunen, in denen bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen – bei Kündigungen – eine verlängerte Kündigungsfrist von fünf Jahren gilt.

Die Stadt Frankfurt hat Erhaltungssatzungen als Milieuschutzsatzungen beschlossen. Das heißt, auch hier gibt es zusätzlichen Schutz. Ich glaube, dass wir diese Wirkungen erst einmal abwarten sollten, bevor wir wiederum zu neuen Instrumenten greifen. Wir haben innerhalb von zwei Jahren viel Neues auf den Weg gebracht. Ab Juli greift auch die Fehlbelegungsabgabe, mit der die Kommunen zusätzlich wieder Wohnraum fördern können. Ich glaube, dass darauf in den nächsten Jahren das Hauptaugenmerk liegen muss.

Wir brauchen Zuschüsse und Darlehen dafür, dass zusätzliche Wohnungen gebaut werden können. Das ist der Hauptfokus unserer Anstrengungen in der nächsten Zeit. Ich bin den Mehrheitsfraktionen im Landtag sehr dankbar, dass sie mir für diese Wahlperiode 1 Milliarde € zur Verfügung stellen, um damit „hoffentlich“ etwa 10.000 Wohnungen in der sozialen Wohnraumförderung zu bauen. Dazukommt auch die Wohnungsbautätigkeit der Nassauischen Heimstätte, die gerade im Ballungsraum zusätzlich bezahlbaren Wohnraum schaffen soll. Ich glaube, das sind die wirkungsvollsten Instrumente, die wir derzeit haben und die wir zunächst einmal einsetzen sollten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus haben wir die „Allianz für Wohnen in Hessen“ eingerichtet. Dort wird nicht nur über Instrumente diskutiert, z. B. wie man kostengünstiger bauen kann – eventuell auch durch standardisiertes Bauen – oder wie man zu mehr Flächen, gerade im Ballungsraum, kommt, damit dort zusätzliche Wohnungen gebaut werden können.

Es gibt auch noch einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Thema „steuerliche Anreize für Investoren zur Schaffung zusätzlichen Wohnraums“. Auch diesen werden wir konstruktiv begleiten.

Ich glaube, dass dieser Fächer von Instrumenten, den ich jetzt aufgemacht habe, Ihnen zeigt, wie viele Anstrengungen bereits unternommen werden. Wir sollten jetzt erst einmal die Wirkungen in der Konsequenz abwarten, bevor wir am Ende Instrumente in die Hand nehmen, die zum Gegenteil führen, nämlich dazu, dass Investoren eher abgeschreckt werden. Ich glaube, dass wir in der Anhörung und in der Auswertung im Ausschuss noch genügend Gelegenheit haben werden, vertiefend darüber zu diskutieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.

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