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17.07.2014

Priska Hinz: EU-Schulobstprogramm

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die EU hat dieses Programm – es ist vorhin schon von einer Rednerin gesagt worden – vor allen Dingen als Marktanreiz-Programm aufgelegt. Das heißt, die EU will damit die Vermarktung von Obst ankurbeln.

Das ist das originäre Interesse. Etwas anderes könnte sie auch nicht, weil sie gar nicht zuständig ist für Schulen und für Bildung. Interessant ist auch, dass die EU jetzt die Komplementärfinanzierung hochgesetzt hat. Da muss man sich doch einmal fragen, warum. Anscheinend ist das Programm nicht so gut angekommen, wie die EU gedacht hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Programm gilt nicht nur für die Bundesrepublik, sondern für ganz Europa, sonst wäre es kein EU-Programm. Es ist nicht so gut angekommen, sonst wäre die Finanzierung nicht umgestellt worden.

Ich möchte hier noch einmal deutlich machen, dass es eben nicht darum geht, mit einem solchen Programm, wie das in manchen Redebeiträgen der Opposition immer wieder gesagt wurde, allen Schülerinnen und Schülern in Hessen kostenlos einen Apfel zur Verfügung zu stellen, sondern es ging darum, dass man etwa 30.000 Äpfel, was auch schon eine enorme Summe ist, zur Verfügung stellen könnte. Aber wir haben 600.000 Schülerinnen und Schüler in der Grundschule und der Sekundarstufe I. Jetzt möchte ich wissen, wie das dazu beitragen soll, Ernährungsprobleme, Übergewicht und Armut zu verhindern, wenn man sich fragen muss: Wie schafft man es, 30.000 Portionen Obst an 600.000 Schülerinnen und Schüler zu verteilen?

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Es gibt also die Fragen: Wer kriegt das Obst? Welche Schulform wird bevorzugt? Wie wird das Obst regional verteilt? Kriegen es dann die Kinder, die gerne Obst essen und sowieso schon daran gewöhnt sind? Wie macht man das? – Ich glaube nicht, dass unsere Schulen das im Moment als das Hauptproblem haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor allem glaube ich nicht, dass man damit insgesamt das Ernährungsverhalten verändern kann, und darum muss es uns doch gehen: Wie kann man das Ernährungsverhalten bei den Familien, bei den Kindern und Jugendlichen verändern?

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Wir haben nicht nur theoretische Programme. Wir haben ganz viele Programme im Lande Hessen auf den Weg gebracht, die dazu führen, dass Kinder tatsächlich lernen, wie man einkauft, wie man kocht, wie man isst. Eltern werden auf Elternabenden beraten. Es werden Tage der gesunden Ernährung abgehalten, wo Eltern beteiligt werden. Das scheint mir viel wichtiger zu sein, auch die Unterstützung der Schule durch eine entsprechende Beratung, damit das Schulessen insgesamt besser wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist doch der Punkt. Wo Kinder in Kindertagesstätten sind, wo Essen in Schulen mittags abgegeben wird, muss ein hoher Standard für gesundes Essen bestehen, damit sich tatsächlich ein anderes Ernährungsverhalten einstellt.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

– Nein, das schließt sich nicht aus, Herr Gremmels. Aber wenn ich 1,5 Millionen Euro mit 500.000 Euro gegenfinanzieren muss, wo nehme ich die 500.000 Euro her? Wenn ich dafür sinnvollere Programme im Ernährungsbereich streichen müsste, ergibt das überhaupt keinen Sinn.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Deswegen sage ich ausdrücklich: Lieber unterstütze ich das Kultusministerium und das Sozialministerium bei guten Programmen zur Änderung des Ernährungsverhaltens. Ich unterstütze nicht Bürokratie, die dazu führt – das will ich Ihnen plastisch deutlich machen –, dass die Länder und der Bund Geld an die EU überweisen, die dann bürokratisch festlegt, welche Mittel in welches Land fließen. Wir müssen diese Mittel beantragen, bekommen sie zugewiesen. Dann müssen die Schulen Geld beantragen. Dann müssen wir Verwendungsnachweise machen,

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

und in den Schulen muss geklärt werden, wie die Äpfel an die jeweiligen Schüler kommen und wo die Äpfel eingekauft werden.

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Frau Staatsministerin, ich darf Sie an die Redezeit der Fraktionen erinnern.

Priska Hinz, Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz:

Wenn ich Geld in Höhe dieser Verwaltungskosten hätte und es nicht an die EU abführen müsste, dann könnte ich in Hessen zusätzliche Programme für gesundes Essen auflegen. Das wäre allemal besser als das, was derzeit von der EU angeboten wird. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))