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21.03.2013

Monne Lentz: Aktuelle Stunde – Equal Pay Day – Frauen in Hessen verdienen mehr als 22 Prozent weniger als Männer

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute, am 21. März 2013, haben Frauen genauso viel verdient, wie Männer bereits am 31. Dezember 2012 verdient haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Diese Frauen für das gleiche Geld drei Monate länger arbeiten. Ich denke, das ist eine absolute Ungerechtigkeit, die wir so nicht stehen lassen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Sollten wir in diesem Tempo an der Lohnangleichung weiterarbeiten, dann brauchen wir noch gefühlte 3.498 Tage, bis Frauen genauso viel verdienen wie Männer. Schaut man sich den Verlauf der letzten sechs Jahre an, seit es den Equal Pay Day gibt, dann werden wir das vermutlich nie erreichen, denn bisher ist die Situation im Grunde konstant geblieben. 2009 waren wir genauso weit wie heute.

Wenn das die normative Kraft des Faktischen ist, aufgrund derer die Gleichheit der Gehälter erreicht werden soll und von der unser Sozialminister Grüttner sprach, dann zeugt das von einem enormen Desinteresse und einer Ignoranz in Bezug auf die realen Lebensverhältnisse, denen Frauen heute ausgesetzt sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Deswegen fordern wir einen gesetzlichen Mindestlohn, eine Aufwertung von Pflege- und Erziehungsberufen, eine Quote in Vorständen und Aufsichtsräten und natürlich gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir schon dabei sind: Was ist das eigentlich für ein Verfahren, das die Bundesregierung gerade an den Tag legt? In Brüssel durch die Hintertür die Quote in Aufsichtsräten doch noch verhindern zu wollen, das ist ein starkes Stück.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Bei jeder Initiative aus Brüssel sind der Bundestag, die Länder und der Bundesrat aufgefordert, die Übereinstimmung der Vorlagen mit dem Subsidiaritätsprinzip zu prüfen und unsere Bedenken geltend machen. Im Vorfeld kann eine Rüge ausgesprochen werden. Eine solche Rüge gab es in diesem Fall aber nicht.

Unser Europaausschuss hat einvernehmlich beschlossen, dass keine Subsidiaritätsrelevanz vorliegt. Der Bundesrat als Vertreter der Länder hat diesen Vorstoß für eine EU-weite Quote sogar ausdrücklich begrüßt.

Jetzt, drei Monate später, kommt die Bundesregierung und will per Weisung an die Ständige Vertretung in Brüssel eine Sperrminorität im Europäischen Rat gegen die Quote organisieren und diese doch noch stoppen. Was für ein Demokratieverständnis ist das, frage ich?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sie finden das offensichtlich überhaupt nicht problematisch. Aber ich frage: Was für eine Ignoranz ist das, wenn man Frauen verweigern will, dass ihnen die gleichen Rechte, die gleichen Möglichkeiten und die gleiche Bezahlung zukommen, wie Männer sie seit Jahrhunderten für sich einfordern und das einfach leben?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kopfschütteln der Abg. Judith Lannert (CDU))

Wir erwarten, dass die Hessische Landesregierung die Bundesregierung zur Räson bringt und diese Blockadehaltung der Bundesregierung aufhält, denn das ist untragbar. Für einen demokratischen Staat ist dies ein undemokratisches und intransparentes Vorgehen, das in dieser Form nicht toleriert werden kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir kritisieren dieses Verhalten aufs Äußerste und erwarten, dass die Landesregierung das ebenso sieht wie wir. Sie muss es so sehen, denn was ist das für ein Verhalten, was ist es für ein Gefühl, Frauen nicht auf Augenhöhe begegnen zu wollen, sondern sie im Grunde einfach einmal eine Stufe tiefer zu stellen und das generell und per se in Ordnung zu finden?

Laut EU-Kommission sind nur 13,7 Prozent der Mitglieder in Aufsichtsräten Frauen. In Deutschland sind es in den Vorständen sogar nur 4,2 Prozent. Auch hier gilt: Wenn wir in diesem Tempo fortfahren, sind wir in den nächsten 3.000 Jahren immer noch genau dort, wo wir jetzt sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wir sprechen ja schon lange nicht mehr von einer 50-Prozent-Quote, sondern sind schon mit erst einmal 40 Prozent zufrieden. Ist auch das zu viel verlangt?

Ich fasse zusammen: Frauen sind derzeit einfach aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert. Wir fordern die Landesregierung auf, daran zu arbeiten, dass sich das ändert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Lentz.

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