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28.06.2012
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wgner: Aktuelle Stunde - „Schlingerkurs“ nicht auf dem Rücken der Kinder – wie geht es weiter am Gymnasium?

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will dem Kollegen Döweling mit einem Zitat von Andreas Möller aus seiner Orientierungslosigkeit heraushelfen. Ich glaube, das fasst die Position von Herrn Döweling und der Koalition ganz gut zusammen. Andreas Möller, der Fußballspieler, hat einmal gesagt:

Mein Problem ist, dass ich immer sehr selbstkritisch bin, auch mir selbst gegenüber!)

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Herr Kollege Döweling, den Eindruck hatte ich auch bei Ihrer Rede.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

– Genau, auch das passt. – Erst führen Sie G 8 in Hessen ein, erst werden alle Leute beschimpft und zurechtgewiesen, die zu Recht über Jahre hinweg Kritik daran geübt haben, und jetzt stellen Sie sich hierhin und sagen, Sie seien eigentlich die letzten acht Jahre die Speerspitze der Kritik gewesen. Das glaubt Ihnen doch niemand.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Bildungspolitik dieser Landesregierung und die Art und Weise, wie sie sich dazu verhält – das ist das letzte Fußballerzitat; denn eigentlich ist das Thema zu ernst dafür –, lassen sich mit einem Ausspruch von Olaf Thon zusammenfassen:

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Wir lassen uns nicht nervös machen, und das geben wir auch nicht zu.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

„Wir lassen uns nicht nervös machen, und das geben wir auch nicht zu“ – das ist genau das, was zurzeit in der Bildungspolitik dieser Landesregierung stattfindet. – Ich sehe Heiterkeit bei Leuten, die früher die Kultuspolitik in diesem Land verantwortet haben. Frau Wolff, ich kann gut verstehen, dass auch Sie das erheitert, was im Moment hier passiert. Aber eigentlich ist das nicht lustig.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU)

Den Schulen war Ruhe und Verlässlichkeit versprochen worden. Die Schulen sehen sich der vierten Kultusministerin bzw. dem vierten Kultusminister in vier Jahren gegenüber, und sie haben es mit einem heillosen Chaos zu tun, was die gymnasiale Schulzeitverkürzung betrifft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das ist doch ein Stück aus dem Tollhaus: für die Schülerinnen und Schüler, die zurzeit das Gymnasium besuchen und die zu Recht darauf hingewiesen haben, wie hoch die Belastungen im G 8 sind; für deren Eltern, die jeden Tag gespürt haben, was die vermurkste Einführung von G 8 auch für den Familienalltag bedeutet; und für die Vereine in diesem Land, die gemerkt haben, welche Auswirkungen G 8 auf das Vereinsleben hat.

Jetzt heißt es seitens dieser Regierung: Ach, wissen Sie, das war eigentlich nur eine Idee von uns; wir haben Sie zwar in den letzten acht Jahren beschimpft, wenn Sie Kritik geübt haben, aber jetzt machen wir es vielleicht wieder anders. – So kann man Bildungspolitik nicht machen. So kann man mit den Eltern, den Schülern und den Lehrern in diesem Land nicht umgehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wie sollen sich eigentlich die Eltern fühlen, die derzeit für ihre Kinder, die die Grundschulzeit hinter sich haben, eine Entscheidung treffen müssen, wenn ein Ministerpräsident auf einem CDU-Parteitag mir nichts, dir nichts erklärt: „Vielleicht ermöglichen wir jetzt die Wahlfreiheit für die Gymnasien“? Das wurde kurz vor Schuljahresende gesagt, kurz vor der sehr wichtigen Entscheidung, wie es nach den Ferien weitergeht. Wie sollen sich diese Eltern fühlen?

Dann stellt man fest: Der Ministerpräsident hat zwar geredet, aber vorher nicht nachgedacht. Mit seiner Kultusministerin hat er sich schon gar nicht unterhalten. Die Kultusministerin sagt, sie wolle alles ergebnisoffen prüfen. Herr Irmer sagt wiederum: Das muss nicht geprüft werden, das wird gemacht. – Herr Blechschmidt sagt: Das ist die Privatmeinung von Herrn Irmer. – Dann gibt es eine Erklärung der Kultusministerin: Es wird so gemacht. – Anschließend tritt Herr Kollege Döweling ans Rednerpult und sagt: Wir prüfen es vielleicht noch einmal. – So kann man doch keine Bildungspolitik in diesem Land machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Um es hier sehr deutlich sagen: Wir GRÜNE stehen schon seit Jahren für die Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9. Aber man muss es auch so machen, dass es die Schulen nicht verunsichert. Man muss erst denken und ein Konzept vorlegen, und dann darf man reden. Genau das hat die Koalition nicht gemacht, und das zeigt einmal mehr: Regieren muss man nicht nur wollen, regieren muss man auch können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich will auch sehr deutlich sagen: Uns geht es um Verlässlichkeit und um Entwicklungsperspektiven für unsere Schulen. Beides muss zusammenkommen: Verlässlichkeit und Entwicklungsperspektiven. Die Wahlfreiheit ist eine Entwicklungsperspektive. Der Fehler der Regierung ist, dass es durch die schnelle Umsetzung an Verlässlichkeit mangelt.

Der Fehler von anderen Fraktionen in diesem Haus, die hier die generelle Rückkehr zu G 9 propagieren, ist, dass das auch das Gegenteil von Verlässlichkeit wäre, wenn die Politik jetzt allen Schulen von oben wieder überstülpen wollte: „Ihr müsst zurück auf Los; die ganze Arbeit der vergangenen Jahre war umsonst.“ Das funktioniert auch nicht. Deshalb brauchen wir Verlässlichkeit und Entwicklungsperspektiven. Der konstante Faktor in der hessischen Bildungspolitik ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Bauer (CDU): Konstanz in der Opposition ist auch gut!)

Vizepräsident Frank Lortz: 

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner.

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