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12.05.2010
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner zur Änderung des Lehrerbildungsgesetzes und des Schulgesetzes

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten heute zwei Gesetzentwürfe der Fraktionen der CDU und der FDP. Zum einen ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes und ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes. Ich will zunächst auf die vorgeschlagenen Änderungen im Hessischen Lehrerbildungsgesetz eingehen.

In § 3 wird ein neuer Abs. 4 eingefügt. Herr Kollege Herr, jetzt müssen wir schon darüber sprechen, das haben Sie relativ wenig getan, warum diese gesetzliche Änderung notwendig ist. Diese gesetzliche Änderung ist notwendig, weil das bisherige Seiteneinsteigerprogramm der Landesregierung von Gerichten für unzulässig erklärt wurde. Die Landesregierung ist also mit ihrem bisherigen Seiteneinsteigerprogramm vor Gerichten gescheitert. Nur deshalb müssen wir heute über eine Änderung des Lehrerbildungsgesetzes beraten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist gut, dass Sie der Aufforderung der Gerichte nachkommen wollen, für Ihr Handeln auch eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Wir werden in den Beratungen mit den Anzuhörenden sehr sorgfältig prüfen, ob diese Gesetzesänderung ausreichend ist. Aber die entscheidende Frage an dieser Stelle ist die Ausgestaltung – also welche Qualifikation erfahren Seiteneinsteiger, die in den Schuldienst kommen? Das wird die entscheidende Frage sein. Wie können Sie in etwa gleich qualifiziert werden mit Lehrerinnen und Lehrern, die eine sehr qualifizierte Ausbildung machen. Das werden wir im Ausschuss sehr differenziert diskutieren müssen. Es kann nicht sein, dass wir durch diese Gesetzesänderung „Billiglehrer“ oder Lehrer zweiter Klasse bekommen, die nur eine sehr zweifelhafte Ausbildung haben und die dann in den Schulen unsere Schülerinnen und Schüler unterrichten. Das werden wir im Ausschuss noch sehr genau besprechen.

Auch bei der Notentabelle gibt es eine kleine, aber wichtige Änderung, und auch hier bestehen Zweifel – auch das hat Herr Kollege Herr schon eingeräumt –, ob sie wirklich ausreicht. Aber immerhin wird das, was die Oppositionsfraktionen in diesem Landtag schon lange kritisiert haben, dass diese Notentabelle, wie sie bisher war, schlicht und ergreifend Unsinn und ungerecht war, zumindest an einer Stelle korrigiert. Wir wollen das anerkennen, ob es wirklich ausreicht, werden wir sehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zum zweiten Gesetz, zur Änderung des Schulgesetzes. Da wird es interessant. Da heißt es im Gesetzesdeckblatt: „Das Hessische Schulgesetz muss den Regelungen der ,Verordnung zur Änderung von Verordnungen zum verkürzten gymnasialen Bildungsgang’… angepasst werden.“ Ich dachte immer, Verordnungen folgen Gesetzen und nicht umgekehrt. Also hier werden der normale Verwaltungsablauf und das Verhältnis von Gesetzen und Verordnungen umgekehrt. Auch hier gilt für das, was Sie schreiben, schlicht und ergreifend: Sie hatten keine gesetzliche Grundlage für das, was Sie getan haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist gut, dass Sie das jetzt nachholen wollen. Es ist gut, dass wir Veränderungen an dem völlig verkorksten G 8 vorgenommen haben. Aber wir wollen noch einmal festhalten: Sie haben das G 8 völlig überstürzt in Hessen eingeführt. Sie haben es dann völlig überstürzt ändern müssen. Sie hatten dazu keine Rechtsgrundlage. Vernünftige, seriöse Schulpolitik sieht sicher anders aus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Meine Damen und Herren, dann wollen Sie in diesem Gesetz den Anmeldetermin für die Schule vorverlegen. Das trifft ausdrücklich auf unsere Unterstützung – auch wenn wir bei dem Zusammenhang, in dem Sie das tun, nämlich beim Schulvorbereitungsjahr, eine andere Konzeption verfolgen. Dass aber Kinder, die sich für die Schule anmelden und vorbereiten, noch früher an diesem Anmeldetermin für die Schuleingangsuntersuchung teilnehmen, sodass man sehr früh eventuell vorhandene Qualifikationsdefizite feststellen und den Eltern eine vernünftige Rückmeldung geben und diese eventuell vorhandenen Defizite bearbeiten kann, das trifft natürlich auf unsere Unterstützung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann versuchen Sie in Ihrem Gesetzentwurf die Verschlechterungen der Rahmenbedingungen für die Integrierte Gesamtschule zu verstecken. Ich finde, es ist ein ziemlich unglaublicher Vorgang, dass die erste Gesetzesänderung einer sich selbst als liberal bezeichnenden Ministerin, die hier von den die Ministerin tragenden Fraktionen vorgestellt wird, eine zutiefst illiberale Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Integrierten Gesamtschulen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wieso kehren Sie wieder zu dem zurück, zu glauben, es im Kultusministerium oder hier mit der Mehrheit im Landtag besser zu wissen als die Schulgemeinden vor Ort? Wieso können Sie es nicht akzeptieren, dass Schulgemeinden vor Ort in eigener Verantwortung entscheiden, dass Sie eine zweizügige Integrierte Gesamtschule gründen wollen? Wieso können Sie nicht endlich Ihren Frieden mit dieser Schulform machen, meine Damen und Herren von CDU und FDP?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

– Herr Kollege Greilich, es geht um den Elternwillen. Die Eltern sind Fraus und Manns genug, zu entscheiden, welche Schule sie vor Ort für Ihre Kinder wollen, da brauchen Sie keine Bevormundung von CDU und FDP und künstliche Hürden zur Gründung von Integrierten Gesamtschulen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, ich muss Ihnen wirklich sagen – Sie sind auch Mitglied der Fraktion –: Ich finde es wirklich enttäuschend, nachdem was Sie im Wahlkampf über den Elternwillen und zur freien Entscheidung der Schulgemeinden vor Ort gesagt haben und was Sie nun im Amt als Kultusministerin über Eigenverantwortlichkeit sagen, dass der erste Gesetzentwurf all das, was Sie einmal gesagt haben, nun wirklich mit Füßen tritt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Begründung, die im Gesetz steht und die Herr Kollege Herr hier vorgetragen hat, ist nun wirklich absolut nicht stichhaltig. Sie wollen den Eindruck erwecken, dass man mit einer Zweierdifferenzierung an integrierten Gesamtschulen nicht vernünftig arbeiten kann. – Meine Damen und Herren, schauen Sie sich die integrierten Gesamtschulen in unserem Land an. Viele arbeiten sehr gut mit einer Zweierdifferenzierung und haben sehr gute Ergebnisse. Warum wollen Sie das den Schulen vorenthalten, die sich jetzt neu gründen wollen? Das Argument, das Sie hier bringen, ist nicht stichhaltig. Sie können nicht verbergen: Sie haben aus ideologisch motivierten Gründen etwas gegen integrierte Gesamtschulen. Aber mit der Sache hat das absolut nichts zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Der Vorgang ist umso ärgerlicher, weil angesichts des demografischen Wandels, angesichts zurückgehender Schülerzahlen gerade im ländlichen Raum oftmals die integrierten Systeme die einzige Chance sind, um ein wohnortnahes Schulangebot aufrechtzuerhalten, und oftmals sich die Eltern und die Schulgemeinden vor Ort genau ein solches wohnortnahes Angebot wünschen. Mit Ihrem Gesetzentwurf machen Sie es schwerer, ein wohnortnahes Schulangebot in Hessen zu erhalten – aus rein ideologischen Gründen.

Es ist die Rückkehr des Geistes von Karin Wolff in Gestalt von Frau Henzler, was hier vorgelegt wird. Das wird nicht unsere Zustimmung treffen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

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