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13.05.2009
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner zum Haushalt - Einzelplan 04 - Hessisches Kultusministerium

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will mit einer Frage anfangen, die heute in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ stand.

(Zurufe von der CDU: Minister Michael Boddenberg – Minister Stefan Grüttner – Abg. Peter Beuth )

– Entschuldigung, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Herr Grüttner, dass Sie die Frage stellen, ob ich meiner Zeit voraus bin, zeigt, dass Sie unterstellen, dass das so ist. Ich bedanke mich für diese Unterstützung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich zitiere:

Jahrelang, als Sie noch bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion waren

– die Frage ging an Frau Henzler –

lagen Ihre und die Positionen der GRÜNEN nicht weit auseinander. Jetzt kritisieren die GRÜNEN Sie besonders hart … Was ist da los?

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP) – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Rentsch, ich finde, diese Frage muss heute hier beantwortet werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Frau Ministerin, zunächst würden wir beide wert darauf legen, dass wir zwar manche Gemeinsamkeiten in Oppositionszeiten hatten, aber doch auch deutliche inhaltliche Unterschiede.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich glaube, darauf würden wir beide wert legen. Aber was ist da los, dass sich jetzt die Wege doch deutlich auseinanderentwickeln? – Das ist relativ einfach. Frau Ministerin, wir waren uns in der Vergangenheit, als Sie noch bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion und in der Opposition waren, einig in der Kritik an manchen Fehlern der CDU-Bildungspolitik. Da waren wir uns einig. Wir werden uns auch weiter einig bleiben, wenn Sie diese Fehler angehen. Wenn Sie diese Fehler bearbeiten, dann werden Sie weiter unsere Unterstützung haben. Aber wenn es so weitergeht, wie es begonnen hat, dass Sie als Ministerin von den Fehlern der CDU nichts mehr wissen wollen und diese Fehler fortsetzen, dann wird das auch weiter auf unsere entschiedene Kritik stoßen, Frau Ministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Frau Ministerin, Sie haben unsere Unterstützung, wenn Sie mehr für individuelle Förderung tun wollen. Sie haben unsere Unterstützung, wenn Sie mehr für Ganztagsschulen tun wollen. Sie haben unsere Unterstützung, wenn Sie etwas dagegen tun wollen, dass viele Schülerinnen und Schüler unsere Schulen ohne Abschluss verlassen. Aber Sie müssen etwas tun, Frau Ministerin. Dass Sie mit diesem Haushalt nichts tun, das ist Teil der Kritik, die auch schon meine Vorredner an diesem Haushalt geübt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Wir haben auch im vergangenen Jahr Konzepte vorgelegt. Die 1.000 zusätzlichen Lehrerstellen, die jetzt im Haushalt stehen, Herr Kollege Rentsch,

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

ist, wenn Sie ehrlich zu sich sind, das, was die GRÜNEN in diesem Hessischen Landtag seit Jahren beantragt haben.

(Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deshalb finden wir das auch gut, dass nach Jahren des Beantragens sich diese 1.000 Lehrerstellen jetzt im Haushalt finden.

Aber schauen wir einmal, was ansonsten aus den Versprechungen der Ministerin in diesem Haushalt geworden ist. 105 Prozent Lehrerversorgung waren versprochen. Frau Ministerin, auch das ist etwas, wo Sie die Unterstützung von SPD und von GRÜNEN hätten. Was findet sich aber im Haushalt? – Nichts, gar nichts, um einen ersten Schritt hin zu 105-prozentiger Lehrerversorgung zu machen. Das wird unsere Kritik finden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Herr Kollege Greilich, Ganztagsangebote haben Sie in Ihrem Koalitionsvertrag stehen. Bis 2015 wollen Sie an allen hessischen Schulen ein Ganztagsangebot haben.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Herr Kollege Greilich, das habe ich doch richtig in Erinnerung. Was steht dazu in diesem Haushalt? – Sie werden im Haushalt 2009 ganze zehn neue Ganztagsangebote genehmigen. Herr Kollege Greilich, wenn Sie in diesem Tempo weitermachen, dann brauchen Sie 100 Jahre, bis Sie das Ziel der Koalitionsvereinbarung erreicht haben. Das werden wir weiter kritisieren. Ein solches Schneckentempo können wir uns nämlich nicht leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Axel Wintermeyer (CDU) und Hans-Jürgen Irmer (CDU))

– Nein, das sagen wir nicht. Ich sagte, Sie würden dann 100 Jahre brauchen. Aber weil die Bürgerinnen und Bürger wissen, Herr Kollege Irmer, dass wir uns ein solches Schneckentempo von Ihnen und von der FDP nicht leisten können, wird es auch bald andere Mehrheiten in diesem Land geben. So einfach ist das.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Von der Ministerin wird viel über die eigenverantwortliche Schule geredet. Frau Ministerin, wenn Sie mit Eigenverantwortung meinen, dass Schulen tatsächlich etwas selbst entscheiden können, dass Schulen tatsächlich die Mittel haben, um etwas selbst entscheiden zu können, auch dann werden wir Sie dabei unterstützen. Wenn aber Eigenverantwortlichkeit weiter die Verwaltung des Mangels ist, des Abschiebens von Verantwortung vom Kultusministerium auf die Schulen, dann werden wir das kritisieren. In diesem Haushalt ist nichts, ist kein einziger Ansatz, um mit diesem Prinzip des Abschiebens der Verantwortung auf die Schulen zu brechen. Da ist überhaupt nichts enthalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Dann erinnern wir uns an ein Versprechen des Kurzzeitkultusministers Jürgen Banzer. Er hatte in Aussicht gestellt, er wolle eine Drittelfinanzierung bei der Schulsozialarbeit. Das ist ein durchaus gutes Ziel. Auch hierzu finden wir in diesem Haushalt nichts. Auch hier sind die berechtigten Erwartungen der Schulträger völlig enttäuscht worden. Bildungs- und Erziehungsplan: das gleiche Bild. Auch hier gibt es sogar eine fraktionsübergreifende Unterstützung. Aber es findet sich in dem Haushalt nichts.

Angesichts dieses enttäuschenden Haushalts werden wir Ihnen sehr konkret zur dritten Lesung unsere Alternativen vorlegen. Wir werden Ihnen zeigen, wie man von den Mitteln her in diesem Haushaltsjahr schon die 105-prozentige Lehrerversorgung realisieren könnte. Dazu werden wir Ihnen Anträge vorlegen. Wir werden auch beantragen, dass mehr als zehn Schulen neu in das Ganztagsschulangebot des Landes aufgenommen werden können, weil wir diese zusätzliche Förderung brauchen. Dieses Mehr an Zeit zum Lernen brauchen wir dringlich. Meine Damen und Herren, da können wir uns dieses Tempo nicht leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Während Sie die Rahmenbedingungen für längeres gemeinsames Lernen verschlechtern, während Sie die Rahmenbedingungen für die integrierten Gesamtschulen mit einer Gesetzesänderung verschlechtern wollen, wollen wir längeres gemeinsames Lernen dort ermöglichen, wo es die Schulgemeinden wollen. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied. Wir stellen die Schulgemeinden, den Elternwillen in den Mittelpunkt unserer Politik. Wir brechen mit der ideologischen Politik, mit der Bevorzugung des dreigliedrigen Schulsystems und mit dem alleinigen Setzen auf das dreigliedrige Schulsystem, wie wir es seit zehn Jahren in Hessen haben.

Wir hätten gehofft, dass wir Sie an unserer Seite haben, Frau Ministerin. Bislang müssen wir leider feststellen: auch hier völlige Fehlanzeige.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

– Herr Greilich, Sie gehen allenfalls voran, indem Sie über Sachen reden, von denen Sie keine Ahnung haben. Das zeigt sich in dieser Debatte sehr gut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vertiefte Sachkenntnis ist manchmal doch hilfreich. Sie verhindert manchmal die muntere Debatte und den munteren Zwischenruf, aber es wäre im Interesse der Schulen ganz gut, wenn wir es hinbekommen könnten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP))

Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende meiner Rede. Herr Staatsminister Grüttner hat mich am Anfang meiner Rede so freundlich begleitet. Deshalb will ich ihn zum Ende meiner Rede freundlich begleiten. Ich hatte ihn gefragt, welche inhaltliche Neuausrichtung es denn notwendig gemacht hat, das Kultusministerium einer neuen Leitung zu übertragen. Darauf antwortet Staatsminister Grüttner in der Antwort auf meine Kleine Anfrage:

Die Übertragung an eine neue Leitung steht nicht im Zusammenhang mit einer inhaltlichen Neuausrichtung.

Meine Damen und Herren, das spricht für sich. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner.

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