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08.05.2012
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner: Reform der Organisationsstruktur der Schulverwaltung

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schulverwaltungsorganisationsstrukturreformgesetz oder in der Abkürzung SchVwOrgRG – das soll es jetzt also richten, meine Damen und Herren von CDU und FDP.

(Heiterkeit des Abg. Ernst-Ewald Roth (SPD))

Das Schulverwaltungsorganisationsstrukturreformgesetz soll jetzt in der hessischen Bildungsverwaltung alles einfacher machen.

(Zuruf von der FDP)

Allein der Name zeigt doch schon: Das glauben Sie doch selbst nicht, meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Schulverwaltungsorganisationsstrukturreformgesetz – –

(Zuruf von der CDU)

– Ich wiederhole noch mal die Abkürzung oder auch den ganzen Titel für den Kollegen: Schulverwaltungsorganisationsstrukturreformgesetz oder kurz SchVwOrgRG.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Herr Kollege Greilich, jetzt wünschen wir uns nun wirklich nicht den früheren Regierungssprecher Dirk Metz zurück. Aber das wäre Herrn Metz nicht passiert, dass man ein Gesetz, das angeblich Verwaltungsvereinfachung bedeutet, so bürokratisch bezeichnet, dass wirklich der Letzte weiß, hier geht es nur um Bürokratie und nicht um Vereinfachung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Der komplizierte Name ist Programm. Sie können es nicht verbergen. Der Name spricht einfach Bände. Durch Ihr Gesetz wird in der hessischen Bildungsverwaltung nichts, aber auch gar nichts einfacher. Es wird alles komplizierter. Die Bürokratie wird nicht verschlankt, sondern es wird eine neue Bürokratie geschaffen. Und an der Spitze der Bürokratie stehen wieder hoch bezahlte Positionen in der B-6- und in der B-3-Besoldung.

Meine Damen und Herren, unsere Schulen brauchen viel. Mehr Bürokratie, neue teure Positionen in der Verwaltung und zentrale Entscheidungsstrukturen – das brauchen unsere Schulen ganz gewiss nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gesetz, was Schwarz-Gelb hier vorgelegt hat, löst kein einziges der vorhandenen Probleme in der Bildungsverwaltung. Es macht nichts für unsere Schulen einfacher – nichts, gar nichts. Es werden lediglich Türschilder ausgetauscht. Aber die eigentlich vorhandenen Probleme werden nicht gelöst.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

– Herr Kollege Rock, was soll denn jetzt besser werden, wenn das Institut für Qualitätsentwicklung nicht mehr Institut für Qualitätsentwicklung heißt, sondern Abteilung des Landesschulamtes? Herr Kollege Rock, was soll denn jetzt eigentlich besser werden, wenn das Amt für Lehrerbildung nicht mehr Amt für Lehrerbildung, sondern Abteilung des Landesschulamtes heißt? Was soll jetzt eigentlich besser werden, wenn 15 Staatliche Schulämter nicht mehr 15 Staatliche Schulämter heißen, sondern 15 Außenstellen des Landesschulamtes?

Sie geben überhaupt keine Antwort auf die strukturellen Probleme. Das Einzige, was Sie tun, ist, eine zentralistische Monsterbehörde mit astronomisch hoher Besoldung für die Leitung dieser Behörde zu schaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Das ist das Einzige, was Sie hiermit machen: nur ein neues Türschild für die bestehende Verwaltung.

(Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP))

– Herr Kollege Döweling, weil Sie gerade so freundlich dazwischen rufen, frage ich jetzt einmal: Wieso hat es eigentlich in der Geschichte dieses Landes, gleich wer den Kultusminister oder die Kultusministerin gestellt hat, noch nie ein Landesschulamt gebraucht? Wieso waren eigentlich alle Kultusminister, bevor die FDP dieses Amt übernommen hat, in der Lage, die Bildungsverwaltung ohne zentralistische Monsterbehörde zu steuern?

Das ist letztlich viel mehr das Eingeständnis, dass Sie schlicht mit der Leitung des Kultusministeriums überfordert sind und jetzt eine neue Verwaltung brauchen, die vor Ihnen noch nie jemand gebraucht hat. Wenn Sie es nicht können, dann lassen Sie die Führung des Kultusministeriums. Aber schaffen Sie nicht neue Behörden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Was wäre jetzt eigentlich zu tun? – Es gibt natürlich Effizienzen in der Bildungsverwaltung zu heben. Es gibt überhaupt gar keinen Grund, auch nur einen einzigen Cent oder einen einzigen Euro in der Bildungsverwaltung ineffizient auszugeben.

Ja, wir müssen daran gehen, die teilweise doppelte Zuständigkeit zwischen Staatlichen Schulämtern und dem Amt für Lehrerbildung aufzuheben. Wir müssen das in einer Einrichtung bündeln, aus unserer Sicht – unser grüner Vorschlag – im Amt für Lehrerbildung. Meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb, aber dafür brauchen wir keine neue Behörde, sondern wir müssen die eine Behörde befähigen, das endlich selbstständig machen zu können.

Was Sie vorschlagen, ist eine neue Behörde, und das Zuständigkeitschaos bleibt gleich, jetzt halt zwischen zwei verschiedenen Abteilungen der gleichen Behörde. Das ist keine Lösung für die Probleme der Schule.

Was sich die Schulen wünschen, ist, dass dieses Ansprechpartnerchaos aufhört, die Zerklüftung zwischen den Budgets von Land und Kommune. Um es gleich zu sagen: Ich rede um die zusätzlichen Budgets und nicht um die Pflichtbudgets. Da wollen die Schulen Unterstützung aus einer Hand. Sie wollen nicht ständig erst einmal fragen müssen, wer zuständig ist.

Deshalb ist es unser Vorschlag: Lasst uns doch die Budgets von Land und Kommune, die zusätzlichen Budgets für die Schulen, weitgehend zusammenfassen. Lasst uns auch die Verwaltungen von Staatlichem Schulamt und kommunalem Schulamt weitgehend kommunalisieren. Dann hätten wir eine Verbesserung für die Schulen, weil wir näher an den Schulen wären und Unterstützung aus einer Hand hätten. Das wäre eine Reform. Dafür braucht man aber keine neue B-6-, B-3- und B-2-Stellen, sondern dafür braucht man einen politischen Gestaltungswillen, der über Postengeschachere hinausgeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau das ist der Unterschied zwischen den Vorschlägen, wie sie die GRÜNEN machen – wie sie teilweise auch die SPD macht – und Ihnen. Sie machen das Kultusministerium zum Selbstbedienungsladen, wo Sie wenige Monate vor Torschluss, wo die FDP vermutlich ab 2014 dem Landtag vielleicht nicht mehr, aber auf jeden Fall der Landesregierung nicht mehr angehören wird,

(Lachen bei der FDP)

heute noch Ihre Leute versorgen wollen.

Das Kultusministerium ist zu schade, als Selbstbedienungsladen für die FDP zu dienen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Greilich, es müsste Ihnen doch hochnotpeinlich sein, dass eine Partei, die angeblich immer den Bürokratieabbau wie eine Monstranz vor sich herträgt, in diesem Landtag keinen Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau einbringt, sondern den Entwurf eines Schulverwaltungsorganisationsstrukturreformgesetzes. Sie wird damit zusätzliche Bürokratie schaffen.

Liebe Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die Rechnung ist ganz einfach. Wenn es Posten für die FDP gibt, ist der Bürokratieabbau nicht so wichtig. So einfach ist das.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dieter Franz und Lisa Gnadl (SPD))

Sie werden damit kein einziges Problem lösen. Sie werden eine zentralistische Monsterbehörde aufbauen. Sie müssen mir das doch einmal erklären: Wie passt die Philosophie der selbstständigen Schule, also Dezentralität und mehr Entscheidungen vor Ort, mit einer Zentralisierung und einer Verwaltung in einer zentralistischen Monsterbehörde mit B-6- und B-3-Stellen zusammen? Das können Sie doch wirklich keinem erklären.

Insofern kann ich sagen: Dieses Gesetzesvorhaben wird keine Probleme lösen. Ich hoffe sehr, dass Sie das noch erkennen werden und die Bildungsverwaltung nicht während der restlichen Zeit Ihrer Amtszeit mit diesem Unsinn beschäftigen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Wagner, vielen Dank.

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