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01.02.2011
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner: Lehrerbildungsgesetz

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kultusministerin, Sie springen mit dem heute hier vorgelegten Gesetzentwurf eindeutig zu kurz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU – Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Deshalb will ich über das reden, was Sie regeln. Aber, Herr Kollege Greilich – weil Sie so freundlich dazwischenrufen –, ich finde, man muss auch über das reden, was Sie nicht regeln.

Wir reden heute hier über die Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes, das Ende des Jahres 2004 verabschiedet worden ist. Im Gesetzesvorblatt des Entwurfs der Landesregierung steht in erfrischender Offenheit geschrieben – das sei zugestanden –, warum sie das machen müssen. Im Gesetzesvorblatt steht – ich zitiere –:

Verschiedene im derzeit geltenden Lehrerbildungsgesetz vom 29. November 2004 … formulierte Regelungen bedürfen zudem der Novellierung. Jene haben sich in der Praxis als nicht optimal erwiesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir wissen, welche Zustände wir in der Lehrerbildung seit dem Inkrafttreten des letzten Gesetzes haben, stellen wir fest: Das ist eine gigantische Untertreibung. Wir haben aufgrund des letzten Lehrerbildungsgesetzes eine völlige Überforderung der Lehrerinnen und Lehrer im Vorbereitungsdienst, eine völlige Überforderung der Ausbilder und eine massive Verschlechterung im Referendariat bekommen.

Herr Kollege Rentsch, jetzt können Sie sagen, Sie waren nicht dabei.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Aber es gehört zur Wahrheit: Wir haben aufgrund dieses Gesetzes in der Lehrerbildung wirklich katastrophale Zustände.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Herr Kollege Rentsch, dass Sie diese katastrophalen Zustände mit Ihrem Gesetzentwurf korrigieren, ist das Einzige. Das finden wir ausdrücklich gut. Aber Sie nehmen eben nur eine Korrektur Ihrer eigenen Fehler vor. Sie versäumen es dagegen, ein umfassendes Konzept zur Reform der Lehrerbildung vorzulegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Rentsch, das genau ist der Unterschied: Sie korrigieren Ihre eigenen Fehler, nicht mehr und nicht weniger. Es ist gut, dass Sie in der zweiten Phase die Fehler der Landesregierung korrigieren. Aber mehr ist es eben nicht, und deshalb reicht es nicht aus.

Es ist doch zwischen allen Bildungsexperten und auch weit über die Fraktionsgrenzen in diesem Haus unbestritten, dass wir einen stärkeren Praxisbezug in der Lehrerausbildung benötigen. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, jetzt frage ich Sie: Sie sitzen seit zwei Jahren in dieser Koalition.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Sie arbeiten seit zwei Jahren an diesem Lehrerbildungsgesetz. Warum sind Sie nach zwei Jahren nicht einmal in der Lage, zu beschreiben, wie ein größerer Praxisbezug in der Lehrerausbildung aussehen soll? Anders ausgedrückt: Frau Kultusministerin, was machen Sie eigentlich den ganzen Tag?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist umso erstaunlicher, dass es nicht klappt, da es doch den Kollegen Irmer und die CDU-Fraktion gibt, die einen Vorschlag haben, wie man in der frühen Phase der Lehrerausbildung mehr Praxisbezug herstellen kann.

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Es ist umso erstaunlicher, weil es doch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gibt, die auch einen Vorschlag hat, wie man zu mehr Praxisbezug in der frühen Phase der Lehrerausbildung kommen könnte. Diese Konzepte liegen vor.

Frau Ministerin, wenn sich in einer bildungspolitischen Frage ausnahmsweise einmal die CDU und die GRÜNEN einig sind, wieso blockieren Sie dann eine sinnvolle Lösung? Es muss doch möglich sein, bei dem Thema voranzukommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

An die Reihen der CDU gerichtet sage ich ausdrücklich: Lassen Sie sich nicht länger von diesem Verein vorführen.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Irmer, wenn Sie in der Lehrerausbildung einen Praxisbezug haben wollen, sage ich Ihnen: Es gibt in diesem Landtag eine Mehrheit für mehr Praxisbezug in der Lehrerausbildung. Wenn diese Kultusministerin nicht die Kraft dazu hat, sollte sich, bei allen Unterschiedlichkeiten, die wir beide ansonsten sehr stark betonen, diese Mehrheit bei dieser einen Frage ihren Weg suchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Da bezeichnet es diese Ministerin als Errungenschaft des jetzt von ihr vorgelegten Gesetzentwurfs – ich habe sehr genau zugehört –, man könne im Referendariat, also am Ende der Lehrerausbildung, nun sehr viel besser feststellen, ob jemand für den Lehrerberuf alle erforderlichen Voraussetzungen hat oder nicht. Am Ende der Ausbildung: Nachdem junge Menschen fünf Jahre lang durch dieses Studium gegangen sind, kann man nun am Ende des Weges feststellen, ob er erfolgreich war oder nicht. Frau Ministerin, warum machen wir es nicht am Anfang? Warum machen wir es nicht in einer frühen Phase der Lehrerausbildung?

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Warum stellen wir das nicht in einem Praxissemester fest, wie es die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und die Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorschlagen? Warum wollen Sie junge Menschen erst durch ein Studium schicken, wenn wir ihnen doch mithilfe eines Praxissemesters sehr früh einen Hinweis darauf geben könnten, ob der Lehrerberuf das Richtige für sie ist oder nicht, und damit den jungen Menschen sehr viel vergeudete Lebenszeit und den Schulen sowie den Schülerinnen und Schülern Schwierigkeiten ersparen könnten? Frau Ministerin, warum machen Sie das nicht? Das ist doch eine ganz einfache Frage.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, es wird sich eine zweite sehr einfache Frage stellen. Da wird es spannend sein, zu sehen, ob Sie zu Ihren Zusagen stehen. Dazu haben Sie in Ihrer Rede nichts gesagt. Ich bitte da die Lehrerverbände und insbesondere die GEW, sehr genau hinzuhören.

Sie haben viele Vorschläge der GEW hinsichtlich der Korrekturen in der zweiten Phase übernommen. Aber die Kolleginnen und Kollegen der GEW und anderer Verbände haben immer darauf hingewiesen, dass, wenn Sie das Referendariat kürzen, die damit verbundenen Einsparungen – man wird dann nur noch 21 statt 24 Monate haben – weiterhin für die Lehrerbildung verwendet werden sollen. Die dann frei werdenden Mittel sollten für eine Stärkung der Mentorinnen und Mentoren verwendet werden. Frau Ministerin, es ist sehr interessant gewesen, dass Sie bei der Einbringung Ihres Gesetzentwurfs diesen Teil, der für die GEW und andere Lehrerverbände sehr wichtig ist, gar nicht mehr erwähnt haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Norbert Herr (CDU))

– Ich bin da sehr gespannt. – Was wird mit diesen 8 Millionen Euro – so hoch ist der Betrag in etwa, über den wir reden – geschehen?

Die Kultusministerin hat vor wenigen Tagen ein Interview gegeben. Sie hat gesagt, es könne im Amt für Lehrerbildung, also bei der Institution, die für die Lehrerbildung zuständig ist, Kürzungen geben. Da können doch sehr große Zweifel angebracht sein, ob der angeblich mit dieser Reform elementar verbundene Teil der Verbesserung bei der Lehrerausbildung tatsächlich kommen wird.

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Wagner, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede.

Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Meine Damen und Herren, wir sagen deshalb: Frau Ministerin, Sie springen zu kurz. Sie haben einmal mehr die Chance zu einer umfassenden Reform im Bildungswesen verpasst. Sie wollen die Fehler korrigieren, die diese Landesregierung gemacht hat. Mit visionärer Bildungspolitik und mit Reformen, die uns weiterbringen, hat das leider nichts zu tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Wagner, danke sehr.

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