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16.12.2010
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner: Kürzungen beim Programm zur Förderung der Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen zurücknehmen

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Spätestens mit dieser Debatte hat Dorotheas Märchen ein böses Ende. Dorotheas Märchen ist, an der Bildung kürzen, ohne dass es jemand merkt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist es, was Sie uns seit Wochen erzählen wollen, Frau Kultusministerin.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Man merkt es eben doch. Man kann nicht an der Bildung kürzen, ohne dass sich die Qualität des Bildungsangebots verschlechtert. Frau Ministerin, so einfach ist es nun einmal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie müssen es nicht der Opposition glauben. Es gibt Leute, die das auch berufen sagen. Ich zitiere aus der „Frankfurter Rundschau“ vom 26. November 2010:

Der Präsident des Hessischen Landessportbunds, der CDU-Landtagsabgeordnete Rolf Müller, greift Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP) in einem Brief scharf für den Sparkurs an. „Viele Sportkreise sind entsetzt über das Verfahren, mitten im Bewilligungsjahr die Mittel zu kürzen“, schreibt er. „Der Landessportbund hält ein solches Verfahren für unzumutbar, und er hält die Kürzungen auch in der Sache für völlig verfehlt, für strategisch und im Verfahren falsch.“ Nehme das Kultusministerium die Kürzungen nicht zurück, werde die Zusammenarbeit zwischen Schule und Sport erheblich erschwert.

Kürzen im Bildungsbereich, ohne dass es jemand merkt – es geht eben nicht, Frau Ministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

23 Sie versuchen, dieses Märchen überall zu erzählen, jetzt wieder mit dem Ablenkungsmanöver, das wir mit dem Antrag von CDU und FDP bekommen haben. An der einen Stelle wird es genommen, an der anderen Stelle wird es gegeben. Frau Ministerin, die Herausforderung ist aber, Neues und Zusätzliches an den Schulen zu gestalten, und nicht, eine immer schnellere Mangelverwaltung an unseren Schulen zu installieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gleiche Spiel bei den Vertretungsmitteln: Sie rühmen sich auf der einen Seite, Sie hätten neue Lehrerstellen geschaffen – gut –, aber Sie nehmen es auf der anderen Seite bei den Mitteln für Vertretungsunterricht. Frau Ministerin, ein besseres Bildungssystem in unserem Land können Sie nicht als Nullsummenspiel gestalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ganz interessant ist Ihre Aussage in Dorotheas Märchen, am Unterricht würde nicht gespart. Frau Ministerin, das lässt sehr tief blicken, was Sie an unseren Schulen für wichtig und für nicht wichtig halten. Wenn Sie diese Differenzierung jetzt anfangen, dass Sie sagen: „Wir betrachten Ganztagsschulen nicht mehr als pädagogische Einheiten, in denen es darauf ankommt, dass sich Phasen des Fachunterrichts, Phasen der Erholung, Phasen der Angebote von Externen, Phasen der Angebote von Sportvereinen abwechseln“, wenn Sie diesen pädagogischen Konsens jetzt auch noch aufbrechen, dann zeigen Sie, auf welchem Irrweg Sie mit Ihrem Glauben sind, man könnte an Bildung kürzen, Frau Ministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Unterricht und die Qualität der Schule sind betroffen, wenn die Schulen nicht mehr ihre Ganztagsangebote so organisieren können, wie sie wollen. Die Qualität des Unterrichts ist betroffen, wenn wir die hervorragende Arbeit von Sportvereinen nicht mehr wie bislang in die Schule integrieren können. Frau Ministerin, Sie können sich dieses ganze Gerede, diese ganzen Sonntagsreden, die Sie draufhaben, von der Bedeutung des Sports, von der Bedeutung des Ehrenamts, von der Bedeutung der selbstständigen Schule sparen, wenn Sie in Ihrem Haushalt das genaue Gegenteil tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sport hat gesellschaftlich eine unglaubliche Bedeutung. Er hat eine unglaubliche Bedeutung für viele Menschen, für das Zusammenleben in unserem Land, für die Integration in unserem Land, und es hat auch schulisch eine unheimliche Bedeutung, dass sich Schülerinnen und Schüler in der Schule bewegen können. Es öffnet im wahrsten Sinne den Geist, wenn sich Schülerinnen und Schüler bewegen können. Es hilft, Gewalt an unseren Schulen zu vermeiden. Es ist ein Präventionsprogramm par excellence an unseren Schulen. Deshalb sollte man hier nicht kürzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Frau Ministerin, es ist einfach hohl, dann immer die Bedeutung des Sports hochzuhalten. In der letzten Landtagsdebatte hatten Sie auf eine mündliche Frage des Kollegen Tipi noch das Hohelied auf die Bedeutung des Sports an den Schulen gesungen. Ich hatte Sie danach gefragt, ob Sie Ihre eigenen Kürzungen kannten. Damals kannten Sie sie noch nicht. Sie mussten die Antwort nachreichen. Frau Ministerin, Sie können es sich sparen, das Hohelied zu singen, wenn Sie nichts dafür tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Kommen Sie endlich weg von Ihrem Märchen, man könne an der Bildung sparen, ohne dass es jemand merkt. Wir wissen seit der ersten PISA-Studie, wir müssen in unserem Bildungswesen in Deutschland und in Hessen viel tun. Manches wurde auch getan; das muss man nicht in Abrede stellen. Wir sind in PISA etwas besser geworden, und auch das ist sehr gut. Aber wir haben noch unglaublich viel zu tun, bis wir so gut sind, wie andere Länder und andere Staaten sind. Wenn wir so gut werden wollen, wenn wir unsere Schülerinnen und Schüler so gut fördern wollen, wie das in anderen Ländern geschieht, dann darf man an Bildung nicht kürzen.

Frau Ministerin, deshalb sind Sie völlig auf dem falschen Weg. Sie sind die erste Kultusministerin seit langen, langen Jahren in diesem Land, die glaubt, man könne im Bildungsbereich kürzen. Das ist die einzige Innovation, die diese Kultusministerin von der FDP in diesem Land eingeführt hat, dass sie glaubt, man könne an Bildung kürzen. Frau Ministern, man kann es nicht. Es ist genau der falsche Weg, den Sie hier eingeschlagen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Frau Ministerin, man kann im Bildungsbereich Dinge effizienter machen, man muss im Bildungsbereich viele Dinge effizienter machen. Aber man kann nicht das Geld aus dem Bildungsbereich herausnehmen, sondern das, was man effizienter macht, was man besser organisiert, muss man nutzen, um an anderer Stelle Neues auf den Weg bringen zu können. Wie das gehen kann, das hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Konzept „Hessen tritt auf die Schuldenbremse“ sehr detailliert gesagt, und zwar wie man es unter den Bedingungen der Schuldenbremse tun kann. Frau Ministerin, also sparen Sie sich in Ihrer Antwort gleich die Ausrede mit der Schuldenbremse. Die Schuldenbremse begründet nicht schlechte Schulen, und sie entschuldigt auch keine schlechte Bildungspolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Die Schuldenbremse führt dazu, dass man einmal darüber nachdenken kann oder nachdenken muss, ob man sich als Kultusministerin, die für die Schulen in unserem Land verantwortlich ist, wirklich in einer Partei wohlfühlen kann, die das Steuersenkungsmantra vor sich herträgt. Frau Ministerin, es geht nicht, dass Sie auf Bundesparteitagen Ihrer Partei fröhlich jede unsinnige Steuersenkung dieser Welt verabschieden, jedes Steuergeschenk an Hoteliers verabschieden und sich dann in den Hessischen Landtag stellen und sagen, Sie hätten nicht genug für den Bildungsbereich. Das geht genau unter den Bedingungen der Schuldenbremse nicht mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich will noch etwas Positives zu dem Antrag von CDU und FDP sagen. Da ist irgendwo in der fünfzeiligen Überschrift auch das Wort „Hessen bewegt sich“. Ja, Hessen bewegt sich, aber unter Ihnen in die falsche Richtung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner.

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