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06.09.2012
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner: Denkpause vor übereilter Errichtung eines Landesschulamtes

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir hatten in der vergangenen Woche ein denkwürdiges Ereignis. In der vergangenen Woche hat hier im Hessischen Landtag die Anhörung zu den Plänen der FDP für ein Landesschulamt stattgefunden. Ich habe, seitdem ich in diesem Landtag bin – ich weiß, ich bin da nicht alleine –, es noch nie erlebt, dass Pläne für eine Verwaltungsreform auf eine so einhellige Ablehnung gestoßen sind wie die Pläne der FDP zur Errichtung eines Landesschulamts.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Diese Anhörung lässt sich leicht zusammenfassen: Das Landesschulamt ist ein Amt, das keiner will.

Jetzt kann man als Vertreter von CDU und FDP sagen: Wir haben im Landtag die Mehrheit, uns ist das alles egal, was die Expertinnen und Experten gesagt haben. – Davon rate ich dringend ab. Es hat keinen Sinn, eine Verwaltungsreform gegen den Widerstand aller Expertinnen und Experten durchführen zu wollen. Es hat keinen Sinn, die Bildungsverwaltung gegen deren Beschäftigte reformieren zu wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, wir als Hessischer Landtag sollten alles sehr ernst nehmen, was uns die Angehörten gesagt haben. Wir sollten die Vorschläge aus dieser Anhörung aufgreifen.

Der Hessische Rechnungshof hat uns als Abgeordneten empfohlen, damit wir die finanziellen Auswirkungen dieses Projektes besser beurteilen können – ich würde ergänzen: überhaupt beurteilen können –, eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gemäß der Landeshaushaltsordnung durchzuführen. Ich finde, das ist ein sehr guter Vorschlag. Meine Damen und Herren, wir sollten diesem Vorschlag folgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es wurde darauf hingewiesen, dass allein die Umstellungsarbeiten im SAP-System eventuell einen Millionenbetrag kosten würden. Das ist doch ein Hinweis, bei dem wir alle 118 Abgeordneten hellhörig werden und sagen müssen, das müssen wir erst einmal klären, bevor wir weiter über einen solchen Gesetzentwurf reden.

Es wurde völlig klar, dass die finanziellen und personellen Auswirkungen insgesamt überhaupt noch nicht zu bewerten sind, wir also auch als Haushaltsgesetzgeber derzeit keine verantwortliche Entscheidung treffen können.

Die Aufgaben dieses Landesschulamtes sind unklar. Die Betroffenen haben uns sehr eindringlich gebeten: Redet doch erst einmal mit uns, bevor ihr weiter über diesen Gesetzentwurf debattiert. Meine Damen und Herren, dieser Bitte sollten wir nachkommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Deshalb haben wir den Antrag eingebracht, diese Gesetzesberatungen vorerst auf Eis zu legen, die Anregungen der Angehörten aufzugreifen, das Gespräch mit ihnen zu suchen und die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung mit dem Rechnungshof durchzuführen. Es wäre ein wichtiges, ein gutes Signal, wenn dieser Hessische Landtag heute Abend sagen würde: Wir haben zugehört, wir haben verstanden, und wir setzen diese Gesetzesberatung erst einmal aus, um schlauer zu werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Beer, das wäre auch etwas, das Ihnen als neuer Ministerin sehr gut anstünde. Sie haben hier die Chance, zu zeigen, dass Sie tatsächlich etwas anders machen wollen, dass Sie für eine andere Bildungspolitik stehen und auch für einen anderen Stil. Ich bitte Sie herzlich, Frau Beer: Nehmen Sie diese Chance wahr. Die Leute in der Bildungsverwaltung wären Ihnen, wären uns als Landtag dafür sehr dankbar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Meine Damen und Herren, es geht auch um die politische Kultur in unserem Land. Es geht um die Frage: Kann die Idee des Fraktionsvorsitzenden der kleineren Regierungsfraktion gegen allen Sachverstand und auch gegen das, was viele Kolleginnen und Kollegen von der CDU über diesen Vorschlag denken, tatsächlich Gesetz werden: aus reinem Machterhalt, aus reiner Koalitionsräson. Wenn Sie das heute hier machen, ist die politische Kultur in Hessen wieder ein riesiges Stück ärmer.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP))

Meine Damen und Herren, deshalb geben wir Ihnen die Gelegenheit, in namentlicher Abstimmung zu sagen, ob Sie das ernst nehmen wollen, was uns die Angehörten in der letzten Woche gesagt haben, oder ob Sie in blinder Gefolgschaft weiter Herrn Greilich folgen wollen. Wir beantragen die namentliche Abstimmung über unseren Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heike Hofmann (SPD))

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