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27.05.2015
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner: Bildungsgipfel bietet Chance für langfristige Planungssicherheit im Interesse unserer Schulen

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Redepult ist der Beweis für das bildungspolitische Prinzip: „Jeden dort abholen, wo er steht“.
(Allgemeine Heiterkeit und Beifall)
Wir haben zwei sehr unterschiedliche Themen in einer Debatte zusammen, eigenständige Oberstufengymnasien und Bildungsgipfel. Ich möchte anfangen mit den eigenständigen Oberstufengymnasien.
Wir sind ausdrücklich offen für diesen Wunsch aus der Stadt Frankfurt, wieder eigenständige Oberstufengymnasien zu genehmigen. Das wurde 2004 durch ein Gesetz ausgeschlossen. Jetzt gibt es in der Stadt Frankfurt einen Bedarf, vielleicht auch in anderen Gebietskörperschaften. Deshalb haben wir uns in der Koalition verständigt, über diese Frage im Zuge der ohnehin anstehenden Schulgesetznovellierung im Jahr 2016 zu reden. Dann können wir alle Argumente abwägen.
Bis dahin brennt auch überhaupt nichts an, weil die Planungen der Stadt Frankfurt genau von diesem Prozess ausgehen, den die Landesregierung und die Regierungskoalition vorhaben, dass mit der Schulgesetznovelle 2016 darüber gesprochen wird. Bis dahin wird diese Oberstufe angebunden an eine andere Schule, sodass für die Schülerinnen und Schüler überhaupt kein Problem entsteht.
Herr Kollege Degen hat dankenswerterweise angeboten, Schwarz-Grün in Frankfurt zu unterstützen. Das würden wir uns manchmal auch von der Frankfurter SPD wünschen, aber das nur nebenbei. Vielen Dank für das Angebot. Ich habe mit der Bildungsdezernentin gesprochen. Auch sie ist ausdrücklich einverstanden mit dem Weg, den wir im Landtag als Regierungskoalition gehen wollen.
Viel mehr ist zum Thema eigenständige Oberstufengymnasien eigentlich nicht zu sagen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Auf das Thema Bildungsgipfel möchte ich etwas mehr Redezeit verwenden, auch wenn es uns in der Debatte zuvor schon beschäftigt hat; denn ich möchte noch einmal die Chance dieses Bildungsgipfels betonen. Ich möchte noch einmal betonen, was für unsere Schulen gewonnen wäre, wenn das ständige Hin und Her in der Bildungspolitik endlich aufhören würde, wenn sich unsere Schulen zumindest in den grundsätzlichen Fragen des Bildungswesens auf das verlassen könnten, was dieser Landtag parteiübergreifend, fraktionsübergreifend von ihnen will.
Klar, diese Verständigungen sind schwierig. Wie immer in solchen Prozessen sind die letzten Etappen, wo es um die Einigung und um die Kompromisse geht, die schwierigsten. Aber ich glaube, es sind Kompromisse möglich. Die Debatte um das Thema Ganztagsschule hat das schon gezeigt.
Meine Damen und Herren, dieser Bildungsgipfel ist immer so gut oder so schlecht wie seine Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ich glaube, bei einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieses Gipfels – vielleicht klang das in manchem Redebeitrag heute an – gibt es ein bisschen das Verständnis, dieser Bildungsgipfel sei ein römisches Theater, wo in der Arena einige turnen und eine Darbietung aufführen und andere auf die Besuchertribüne gehen und den Daumen hoch oder runter machen. – Das ist nicht der Gedanke eines Dialogs; denn Dialog setzt voraus, dass sich alle beteiligen, sich alle bewegen und alle eigene Vorschläge machen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Wir können doch nicht nur beim Thema Ganztagsschulen, sondern müssen auch beim Thema Schulstruktur zusammenkommen. Ja, es gibt sehr grundsätzliche Auffassungen seit fast 40 Jahren in der politischen Debatte in Hessen. Die einen sagen, nur längeres gemeinsames Lernen, die anderen sagen, nur das gegliederte Schulwesen ist das allein selig Machende.
Diesen Streit abschließend zu entscheiden, das werden wir beim Bildungsgipfel nicht können. Aber wir werden vielleicht pragmatische Wege finden, wie wir Eltern das Schulangebot machen können, das sie für ihre Kinder wollen. Dann müssen wir feststellen, egal, ob uns das ideologisch gefällt oder nicht: Das Gymnasium ist akzeptiert, die eigenständige Realschule ist akzeptiert, und die Gesamtschulen sind von den Eltern auch akzeptiert. Was von den Eltern nicht akzeptiert ist – ob zu Recht oder zu Unrecht ist eine müßige Debatte –, das ist die Hauptschule. Da ist es doch klug, wenn die Landesschülervertretung mit ihrem Vorschlag genau da ansetzt und fragt: Wie können wir dieses Problem bearbeiten? Wie können wir eine Entwicklungsperspektive für die 129 Hauptschulen und verbundenen Haupt- und Realschulen schaffen, die es in Hessen gibt, und eine Sekundarschule auf den Weg bringen?
Das ist ein Vorschlag, über den es nachzudenken lohnt, statt weiter die Debatten zu führen, die wir in Hessen seit 40 Jahren führen und die keinen wirklich weitergebracht haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Wenn jetzt jemand sagt, der Vorschlag der Landesschülervertretung oder das, worauf wir uns in den weiteren Beratungen verständigen, ist nicht weitgehend genug, es reicht nicht, die 129 Schulen – es geht nicht nur um die vier Hauptschulen, sondern auch um die 125 verbundenen Haupt- und Realschulen – zu Schulen des längeren gemeinsamen Lernens weiterzuentwickeln, kann ich akzeptieren. Dann erwarte ich aber, dass man benennt, was dann gemacht werden soll. Diese Vorschläge müssen jetzt auf den Tisch. Das römische Theater, wo einige Vorschläge machen und andere den Daumen senken oder heben, muss im Interesse der Schulen endlich aufhören.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD)
Zur Frage der Ressourcen. Hessen hat eine vorbildliche Ausstattung für seine Schulen. Mit 105 Prozent Lehrerversorgung, mit der Zusage, jede Stelle trotz zurückgehender Schülerzahlen im Bildungssystem zu lassen, ist das vorbildlich im gesamten Bundesgebiet. Klar, wir können uns noch mehr wünschen. Wenn wir unendlich viel Geld hätten, könnten wir auch unendlich viel mehr haben. Aber wenn man akzeptiert, dass es dieses unendliche Geld eben nicht gibt,
(Janine Wissler (DIE LINKE): Gibt es schon, nur nicht in den öffentlichen Kassen! – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))
dann muss man sich über Prioritäten im Bildungssystem verständigen. Es wird keine einzige Lehrerstelle in Hessen gestrichen. Im Gegenteil, auch die Lehrerstellen, die eigentlich wegfallen könnten, weil wir weniger Schüler haben, bleiben im Bildungssystem. Mit diesen Lehrern, die vorhanden sind, setzen wir Prioritäten, und diese Prioritäten will ich noch einmal vergegenwärtigen, was wir im kommenden Schuljahr im Vergleich zum Beginn der Legislaturperiode an Verbesserungen haben.
Bei den Ganztagsschulen ist es ein Plus von 345 Stellen. Bei den Fördermaßnahmen für Deutsch ist es ein Plus von 260 Stellen. Beim inklusiven Unterricht ist es ein Plus von 220 Stellen. Bei der Lehrerversorgung nach Sozialindex ist es ein Plus von 120 Stellen. Das sind fast 1.000 Stellen mehr in den Bereichen, die für Bildungs- und Chancengerechtigkeit elementar wichtig sind.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Vizepräsident Frank Lortz:
Herr Kollege Wagner, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.
Mathias Wagner:
Jetzt frage ich die Mitglieder der Opposition: Was ist daran falsch, diese Schwerpunktsetzung für Bildungs- und Chancengerechtigkeit zu machen? Man sollte nicht nur in Sonntagsreden über Bildungs- und Chancengerechtigkeit reden, sondern, wenn es konkret wird, mitgehen. Die Forderung nach immer mehr Geld ist einfach. Prioritäten in der Politik zu setzen, das ist manchmal schwierig. Aber das sind die richtigen Prioritäten für Bildungs- und Chancengerechtigkeit, und zwar für die Schülerinnen und Schüler, die die Förderung besonders stark brauchen.
Wenn dann ein Oberstufenkurs einmal um einen Schüler zu groß ist, dann müssen wir das in Kauf nehmen, um die Schülerinnen und Schüler zu fördern, die ansonsten wenige Chancen hätten. Das ist Bildungs- und Chancengerechtigkeit.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Vizepräsident Frank Lortz:
Herr Kollege Wagner, vielen Dank.

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