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30.01.2013
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner: Änderung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nichts ist für guten Unterricht an unseren Schulen wichtiger als gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Demonstrativer Beifall bei der CDU)

Für eine gute Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer in unserem Land ist es wichtig, dass wir theoretische und praktische Ausbildung besser miteinander verzahnen. Im Moment ist die Lehrerausbildung so organisiert, dass zuerst im Wesentlichen der theoretische Teil an der Universität mit ein paar schulpraktischen Studien kommt, gefolgt von dem eher praktisch orientierten Teil am Ende des Studiums in den Studienseminaren und im Referendariat.

Das Problem ist einfach, dass uns viele Lehramtsstudierende fragen, wieso der Praxisbezug eigentlich so spät kommt und wieso sie nicht zu einem frühen Zeitpunkt im Studium Gelegenheit haben, an den Schulen für einen längeren Zeitraum Erfahrungen dazu zu sammeln, was es bedeutet, diesen herausfordernden Beruf des Lehrers und der Lehrerin an unseren Schulen auszuüben. Es wird gefragt, warum sie nicht Chance haben, praktische Erfahrungen zu machen und mit diesen Erfahrungen wieder an die Hochschulen zurückzugehen, um sich das theoretische Rüstzeug zu holen, was sie für ihre praktische Arbeit brauchen.

Deshalb ist es richtig und sinnvoll, dass wir beide Phasen der Lehrerausbildung – die theoretische und die praktische – nicht mehr strikt trennen und nacheinander machen, sondern sie verzahnen und zu einem frühen Zeitpunkt im universitären Studium ein Praxissemester einführen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Clemens Reif (CDU))

So schaffen wir es, dass junge Menschen sehr früh Erfahrungen dazu machen können, was es bedeutet, Lehrer zu sein. Sie machen sehr früh Erfahrungen dazu, was sie noch brauchen. Sie können aber auch sehr früh die Erfahrung machen, dass es vielleicht doch nicht der richtige Beruf für sie ist – die Anforderungen sind vielleicht zu hoch oder nicht so, wie man sie sich vorgestellt hätte –, sodass sie vielleicht noch wechseln können und nicht erst nach vielen Jahren am Ende ihrer universitären Ausbildung feststellen: Hätte ich lieber etwas anderes studiert. – Das ist gut für die angehenden Lehrerinnen und Lehrer. Vor allem ist es sehr gut für die Lehrerinnen und Lehrer, die wir dann anschließend an unseren Schulen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP))

Genau aus diesen Gründen haben wir GRÜNE seit Jahren in diesem Haus die Einführung eines Praxissemesters gefordert. Deshalb ist es auch gut, dass sich nach Jahren in diesem Thema auch bei Schwarz-Gelb etwas tut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun sind Sie bereits seit 14 Jahren an der Regierung. Da sei der Hinweis gestattet: Wenn sich alle Expertinnen und Experten seit Jahren einig sind, wie sinnvoll so ein Praxissemester ist und Sie sind schon 14 Jahre an der Regierung, muss man auch einmal fragen, was Sie in diesen 14 Jahren eigentlich zu diesem Thema gemacht haben. Diese Frage sei dann auch erlaubt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Nun könnte man ganz hoffnungsvoll sein, als eine Ankündigung von Schwarz-Gelb kam, jetzt ein Praxissemester einführen zu wollen. Da dachte man: Mensch, nach 14 Jahren, in denen sie nichts gemacht haben, wollen sie es jetzt aber schnell nachholen. – Da lohnt aber der Blick ins Kleingedruckte. Es ist mitnichten so, dass die Einführung des Praxissemesters jetzt beschlossen sei. Was steht wirklich im Gesetzentwurf von Schwarz-Gelb, nach 14 Jahren des Nichtstuns?

In dem Gesetzentwurf steht, dass dieses Jahr gar nichts an unseren Hochschulen passiert. Zum Sommersemester 2014 passiert gar nichts an unseren Hochschulen. Zum Wintersemester 2014/2015 passiert an drei von fünf Universitäten in einigen Fachbereichen ein bisschen etwas.

Das heißt, erst 14 Jahre nichts tun und dann im Schneckentempo weitermachen. Ein solches Tempo können wir uns in der Bildungspolitik wirklich nicht leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Ich will das noch einmal verdeutlichen. Dieser Landtag hat schon vor über einem Jahr mit den Stimmen von CDU, FDP und GRÜNEN beschlossen, dass wir endlich ein Konzept für die Einführung eines Praxissemesters bekommen. Das Konzept gibt es bis heute nicht. Auch der Gesetzentwurf ist kein Konzept für die Ausgestaltung des Praxissemesters. Dieser Gesetzentwurf sagt, dass in eineinhalb Jahren das Praxissemester an einigen wenigen Hochschulen und für einige wenige Lehrämter erprobt werden soll.

Herr Kollege Irmer, während die anderen Bundesländer, die Sie in Ihrer Rede richtig erwähnt haben, sich mutig auf den Weg machen, das Praxissemester eingeführt haben, wollen Sie hier eine Erprobung beschließen, die in eineinhalb Jahren beginnt. Deutlicher kann man nicht machen, dass diese Regierung erschöpft und verbraucht ist und keine Kraft mehr für die notwendigen Reformen hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Gesetzentwurf setzt leider eine unglückliche Tradition fort, die wir von dem Gesetz zur Einführung des Landesschulamtes kennen, nämlich dass dieser Hessische Landtag eine Hülle beschließen soll, deren Ausgestaltung völlig unklar ist. Die wesentlichen Fragen des Praxissemesters, wie es ausgestaltet werden soll, wie die Betreuung der Lehramtsstudierenden an der Schule sein soll, was eine wichtige Frage ist, auch für die Schulen, die sich um die angehenden Lehrerinnen und Lehrer kümmern sollen, all diese Fragen sind völlig unbeantwortet nach 14 Jahren in der Regierung. Meine Damen und Herren, so kann man Bildungspolitik nicht machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Fragen sind nicht einfach zu lösen. Viele der Hinweise, die die Kolleginnen und Kollegen der SPD, was die praktische Umsetzung angeht, geben, sind richtig. Aber wir hätten erwartet nach 14 Jahren in der Regierung und über einem Jahr nach dem Beschluss des Landtags, dass es ein solches Konzept geben soll, dass man dann als Regierungsfraktionen nicht nur eine Hülle vorlegt, sondern tatsächlich etwas vorlegt, wie man es umsetzen kann.

Deshalb sagen wir GRÜNEN: Gut, dass sich endlich etwas tut. Das ist besser als das Nichts, das wir in den vergangenen 14 Jahren hatten. Aber von der Geschwindigkeit her müssen Sie noch einen Zacken zulegen. Ansonsten bleibt es dabei: Diese Landesregierung ist erschöpft und verbraucht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner.

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