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04.02.2016
Portraitfoto von Martina Feldmayer vor grauem Hintergrund.

Martina Feldmayer: Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Herrn Lenders ausnahmsweise einmal recht geben. Ich denke, es ist auch ein bisschen dem Kommunalwahlkampf geschuldet, dass dieses Gesetz nun zum dritten Mal aus der Taufe gehoben wurde.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP) – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich habe einmal vergleichen. 2012 und 2008 wurden teilweise die identischen Textbausteine verwendet. Jetzt haben Sie natürlich noch ein bisschen geändert und ergänzt, aber die Begründung, die Problemanalyse, ist die gleiche wie 2012. Das finde ich irgendwie interessant.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Herr Caspar ist ja auch schon darauf eingegangen, dass die Problemanalyse nicht ganz richtig ist.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Zunächst will ich aber sagen: Auch wir sind natürlich gegen eine Zweckentfremdung von Wohnungen. Die Menschen sollen in den Wohnungen wohnen; Wohnungen sollen nicht zweckentfremdet werden. Wir sind auch dagegen, dass Wohnungen leer stehen. Ich denke, in der Intention sind wir uns durchaus einig. Wir möchten auch, dass die Wohnungen für alle Menschen erschwinglich und bezahlbar sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Torsten Warnecke und Michael Siebel (SPD))

Aus diesem Grund hat Ministerin Hinz, hat die Landesregierung, haben wir schon viele wohnungspolitische Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ich denke, innerhalb von zwei Jahren so viele Dinge auf den Weg zu bringen – die Änderung des Wohnraumfördergesetzes für mehr Sozialwohnungen, ein Programm für mittlere Einkommen und ein neues Programm für studentisches Wohnen –, ist schon beachtlich. Es ist beachtlich, meine Damen und Herren, was hier schon alles geleistet worden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das Ganze ist unterfüttert mit einer Summe von 1 Milliarde Euro für den Wohnungsbau. Damit sind wir auch im Ländervergleich hervorragend aufgestellt. Deswegen bedanke ich mich für die Vorlage, sodass wir hier zum Thema Wohnungspolitik reden dürfen.

Wir haben auch die Fehlbelegungsabgabe wiedereingeführt, meiner Meinung nach ein ganz wichtiges Instrument, das den Kommunen wieder den nötigen finanziellen Handlungsspielraum gibt. Die Kommunen brauchen dieses Instrument. Es ist ganz wichtig, um weiterhin und mehr Sozialwohnungen bauen zu können. Ich denke nicht, dass die Lösung der wohnungspolitischen Probleme nur in Verboten oder wohnungspolitische Maßnahmen wie dem Wohnraumzweckentfremdungsverbot besteht, so wie Sie dies vorgebracht haben. Vielmehr müssen wir verstärkt daran arbeiten, dass mehr Sozialwohnungen gebaut werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Aber natürlich muss man auch schauen, dass die Mietpreise nicht durch die Decke gehen. Wir wissen ganz genau: Im Ballungsraum Rhein-Main, in Städten wie Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt, sind die Mietpreise explodiert. Gerade bei den Neuvermietungen war dies exorbitant. Aus diesem Grund hat die Landesregierung auch hier gehandelt. Die Kappungsgrenzenverordnung ist eingerichtet worden, und die Mietpreisbremse ist gekommen. Also auch hier ist die Landesregierung hervorragend aufgestellt. Nicht nur zaghafte wohnungspolitische Initiativen sind gestartet worden, so wie Sie es gesagt haben, Herr Schaus, sondern wirklich Beachtliches.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Caspar ist schon darauf eingegangen, dass die Problembeschreibung in Ihrem Gesetzentwurf – ich sage einmal – falsch ist. Ich habe mich sehr gewundert, dass im Vorblatt gesagt wird, es gebe so viel Leerstand im Rhein-Main-Gebiet, was zu Wohnungsspekulationen führe. Ich muss wirklich sagen, das Gegenteil ist der Fall. Das Problem ist ja gerade, dass wir zu wenig Leerstand in Frankfurt, im Rhein-Main-Gebiet haben. Wenn wir diesen niedrigen Leerstand nicht hätten – 1,9 Prozent hat das Institut Wohnen und Umfeld herausgefunden –, hätten wir die Mietpreisbremsverordnung und die Kappungsgrenzenverordnung überhaupt nicht einführen können. 1,9 Prozent Leerstand sind wirklich minimal. Aus diesem Grund – Herr Casper hat es schon gesagt – ist auch die Grundlage Ihres Gesetzes falsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Auf der anderen Seite besteht ein riesiges Überangebot an Gewerbeflächen. Soweit ich weiß, stehen in Frankfurt 1,5 Millionen m2 leer. Ich denke, insoweit muss man handeln. Das macht die Landesregierung auch schon, und zwar mit dem Wohnungsprogramm im Rahmen des kommunalen Investitionsprogramms, das mit 230 Millionen Euro unterlegt ist. Mit dem Geld können diese Gewerbeflächen in Wohnraum umgewandelt werden, neue Gebäude können errichtet werden, aber es können auch Gebäude gekauft werden. Das heißt, dieses Programm gibt die Möglichkeit, auch von Landesseite aus diese Gewerbeflächen in dringend benötigten Wohnraum umzuwandeln. Auch insoweit hat die Landesregierung also gehandelt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Aber nicht nur die Landesregierung ist schon aktiv, um Gewerbeflächen in Wohnungen umzuwandeln. Auch die Stadt Frankfurt – ich denke, sie steht bei dieser Debatte vor allem im Fokus – hat gehandelt. Sie hat das Programm Redevelopment aufgelegt, das es ermöglicht, mit Unterstützung der Stadt Gewerbeflächen in Mietwohnungen umzuwandeln. Insoweit ist der Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben – ich würde fast sagen – überflüssig. Die Kommunen können diesbezüglich schon handeln, und die Landesregierung handelt bereits.

Jetzt komme ich zu den Milieuschutzsatzungen, die in Ihrem Gesetzentwurf ebenfalls enthalten sind. Die SPD sagt auch, mit ihrem Gesetzentwurf sollten Milieuschutzsatzungen möglich werden. Diese gibt es schon, wie wir alle wissen. In Frankfurt gibt es, glaube ich, sieben an der Zahl. Diese Milieuschutzsatzungen sind, soweit ich weiß, seit ungefähr eineinhalb Jahren auf dem Weg. Das heißt also: Für diesen Teil braucht man auch keinen Gesetzentwurf. Die Kommunen haben die Möglichkeit, auch mit einer Milieuschutzsatzung in den angespannten Wohnungsmarkt einzugreifen und das zu tun, was man ja will, nämlich eine heterogene Bevölkerungsstruktur in den angesagten Stadtvierteln zu erhalten.

Insoweit handelt die Stadt Frankfurt bereits. Die Milieuschutzsatzungen sind auf dem Weg, gegen Luxussanierung, gegen die Zusammenlegung von Wohnraum, gegen die sogenannten vergoldeten Wasserhähne wird bereits sehr viel gemacht. Zudem hat sich die Stadt Frankfurt in diesen Gebieten ein Vorkaufsrecht einräumen lassen. Das heißt, wenn die Gefahr der Veräußerung von Immobilien und damit die Gefahr von Luxussanierungen besteht, kann die Stadt Frankfurt mit ihrem Vorkaufsrecht drohen. Dieses Vorkaufsrecht – das hat die Vergangenheit gezeigt – wirkt auch schon präventiv. Wenn dieses droht, nehmen viele Immobilienhändler, die eine Immobilie weiterentwickeln wollen, ihr Angebot zurück.

Die Kommunen haben also schon die Möglichkeit, viel zu tun. Wir tun viel in diesem Bereich. Von daher bin ich gespannt auf die Beratungen im Ausschuss.

Ich sage nicht, dass alles falsch ist. Ich sage nicht, die Intention dieses Gesetzentwurfs sei falsch. Ich denke, bei dem angespannten Wohnungsmarkt und den bestehenden Problemen auf dem Wohnungsmarkt sind wir alle sind gut beraten, uns alle Instrumentarien anzuschauen. Wir müssen genau hinschauen, ob das, was wir in Hessen gemacht haben, ausreicht. Wir müssen das beobachten, und wenn es neue Anforderungen gibt, müssen wir auch schauen, ob sie zielführend, ob sie effektiv sind oder nicht.

In diesem Sinne werden wir in die Anhörung gehen und kritisch hinterfragen, ob das, was Sie vorhaben, effektiv auf den Wohnungsmarkt einwirken kann. In diesem Sinne freue ich mich auch auf die Beratungen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer.

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