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16.10.2014
Portraitfoto von Martina Feldmayer vor grauem Hintergrund.

Martina Feldmayer: Freihandelsabkommen TTIP bedroht Buchhandel und Kulturlandschaft

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben hier schon einmal über das Transatlantische Freihandelsabkommen gesprochen. Beim Kultursektor gilt für uns das, was wir auch sonst gesagt haben. Da geht es um Verbraucherstandards, Umweltstandards und Sozialstandards. Bei einem transatlantischen Freihandelsabkommen, bei überhaupt jedem Abkommen dürfen unsere Standards nicht infrage gestellt werden. Meine Damen und Herren, das ist doch selbstverständlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Beim TTIP haben wir gesagt: Selbstverständlich sind wir nicht gegen den Freihandel. Wir sind selbstverständlich nicht gegen den Handel. Die Chancen, die ein Handel mit den USA bietet, wollen wir natürlich auch nutzen. Wir wollen, dass das genutzt werden kann: für die Verbraucherinnen und Verbraucher, für die Wirtschaft und für die Arbeitnehmer in Deutschland und in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, es gibt aber Befürchtungen, und es ist Aufgabe dieses Parlaments, diese Befürchtungen zu formulieren und zu sagen, wo die Grenzen sind, weil unsere Standards dem Handel nicht zum Opfer fallen dürfen. Bei den Verbraucherstandards haben wir gesagt, wir wollen keine Chlor-Hühnchen, wir wollen keine Gentechnik in Europa. Aber es gibt Befürchtungen, dass diese Dinge mit dem Freihandelsabkommen in Europa möglich werden.

Gleiches gilt auch für den Kultursektor. Wir müssen sagen, wo unsere Grenzen, wo unsere Standards sind. Dabei ist die Buchpreisbindung ein sehr gutes Beispiel. Meine Damen und Herren, an der Buchpreisbindung darf nicht gerüttelt werden. Das kann man an dieser Stelle wirklich einmal sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Warum ist denn die Debatte bei TTIP oder bei CETA so aufgeregt? Doch deswegen, weil die Verhandlungen nicht öffentlich sind. Selbstverständlich werden Verhandlungen nicht öffentlich geführt. In diesem Falle werden sie aber sehr intransparent geführt. Es kann nicht sein, dass der Bundestag über TTIP oder CETA teilweise mehr Informationen hat als die EU-Parlamentarier. Meine Damen und Herren, das ist an dieser Stelle doch das Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eben diese Befürchtungen, dass unsere vielfältige Kultur- und Buchlandschaft durch TTIP gefährdet ist. Das muss man ernst nehmen. Das darf man nicht abbügeln nach dem Motto: Das alles ist bei diesen Verhandlungen ausgenommen, der audiovisuelle Bereich. Ja, klar, aber das betrifft gerade nicht die Bücher. Das Verhandlungsmandat zu TTIP wurde erst vor Kurzem veröffentlicht. Tatsächlich wird schon viel länger darüber gesprochen. Warum wurde es erst vor Kurzem veröffentlicht?

Wenn man sich das Originaldokument anschaut, liest man dort, dass die UNESCO-Konvention für unser kulturelles Erbe gilt und dass das nicht fallen darf. Aber man muss sehen: Die USA hat diese Konvention nicht unterzeichnet, nicht ratifiziert. Das wirft aber doch Fragen auf. Diese Fragen müssen wir hier im Parlament stellen und nochmals klarmachen, dass uns die kulturelle Vielfalt und die Buchpreisbindung wichtig sind und dass dort unsere Linie ist: dass die nicht fallen dürfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Im Moment ist TTIP eine Blackbox. Es gibt viele Mutmaßungen und Unsicherheiten, und es wird über mögliche Vorteile gesprochen. Es macht die Leute unsicher, wenn ein Handelskommissar nicht sagen kann, welche Vorteile dieses Handelsabkommen bietet, wenn er in einem Interview unsicher wirkt und zwar sagt, die Wirtschaft werde angekurbelt, aber nicht mehr sagen kann, durch welche Zahlen das untermauert wird. Da werden die Leute unsicher. Deswegen fordern wir bei TTIP die größtmögliche Transparenz. TTIP darf nicht in Hinterzimmern mit Lobbyisten ausgehandelt werden, sondern muss der demokratischen Kontrolle der Parlamente unterstellt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die kulturelle Vielfalt, die Buchpreisbindung dürfen genauso wenig angetastet werden wie unsere Errungenschaften im Bereich der Lebensmittel, die Gesundheits- und Verbraucherrechte. Diese Errungenschaften müssen verteidigt werden.

Als wir schon einmal über TTIP gesprochen haben, haben wir auch klargemacht: Investitionsstreitigkeiten müssen vor nationalen Gerichten verhandelt werden. Punkt. Wenn das Wirtschaftsministerium von Siegmar Gabriel erklärt, nationale Rechte werden mit TTIP nicht ausgehebelt, dann muss die Schlussfolgerung lauten, dass ein Investitionsschutzabkommen nicht notwendig ist und nicht in TTIP hineingehört. Wir wollen nicht, dass ein international agierender Konzern mehr Rechte hat als beispielsweise ein Buchverlag in Hessen. Deshalb muss die Bundesregierung auch dafür sorgen, dass dies bei TTIP am Ende ausgeschlossen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Martina Feldmayer:

Herr Vorsitzender, ich komme zum Schluss.

Kultur und die Vielfalt der Kultur müssen gewahrt und geschützt bleiben. Das ist selbstverständlich. Denn Kultur hat ihren Wert. Das hat auch der Autor und Sänger Sven Regener in seiner Wutrede gesagt. Die will ich hier nicht zitieren, denn das wäre nicht parlamentarisch. Die Kultur hat ihren Wert – sonst geht die Kultur den Bach hinunter. Meine Damen und Herren, das gilt auch für jedes Freihandelsabkommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer.

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