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05.03.2015
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet: Aktuelle Stunde – Hessen beim Impfsystem gut aufgestellt

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Schott, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Angesichts der Diskussion, die draußen im Land läuft und angesichts des tragischen Todesfalls eines Kindes in Berlin und dem Ausbruch von über 500 Masernfällen in Berlin und angesichts der Tatsache, dass sich viele Menschen auch in Hessen darüber unterhalten, ob sie sich impfen lassen sollen und ob es eine Impfpflicht geben soll, finden wir das Thema Impfen in der Tat wichtig. Offensichtlich unterscheidet uns das von Ihnen.

(Beifall der Abg. Mathias Wagner (Taunus) und Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der CDU)

Masern sind eine schwerwiegende Krankheit, gegen die eine Impfung möglich und sehr sinnvoll ist. Masern können lebenslange Beeinträchtigungen oder sogar Lebensgefahr zur Folge haben. Es ist auch klar, dass durch den Ausbruch die Diskussion neu aufgeflammt ist, wie eigentlich der Impfstatus in Deutschland ist.

Ich finde, dass wir mit Aufklärung, Transparenz und Appellen in dieser Frage sensibilisieren – deswegen ist es gut, dass das in der Aktuellen Stunde diskutiert wird –, sich tatsächlich noch einmal zu hinterfragen, ob ich und meine Kinder geimpft sind. Wenn Sie wollen, können Sie den Test gerne einmal mitmachen. Ich habe mir eine Seite des Robert-Koch-Instituts ausgedruckt. Darauf stehen die Standardempfehlungen für Kinder bis zu einem Alter von 24 Monaten. Da geht es um zwölf Impfungen, die möglich sind – zwölf Impfungen.

Fragen Sie sich doch selbst einmal, wer von Ihnen in diesem Haus, wer von den 110 Abgeordneten, außer vielleicht Herrn Spies und Herrn Bartelt, die Mediziner sind, die zwölf Impfungen zusammenbekommt, die man eigentlich standardmäßig haben sollte. Wenn ich in Ihre leeren Augen blicke, dann glaube ich, dass es Ihnen wahrscheinlich so wie mir geht. Ich hätte sie nicht zusammenbekommen.

Das zeigt die Notwendigkeit, dass wir noch weiter aufklären müssen und dass wir noch mehr informieren müssen. Herr Minister wird bestimmt gleich sagen, welche Maßnahmen die Landesregierung macht, damit tatsächlich mehr Impfklarheit und mehr Transparenz stattfindet. Das kann beispielsweise über die öffentlichen Gesundheitsdienste geschehen. Wichtig ist, dass wir das tun und dass wir als Parteien dafür werben, dass jeder der Aufforderung nachkommen soll, sich impfen zu lassen.

Die Frage ist: Ist eine Impfpflicht, ein Impfzwang gerechtfertigt? Die Zahlen besagen, dass die Zahl der geimpften Kinder bei den Einzuschulenden zwischen 2000 und 2013 von 91 Prozent auf 96 Prozent gestiegen ist. Laut WHO besteht ab 95 Prozent geimpfter Menschen ein Impfschutz für die Bevölkerung. Die Krankheit gilt dann als ausgestorben. Es können dann, wenn überhaupt, nur noch wenige daran erkranken. Die Krankheit gilt als ausgerottet.

Wir haben das tragische Problem, dass wir natürlich ein internationales Land mit vielen ein- und ausreisenden Menschen sind. Dem Ausbruch lag zugrunde, dass jemand aus einem Bürgerkriegsgebiet kam, in dem die Impfung nicht mehr regelmäßig durchgeführt wird. Das war damals in Serbien und Kroatien so. Das wurde sozusagen eingeschleppt. Deswegen kam die Epidemie auf.

Ich finde, dass wir mehr tun müssen und dass wir mehr aufklären müssen. Wir brauchen mehr Impfberatung. Bei diesen Krankheiten, bei denen klar ist, dass sie schlimm enden können, müssen wir die Menschen wirklich so gründlich beraten, dass es nicht zu weiteren Epidemien kommt.

Umgekehrt haben wir in der Bundesrepublik – ich finde, zu Recht – ein sehr strenges Verfahren, das klärt, ob es einen Impfzwang geben muss. Laut des Infektionsschutzgesetzes des Bundes besagt die Definition, dass es zu einem schwerwiegenden klinischen Verlauf kommen muss. Die Masern sind eine schwerwiegende Krankheit. Aber sie haben keinen schweren klinischen Verlauf.

Laut der Verfassung kann eine Impfung eine Körperverletzung sein. Es muss ein verfassungskonformes Verfahren geben. Es ist daher aber mehr als zweifelhaft, ob das vor dem Bundesverfassungsgericht tatsächlich Bestand haben würde. Deswegen setzen wir vor einer Pflicht darauf, alles auszuschöpfen, damit es tatsächlich gelingt, jeden davon zu überzeugen, dass es eine Frage der Solidarität ist, sich impfen zu lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das ist keine Frage allein von übergeordneten philosophischen Ansätzen. Wir wissen, dass es überhaupt nur 1 Prozent grundsätzlicher Verweigerer der Impfungen gibt. Das ist nur 1 Prozent. Das heißt, es gibt ein großes Potenzial. Man kann auf Freiwilligkeit setzen.

Wir appellieren auch, dass das ein soziales Verhalten ist. Es gibt da eine Solidargemeinschaft. Wir appellieren an alle draußen: Wer sich impfen lässt, schützt sich und andere. Das ist eine Frage der Solidarität und des gemeinsamen Lebens. Das muss heute als Signal von diesem Landtag ausgehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Herr Kollege Bocklet, vielen Dank.

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