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07.06.2009

Kordula Schulz-Asche über die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassenzahnärztliche Vereinigung

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Gesetz über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen trat am 1. Januar 1954 in Kraft und bietet bis heute die Grundlage für eine bundesweit einmalige, die sogenannte Erweiterte Honorarverteilung (EHV), bei der die Altersversorgung der ausscheidenden Ärzte durch eine Umlage von den aktiven Ärztinnen und Ärzten finanziert wird. Die EHV wurde im letzten Jahr mehrfach angepasst, allerdings muss man feststellen, dass der demografische Wandel natürlich auch bei den Ärztinnen und Ärzten stattfindet. Und so besteht zweifellos Bedarf dafür, eine Regelung zu finden, die sowohl von den älteren, also schon im Ruhestand befindlichen Ärztinnen und Ärzten, als auch von den jüngeren Ärztinnen und Ärzten als Generationengerechtigkeit empfunden und akzeptiert wird.

Die aktuelle Regelung entspricht diesem Anspruch nicht. Das sehen wir an der jahrelangen Diskussion. Deswegen ist es auch wichtig, sich mit dem Thema weiterhin zu beschäftigen. Herr Kollege Spies hat bereits darauf hingewiesen, dass ein weiteres Problem hinzukommt. Durch immer mehr Sonderverträge zwischen Ärztinnen und Ärzten und den Kassen gehen nämlich in bestimmten Bereichen die Honorare gar nicht mehr in den Kollektivvertrag der Kassenärztlichen Vereinigung ein und stehen damit auch nicht mehr für die Altersversorgung zur Verfügung.

Deshalb finden wir die Grundidee, auch außerhalb der KVH gezahlte Honorare inzwischen zu ungefähr 40 % in den EHV einzubeziehen, als richtig an. Offensichtlich beruht dies, das ist jetzt das Neue, auf einem breiten Konsens innerhalb der niedergelassenen Ärzteschaft in Hessen, sodass die SPD hier einen Antrag eingebracht hat, der fast wortgleich mit dem Antrag übereinstimmt, den die Kassenärztliche Vereinigung entworfen hat.

Meine Damen und Herren, wir sehen bei der Altersversorgung der Kassenärztlichen Vereinigung tatsächlich einen erheblichen Regelungsbedarf.

Ich habe aber auch schon in den letzten Debatten darauf hingewiesen, dass wir auch die Vorschriften im Sozialgesetzbuch V, die zur Auslagerung der Honorare führen, für wesentlich halten, und hier insbesondere die Weiterentwicklung der hausarztzentrierten Versorgung. Es muss klar sein, dass die Finanzierung der Altersversorgung der Ärzte nicht auf Kosten einer guten Patientenversorgung gehen darf.

Die Grundidee der hausarztzentrierten modellhaften Finanzierung besteht darin, dass der Hausarzt zur Anlaufstelle des Patienten wird, wo die verschiedenen Informationen, die Diagnosen der einzelnen Fachärzte, zusammenkommen. Denn wir glauben, dass es nur durch das Zusammenwirken dieser verschiedenen Fachärzte möglich ist, den Menschen, den Patienten als Ganzes zu sehen, die eigentlichen Krankheitsursachen zu erkennen und die Zusammenhänge mit anderen Krankheiten zu erleichtern.

Meine Damen und Herren, die hausarztzentrierte Versorgung ist für uns eine wesentliche Voraussetzung für den ganzheitlichen Blick auf die Gesundheit und die Krankheiten von Menschen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen sind wir der Meinung, dass die Finanzierung der Altersversorgung nicht zulasten dieser hausarztzentrierten Versorgung gehen kann. Ein weiterer Grund hierfür ist, dass die hausarztzentrierte Versorgung die Transparenz für die Patienten erleichtert, die Qualität und das Angebot der niedergelassenen Hausärzte nachzuvollziehen. Dazu gehören Qualitätszirkel. Dazu gehören praxiserprobte Leitlinien. Dazu gehören Fortbildungen, und dazu gehört ein wissenschaftlich anerkanntes Qualitätsmanagement. Meine Damen und Herren, dieses Modell der Hausarztzentrierung ist auch für die Patientinnen und Patienten als Verbraucherinnen und Verbraucher ein ganz wesentliches Moment einer verbesserten Gesundheitsversorgung.

Deswegen lassen Sie mich sagen: Wenn der Vorschlag – das werden wir in der Anhörung genau prüfen –, den die SPD hier vorgelegt hat, auf der einen Seite tatsächlich zur Altersversorgung der EHV beitragen kann, auf der anderen Seite aber nicht dazu führt, dass dem hausarztzentrierten Modell Mittel entzogen werden, dann können wir uns unter Umständen überlegen, auch in diese Richtung weiterzudiskutieren.

Ich möchte zum Abschluss aber noch auf einen Punkt eingehen. Ich glaube, dass auch das jetzt hier vorgelegte Modell nicht wirklich nachhaltig und demografiefest ist. Wir brauchen eine grundsätzliche Neuregelung für die ab sofort in den Ruhestand gehenden Ärzte. Wir brauchen eine solide Altersversicherung innerhalb der Kassenärztlichen Vereinigung. Deswegen halte ich es auch für notwendig, dass wir uns in der Anhörung mit den Modellen, die es in anderen Bundesländern zur Alterssicherung von Ärztinnen und Ärzten gibt, befassen. Ich glaube, dass es hier einer Diskussion bedarf. Denn im Moment reicht es nicht aus, wenn wir den vorhandenen Topf nur anders aufteilen und anders definieren. Wir brauchen eine demografiefeste Altersversorgung auch für die kassenärztlichen Ärztinnen und Ärzte in Hessen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Schönen Dank, Frau Schulz-Asche.

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