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02.04.2009

Kordula Schulz-Asche zum Equal Pay Day: unterschiedliche Entlohnung von Frauen und Männern endlich abbauen

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben den Antrag zum Equal Pay Day gestellt, weil wir es für eine richtige und gute Maßnahme halten, dass der Hessische Landtag die Initiative Equal Pay Day unterstützt. Das ist eine Initiative von Wirtschaftsverbänden und Frauenorganisationen, die seit 2008 in Deutschland durchgeführt wird. Wir denken, dass es ein gutes Zeichen ist, darauf hinzuweisen, dass Frauen in Deutschland bis zum 20.03. dieses Jahres haben arbeiten müssen, um das Gleiche zu verdienen wie ein Mann im Vorjahr. Deswegen unterstützen wir das Anliegen des Equal Pay Day, auf diese eklatante Ungerechtigkeit hinzuweisen und sie öffentlich zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Equal Pay Day soll auch dazu beitragen, über die Ursachen von unterschiedlichen Karrierechancen und unterschiedlicher Bezahlung zu diskutieren. Es gibt natürlich komplexe Gründe, warum das in Deutschland so ist. Aber wir haben vor allem auch einen Hauptgrund, der dafür verantwortlich ist, dass es so ist. Das ist die Zuschreibung von traditionellen Geschlechterrollen. Dazu gehört die Erwerbsunterbrechung von Frauen aus familiären Gründen. Dazu gehört ein Berufswahlspektrum, das sich gerade für Frauen trotz ihrer besseren Schulabschlüsse nach wie vor in bestimmten Ausbildungsberufen – nach wie vor sind es nur zehn bei über der Hälfte der Frauen – ausdrückt. Dazu gehört, dass Berufe, die mit Karriere verbunden sind und die auch höhere Hierarchiestufen zulassen, nach wie vor Männerberufe sind.

Wir haben typischerweise eine ganze Reihe von Berufen und Tätigkeiten, in denen wir nach wie vor überwiegend Frauen haben, die häufig niedriger angesehen werden, obwohl sie das, wenn man z. B. an die Erzieherinnen denkt, überhaupt nicht verdient haben, und die bei weitem schlechter bezahlt werden als vergleichbare typische Männerberufe.

Meine Damen und Herren, deswegen sind wir der Meinung, dass wir beim sogenannten Niedriglohnbereich auch über Mindestlöhne reden müssen und dass Mindestlohn eine wesentliche Frage bei der ungleichen Bezahlung der Geschlechter ist. Mindestlöhne sind eine Lösung für den Bereich des Niedriglohns und damit auch für viele Frauen, die kein Einkommen haben, das dafür ausreicht, die Existenz eigenständig zu sichern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir haben diesen Antrag als Entschließungsantrag eingebracht. Nun möchte ich etwas ausführlicher auf den Antrag der FDP und der CDU eingehen, der uns vorgelegt wurde. Wenn wir betrachten, dass wir in Deutschland, und zwar entgegen dem europäischen Trend, einen wachsenden Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen haben, dass wir europaweit zu den Schlusslichtern bei der gleichen Bezahlung von Männern und Frauen gehören, dann kann man keinen Antrag wie diesen vorlegen, der zur Überschrift haben müsste: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“.

Wir sind uns in der Analyse weitgehend einig, aber in einer solchen Zeit, in der der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern in Deutschland über 23 % beträgt, kann man sich einen solchen Antrag eigentlich nicht mehr leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Lassen Sie mich das an ein paar Beispielen deutlich machen. Sie fordern in Abs. 2, die Partnermonate des Elterngeldes für beide Partner zu erweitern. – So allgemein hört sich das gut an. Aber wenn wir wirklich eine Gleichberechtigung von Männern und Frauen haben wollen, dann müssen wir zu einem Elterngeld kommen, das gleichmäßig von Müttern und Vätern in Anspruch genommen wird. Das heißt fifty-fifty, und das muss man jetzt durchsetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben nach wie vor ein Berufswahlverfahren, wo sich viele Frauen für bestimmte Bereiche interessieren und insbesondere die Technik und die Naturwissenschaften zu kurz kommen. Wir haben auf der anderen Seite auch bei Jungen das Problem, dass bestimmte Berufe nicht gewählt werden. Sie erwähnen hier den Bildungs- und Erziehungsplan und dessen freiwillige Umsetzung. Wollen wir nun die stärkere Förderung von Technik und Naturwissenschaften auch für Mädchen, oder wollen wir es freiwillig der Situation vor Ort überlassen? Wollen wir freiwillig darauf verzichten, zusätzliche Mittel in die Kindergärten zu geben, damit sie diesen Bildungs- und Erziehungsplan überhaupt durchsetzen können?

All das steht in Ihrem Antrag nicht. Deswegen sage ich, Sie handeln nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn immer wieder und mit einer großen Beliebtheit das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf angesprochen wird, sage ich: Es ist richtig, wir brauchen mehr Kinderbetreuung, wir brauchen mehr Kinderbetreuung guter Qualität, und wir brauchen einen eigenen Rechtsanspruch von Kindern auf gute Betreuung und Bildung von Anfang an.

Präsident Norbert Kartmann:

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Aber wenn Sie, wie hier, von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf reden, dann kann es doch nicht um die bessere Belastbarkeit von Frauen in Familie und Beruf gehen, sondern wir kämpfen für eine gerechtere Entlohnung, und zwar eine gerechte Verteilung von Familienarbeit und Berufstätigkeit. Dazu gehört als Erstes eine gerechte Entlohnung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

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