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17.11.2009

Kordula Schulz-Asche zu: „Vorbeugen, vorsorgen und Verantwortung übernehmen – Impfung ist der beste Schutz“

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rentsch, ich glaube, der Popanz, den Sie gerade hier aufgebaut haben, nützt der Demokratie wirklich nichts. Wir wissen – es ist auch gesagt worden –, dass Herr Kollege Blum ebenfalls nach unten gegangen ist, um mit den Demonstrierenden zu sprechen. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass es das Interesse dieses Hauses sein muss, bestimmte politische Konflikte zu entschärfen, und dazu gehört der Dialog.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte allen Kolleginnen und Kollegen ausdrücklich danken, die sich diesem Dialog stellen und damit dazu beitragen, dass dieses Land demokratisch und in Freiheit weiterregiert werden kann. Zum Umgang mit der Bannmeile gehört auch, dass man den Dialog mit den Demonstrierenden sucht.

Herr Kollege Rentsch, es wäre vielleicht von Anfang an besser gewesen, wenn Sie sich dem Thema gewidmet hätten, über das wir gerade reden.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf alle noch einmal daran erinnern, worüber wir hier gerade reden; denn im Gegensatz zu dem, was von Ihnen gerade provoziert wurde, reden wir über ein Thema, das die Menschen draußen sehr wohl sehr stark beschäftigt. Ich finde, sie haben auch ein Recht darauf, dass sich der Landtag ernsthaft mit solchen Themen befasst. Ich danke ausdrücklich für die Regierungserklärung und die bisherige Diskussion über die Inhalte.

Meine Damen und Herren, wir haben seit April 2009 ein neues Grippevirus, H1N1 – besser bekannt als Schweinegrippe –, das um die Welt geht und inzwischen Deutschland, also auch Hessen, erreicht hat: in einem Ausmaß, dass im Moment niemand mehr exakt sagen kann, wie viele Menschen an dem Virus erkrankt sind. Wir haben eine steigende Zahl von Todesfällen zu verzeichnen – inzwischen 21 –, und wahrscheinlich werden weitere Menschen sterben.

Herr Kollege Rentsch, es ist die Aufgabe von uns allen, dafür zu sorgen, dass verantwortungsvoll und fachlich fundiert alles getan wird, um Menschen vor Erkrankungen zu schützen und Todesfälle möglichst zu verhindern.

„Die Zeit“ hat in der letzten Woche ihren Artikel über die Schweinegrippe mit dem Titel „Der Preis der Freiheit“ versehen. Ich finde, dies ist in vieler Hinsicht ein sehr passender Titel, was die Bewertung des bisherigen Verlaufs und des Umgangs mit der Schweinegrippe betrifft.

Es ist der Preis der Freiheit, dass dank der Mobilität unserer Gesellschaft wir in unserer globalen Welt zunehmenden Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind. Wo Menschen, Tiere und Waren um die Welt reisen, sind auch unerwünschte Begleiter dabei, und wir müssen uns darauf einstellen, dass Pandemien in Zukunft häufiger auftreten und dass damit Pandemien immer wieder eine Rolle spielen werden.

Von daher können wir froh sein, dass die Erkrankung, die durch das Virus H1N1 verursacht wird, auch im Vergleich zur saisonalen Grippe bisher eher harmlos verläuft. Man darf sich nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn sich ein extrem tödliches Virus, wie das Ebola-Virus, in ähnlich rasanter Weise ausgebreitet hätte. Da niemand weiß, wie sich ein spezielles Virus verbreitet oder ob es eventuell mutiert, sind wir aufgefordert, die Bevölkerung so weit wie möglich zu schützen.

Wenn wir uns die Freiheit der weltweiten Mobilität erhalten wollen, müssen wir einen besseren Umgang mit Pandemien erlernen, als es bis jetzt der Fall ist. Deswegen lohnt sich ab und zu auch ein kritischer Rückblick auf das, was man in der Vergangenheit hätte besser machen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben im Juni dieses Jahres im Landtag schon einmal über dieses Thema diskutiert und dabei vor allem über Präventionsmaßnahmen, wie etwa das Händewaschen, gesprochen. Das ist heute schon erwähnt worden. Wie so oft in Deutschland ist gerade in Bezug auf Aufklärung und Information viel zu wenig passiert.

Lassen Sie mich ein ganz kleines Beispiel nennen: Tausende von Urlaubern trinken jedes Jahr auf einer ganz bestimmten Insel mit Strohhalmen Sangria aus Eimern. Was hätten im Vorfeld für Möglichkeiten bestanden, aufzuklären; denn es gab die erste große Welle dieser Erkrankung, als die Urlauber, die nicht ausreichend aufgeklärt und informiert worden waren, von dieser Insel zurückkamen. Ich denke, das ist z. B. ein Punkt, aus dem man für die Zukunft durchaus lernen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben in Deutschland bei Information und Aufklärung Defizite, und deswegen können wir nur bedauern, dass wir seit Juni eine Phase hatten, in der diese Aufklärungsarbeit – meiner Meinung nach – nicht in ausreichendem Maße stattgefunden hat; denn alle warteten bereits auf den Impfstoff. Das hat überhaupt erst den Raum für Spekulationen, Missverständnisse, Widersprüchlichkeiten und unterschiedliche Interpretationen geschaffen – an denen allerdings auch unser ehemalige und unser jetziger Bundesminister mit relativ unklaren Äußerungen beteiligt waren.

Nun ist Impfen sicherlich ein wichtiges Mittel der Prävention. Aber es ist auch ein Arzneimittel mit Zulassungsbedingungen und Nebenwirkungen. Wir haben hier von Frau Fuhrmann schon entsprechende Fragen gehört.

Impfungen haben vier wichtige Ziele. Das erste Ziel ist die regionale oder auch weltweite Ausrottung von bestimmten Infektionskrankheiten. Bei allen vielleicht auch berechtigten Ängsten vor Impfungen: Wir haben die Pocken weitgehend ausgerottet. Die Masern stellen zumindest in unseren Regionen kein großes gesundheitliches Problem mehr dar. In Afrika dagegen sind die Masern immer noch eine der Hauptursachen für das Sterben von Kindern. Auch die Kinderlähmung ist ein Beispiel. Das heißt, wir haben gute Erfahrungen mit Impfungen gemacht, gerade wenn es darum geht, Krankheiten global auszurotten oder zumindest weitgehend auszurotten. – Das ist das eine Ziel der Impfungen.

Wir haben ein zweites Ziel von Impfungen, das gerade in dem Fall, über den wir hier reden, von Bedeutung ist. Man kann auch die seuchenhafte Ausbreitung von Infektionskrankheiten verhindern. Das ist das Ziel, das Herr Banzer bereits im Juni erwähnt hat. Wir müssen wirklich sagen, dass uns das bei der Schweinegrippe nicht gelungen ist. Das lag natürlich auch daran, dass wir nicht bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt einen Impfstoff hatten.

Dann gibt es einen dritten Grund für die Impfung: Man kann Personen impfen, die in einem Kontakt mit Personen stehen, die nicht geimpft werden können, z. B. chronisch Kranke oder sonst besonders gefährdete Gruppen. Außerdem geht es um den Schutz jedes Einzelnen. Auch das ist letztendlich ein Argument, um sich impfen zu lassen.

Sich impfen zu lassen, ist aber immer und vorrangig eine ganz individuelle Entscheidung. Aber diese Entscheidung hat auch eine soziale Komponente. Denn je mehr Menschen geimpft sind, umso größer ist auch der Schutz aller vor einer Infektion.

Es ist der Preis der Freiheit, dass wir, zum Glück, keine Impfpflicht und keine Gesundheitspolizei haben. Vielmehr muss jeder, hoffentlich gut fundiert, die Entscheidung fällen: impfen: ja oder nein? – Es ist auch der Preis der Freiheit, dass wir mit einer Vielzahl Informationen, Gegeninformationen, Theorien und Verschwörungstheorien überschüttet werden.

Ich finde, das muss man schon feststellen: Wir haben in den letzten Monaten ein Kommunikationsdesaster erlebt. Das betrifft auch die politische Ebene. Das zeigte, wie wenig wir wirklich auf solche Pandemien vorbereitet sind. Wer zahlt für die Impfung, und wie viel? Braucht es eine Impfung, oder braucht es zwei Impfungen? Wie transparent sind die Entscheidungen, die da gefällt wurden? Wie stark ist der Einfluss der Pharmaindustrie?

All das hat dazu geführt, dass wir in der Bevölkerung eine große Verunsicherung haben. Trotz des Interesses, aus den Fehlern zu lernen, kann das nicht in unserem Interesse sein, auch wenn wir bedenken, dass wir weiterhin von Pandemien bedroht sein werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Meine Damen und Herren, deswegen müssen wir alle daran arbeiten, dass es in Zukunft nicht mehr so viele verunsicherte Bürgerinnen und Bürger geben wird. Vielmehr muss es die Möglichkeit einer selbstbestimmten Entscheidung auf der Grundlage guter und möglichst objektiver Informationen geben.

Ich finde, umso wichtiger ist es, dass es rechtzeitige, klare und transparente Entscheidungen unabhängiger Institutionen gibt. Wir haben da zwei Institutionen. Wir haben – das wurde schon angesprochen – das Robert Koch-Institut. Das ist dem Bundesministerium zugeordnet. Es handelt sich um eine staatliche Institution, die für die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung insbesondere von Infektionskrankheiten zuständig ist.

Wir haben das Paul-Ehrlich-Institut. Auch hierbei handelt es sich um eine staatliche Institution, die unter anderem biomedizinische Arzneimittel, wie es Impfstoffe für Menschen und Tiere sind, prüft und zulässt.

Wir haben die beim Robert Koch-Institut angesiedelte Ständige Impfkommission, die Empfehlungen für die Art und die Durchführung der Impfungen gibt.

Meine Damen und Herren, einige von Ihnen wissen, dass ich lange in der HIV-Aids-Arbeit tätig war. Da handelt es sich um eine andere Infektionskrankheit. Ich kann nur sagen, dass meine Erfahrungen mit diesen beiden Instituten sehr gut waren. Ich kann nur jeder Bürgerin und jedem Bürger empfehlen, sich anzuschauen, was dort bundesweit empfohlen wird, wenn sie oder er sich darüber informieren will, was im Moment zur Schweinegrippe gesagt wird.

Die Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission, die am 12. Oktober 2009 veröffentlicht wurde, ist da relativ eindeutig. Sie gilt bis heute unverändert. Demnach sollen entsprechend der Verfügbarkeit des Impfstoffes folgende Gruppen prioritär geimpft werden. Zu den Ersten gehören alle Beschäftigten, die Kontakt mit kranken Patienten haben und die in der Wohlfahrtspflege arbeiten. In Hessen sind die Polizei und die Feuerwehren mit einbezogen worden. Die zweite Gruppe besteht aus allen Personen, die älter als sechs Monate sind und die bestimmte Vorerkrankungen, besonders chronische Erkrankungen, haben.

Auch das wurde schon angesprochen. Bei der dritten Gruppe handelt es sich um eine, zu dem das Robert Koch-Institut und auch die Ständige Impfkommission inzwischen sagt, es handele sich um ein hoch komplexes Thema. Das betrifft die Impfung der Schwangeren und der Wöchnerinnen. Auch dazu gibt es eine Empfehlung des Paul-Ehrlich-Institutes und des Robert Koch-Institutes, wie damit umzugehen ist, bis der Impfstoff, der jetzt für November und Dezember 2009 angekündigt ist, vorrätig ist.

Die Empfehlung ist ganz eindeutig. Ich weiß gar nicht, warum auch heute wieder in der „Frankfurter Rundschau“ steht, es gebe keine bundesweiten eindeutigen Empfehlungen. Die Empfehlung lautet: So lange dieser Impfstoff nicht verfügbar ist, soll es eine persönliche Risikoabwägung der Schwangeren geben. Das heißt: Diejenigen, die einem besonders hohem Risiko ausgesetzt sind, die z. B. schon drei Kinder haben, die alle in die Schule gehen und deswegen dort besonders schnell mit dem Virus in Berührung kommen können, sollten sich eher impfen lassen. Diejenige, die vielleicht ihr erstes Kind bekommt und sich hauptsächlich zu Hause aufhält, hat ein sehr viel geringeres Risiko und sollte sich eher nicht impfen lassen.

Das sind doch alles Empfehlungen, die bundesweit vorliegen. Mich erstaunt es immer ein bisschen, dass wir zwei so anerkannte Institutionen haben, aber sowohl die Presse als auch viele Ärzte, also Hausärzte und Kinderärzte, so tun, als gäbe es diese bundesweit geltenden Empfehlungen nicht.

Es gibt dann eine Übersetzung für die normalen Bürger, die wir auf der Seite des Sozialministeriums finden. Wir haben bundesweit geltende Empfehlungen. Mir ist nicht klar, warum auch auf der politischen Ebene – das war bei Frau Schmidt nicht ganz klar, bei Herrn Rösler ist es das sowieso nicht – die Empfehlungen nicht so angenommen werden, wie das eigentlich normal sein sollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Lothar Quanz und Petra Fuhrmann (SPD))

Lassen Sie mich aber auch anmerken, dass es natürlich wichtig ist, die Transparenz der Entscheidung des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts – bei der Ständigen Impfkommission muss das sowieso gegeben sein – erkennen zu können. Solche Entscheidungen müssen auch kritisch begleitet werden. Zum Beispiel müssen die Mitglieder der Ständigen Impfkommission ständig mitteilen, welche Interessenkollisionen vorliegen könnten. Das muss veröffentlicht werden. Sicherlich kann es da aber noch mehr Transparenz geben. Ich finde es auch richtig, dass da mehr Transparenz eingefordert wird.

Wir haben die kritische Begleitung solcher Organisationen z. B. durch das arznei-telegram und die Sendung Frontal21 aus der letzten Woche. Das alles ist richtig. Aber wir haben auch diese Empfehlung für eine Infektionskrankheit. Ich glaube, an diese sollte man sich weitestgehend halten.

Eines muss ich Ihnen ehrlich sagen. Ich habe während meiner Tätigkeit im HIV-Aids-Bereich gute Erfahrungen mit beiden Institutionen gemacht. – Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass ich dem Robert Koch-Institut und dem Paul-Ehrlich-Institut bei Weitem mehr Glaube als dem Inhalt der Massen-E-Mails, Twitter-Meldungen und sonstigen selbst ernannten Experten. Ich finde, wir alle sollten da einheitlich auftreten und solche E-Mails nicht weiterverbreiten.

Das möchte ich noch einmal extra betonen: Gestern hatten wir eine E-Mail, in der die Sorge verbreitet wurde, dass das Adjuvans im Impfstoff Pandemrix, das Squalen, zum Golf-Kriegs-Syndrom führen könnte. Wer sich auf die Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts begibt, findet dort schon die Antwort. Gerade Squalen-Antikörper sind bei einem Großteil der Bevölkerung ohnehin schon aufgrund anderer Impfungen vorhanden. Es gibt gar keinen Beleg dafür, dass es tatsächlich einen Zusammenhang mit dem Golf-Kriegs-Syndrom gibt.

Ich habe keine einzige Information, aus der geschlussfolgert werden könnte, dass man dieser Mitteilung des Paul-Ehrlich-Institutes nicht glauben könnte. Wir alle sollten versuchen, ungeprüfte Informationen möglichst nicht weiterzuverbreiten.

Ich möchte auf einen weiteren Punkt eingehen. Ich hatte gesagt: Wir müssen aus dem bisherigen Umgang mit der Schweinegrippe lernen.

Die Impfungen werden bei uns aufgrund einer Vereinbarung der Kassenärztlichen Vereinigung mit dem Ministerium durchgeführt. Dadurch sind im Prinzip für alle gesetzlich Versicherten die Impfkosten abgedeckt. Wenn wir sagen: „Eine Impfung ist im öffentlichen Interesse“, dann dürfen wir das nächste Mal nicht erst im Verfahren bemerken, dass es auch Privatpatienten gibt. Zumindest dem Herrn Rentsch hätte auffallen müssen, dass der gesamte Bereich der gesetzlich Versicherten abgedeckt ist, dass aber in diesem Fall die von ihm so geliebten Privatkrankenversicherten überhaupt nicht berücksichtigt wurden. Wenn wir tatsächlich das Interesse haben, dass es zu öffentlich gesteuerten Impfungen kommt, dann hätten wir früher daran denken müssen, dass natürlich auch die Privatpatienten hätten einbezogen werden müssen.

Herr Kollege Rentsch, Sie haben vorgeschlagen, die Betriebsärzte sollen impfen. „Warum denn nicht?“, kann ich da nur sagen.

Ich habe das schon vorgelesen: Die meisten Mitarbeiter in den Unternehmen – ausgenommen derjenigen, die mit Patienten zusammenarbeiten – gehören überhaupt nicht in die prioritären Gruppen. Deswegen finde ich es auch falsch, wieder die Argumentation zu benutzen, man könne da ganz schnell impfen. Ich finde, wir sollten uns im Moment tatsächlich auf die prioritären Gruppen konzentrieren, und zwar so lange, bis der Impfstoff in ausreichendem Maße vorhanden ist. Ich glaube, wir täten damit allen einen Gefallen. Wir würden damit keine zusätzliche Verunsicherung schaffen. Vielmehr wäre das tatsächlich ein vernünftiger Umgang, der zeigen würde, dass wir aus den bisherigen Erfahrungen gelernt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Es gibt auch eine Strategie des Landes. Herr Minister Banzer ist darauf und auf den Pandemieplan ausführlich eingegangen. Ich glaube, man muss dann auch noch einmal genau auswerten, inwieweit die Empfehlungen stringent umgesetzt wurden. Das gilt insbesondere auch deswegen, weil, wie sich in diesem Fall herausstellt, nicht genügend Impfstoff zur Verfügung steht.

Ich möchte aber an dieser Stelle das bisherige Vorgehen noch einmal ausdrücklich loben. Bisher wurde der Pandemieplan – zumindest von Ministeriumsseite – weitgehend eingehalten. Der Minister hat mehrfach an die Haus- und Kinderärzte appelliert, zu impfen. Er hat an die Bevölkerung appelliert, sich impfen zu lassen. Er hat auch immer wieder darauf hingewiesen, dass es Gruppen gibt, die vorrangig zu impfen sind. Das betrifft das Gesundheitspersonal, die Polizei, die Feuerwehr und die chronisch Kranken.

Umso erstaunlicher ist der Brief der Kultusministerin Henzler vom 5. November 2009, der an alle Lehrkräfte und nachgeordneten Behörden gerichtet ist. Offensichtlich nicht in Absprache mit dem Gesundheitsministerium wurden in diesem Brief Lehrern kostenlose Impfungen bei den Gesundheitsämtern angeboten.

Dieser aktionistische Plan von Frau Henzler platzte mitten in die Impfaktionen der Feuerwehren in den Landkreisen hinein. Die Gesundheitsämter wussten von nichts. Das Personal in den Kindertagesstätten fragte sich zu Recht: Warum die Lehrer und nicht wir? – Ausreichende Impfstoffe für eine so große Aktion waren zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht vorhanden. Ich möchte an der Stelle als Kritik hinzufügen: Ich hätte hier zumindest eine nachträgliche Erklärung oder Erläuterung dieses Vorgangs in der Regierungserklärung erwartet. Auch das gehört dazu, wenn man sagt, man will aus Fehlern lernen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es geht im Moment sicher nicht darum, an Kleinigkeiten herumzumeckern. Aber die Abstimmung der Ressorts untereinander ist ein ganz wesentlicher Punkt einer vernünftigen Pandemieplanung. Hier haben wir ein Zeichen, dass offensichtlich das in dem Fall zumindest nicht funktioniert hat.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

– Vielleicht sagen Sie dazu noch einmal etwas. – Ich hatte eigentlich erwartet, dass Sie vielleicht noch einmal spontan auf diese Problematik eingehen.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich abschließend ganz herzlich bei den hessischen Gesundheitsämtern bedanken, die, soweit ich das überblicke, sehr besonnen und tatkräftig auf die Epidemie reagiert haben und reagieren, und allen anderen Beteiligten, die in der letzten Zeit versucht haben, der Panik entgegenzuwirken, damit vernünftig umzugehen, vernünftig zu informieren.

Die Stadt Frankfurt hat in der letzten Woche ihren eigenen Pandemieplan aktiviert und empfiehlt erstens, dass man in Betrieben direkte Kontakte mit Mitarbeitern möglichst reduzieren sollte, soweit das geht. Kranke sollten auf jeden Fall zu Hause bleiben. Der Frankfurter Pandemieplan sieht auch vor und empfiehlt Bürgerinnen und Bürgern, sich häufig und gründlich die Hände zu waschen – das ist bereits gesagt worden –, Abstand zu offensichtlich erkälteten Personen zu halten und sich einen Impftermin bei einem Hausarzt zu besorgen.

Meine Damen und Herren, diesen Empfehlungen werde ich folgen und mich impfen lassen, wenn alle prioritären Gruppen geimpft sind und ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Frau Schulz-Asche.

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