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12.12.2012

Karin Müller: Gesetz über die Förderung von sozialem Wohnraum in Hessen

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Mit dem Gesetz der Landesregierung findet er auch keine bezahlbare Wohnung mehr, zumindest im Ballungsraum. – So könnte man den Gesetzentwurf kurz zusammenfassen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU)
Auch nach der Anhörung fühlen wir uns darin bestätigt, einen eigenen Gesetzentwurf – die wesentlichen Punkte, die sich unterscheiden, hat Herr Lenders schon vorgetragen – vorgelegt zu haben. Auch mit dem Änderungsantrag von CDU und FDP – Herr Siebel hat es gesagt – wird der Gesetzentwurf nur marginal verbessert. Deswegen werden wir uns auch da enthalten. Auch bei dem Entwurf der LINKEN gibt es einiges, was richtig ist, aber auch einiges, was falsch ist. Deswegen werden wir uns auch da enthalten.
Der wesentlichste Punkt bei allen Anträgen ist, dass die Einkommensgrenzen viel zu hoch sind. Bei der CDU sind die Einkommensgrenzen bei 14.500 Euro. Die SPD hat da noch eine Schippe draufgelegt, dort sind es 17.000 Euro. DIE LINKE dachte wohl, mehr hilft mehr, also sind es dort 18.000 Euro. Aber das Gegenteil ist der Fall; denn so wird es immer unwahrscheinlicher, dass die Bedürftigsten überhaupt noch Wohnraum finden werden. Wenn die Einkommensgrenze zu hoch ist, was passiert dann? – Die Vermieter werden natürlich diejenigen nehmen, die mehr Einkommen haben. Diejenigen, die am wenigsten haben, fallen komplett hinten runter, und das in der momentanen Situation. Das ist einfach unverantwortlich, deswegen können wir das auf keinen Fall mittragen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Wie setzen die Einkommensgrenzen bei 13.200 Euro an. Das sind schon 10 Prozent mehr als im Bundesrecht, also 1.200 Euro mehr. Allein damit würden 40 Prozent der hessischen Haushalte berechtigt sein, in sozial geförderten Wohnraum zu ziehen. Und was schaffen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf und was haben Sie bisher geschafft? Nicht viel. Der soziale Wohnungsbau ist immer mehr abgebaut worden. Und Sie wissen, dass in Hessen 40.000 Haushalte bezahlbaren Wohnraum suchen. Bis 2025 geht die Anzahl an Sozialwohnungen noch drastisch zurück: 45.000 weitere Wohnungen laufen aus der Sozialbindung aus. Davor können Sie doch nicht die Augen verschließen, dafür müssen Sie etwas tun und nicht einfach nur die Einkommensgrenzen hochsetzen und suggerieren, damit wäre alles gut.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ein weiterer wesentlicher Unterschied – Herr Lenders hat es schon gesagt – ist, dass wir den Mietwohnungsneubau fördern wollen, Sie aber der Eigentumsförderung den Vorrang geben. Bei der Anhörung hat Herr Engelhardt gesagt – auf Nachfrage hin differenziert –, es sei nicht der Neubau, der im ländlichen Raum gefördert werden soll, sondern die Sanierung. Das können Sie aber mittlerweile auch ganz bequem über KfW-Kredite machen, dazu brauchen Sie nicht die knappen Mittel des Landes im sozialen Wohnungsbau im ländlichen Raum fördern. Da müssen Sie etwas in den Ballungsräumen tun. Daher fordern wie Sie auf: Tun Sie etwas und reden Sie nicht nur.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Auch dieser Gesetzentwurf reiht sich in die kommunalfeindlichen Vorhaben der Landesregierung ein; das Thema Fehlbelegungsabgabe haben wir eben schon andiskutiert und vielfach im Ausschuss besprochen. Sie haben damit den Kommunen das einzige Instrument aus der Hand genommen, was ihnen noch die Möglichkeit gegeben hat, Sozialwohnungen neu zu bauen. Das ist jetzt nicht mehr möglich, weil die Kommunen einfach kein Geld mehr dafür haben. In drei Jahren haben die Kommunen durch die Fehlbelegungsabgabe 50 Millionen € eingenommen. Das wurde wieder reinvestiert und neuer Sozialwohnungsbau geschaffen. Das alles entfällt jetzt. Man könnte sagen, die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe fordert zum Sozialwohnungsmissbrauch auf. Herr Kollege Merz hat die Situation aufgrund der vorigen Diskussion geschaffen. Ich meine nicht Herrn Kollegen Merz, sondern den Kollegen – –
(Zuruf)
– Nein, Quatsch, nicht Herr Siebel.
(Heiterkeit)
Vizepräsident Frank Lortz:
Frau Kollegin, das haben wir jetzt nicht zur Kenntnis genommen, den Kollegen Quatsch kennen wir nicht. Also sehen Sie zu, dass Sie während Ihrer Redezeit noch den Kollegen finden, den Sie angreifen wollen.
Karin Müller:
Ich wollte das Urheberrecht bei Herrn Grumbach lassen. – Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir den Kommunen die Möglichkeit zurückgeben, bei Wohnungsmangel in den Ballungsräumen die Fehlbelegungsabgabe wieder einzuführen.
Es gibt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung, die Mietsteigerungen in Großstädten prognostizieren; Sie haben Sie vielleicht gelesen. Frankfurt ist die Stadt, in der die Mieten am meisten ansteigen werden. Herr Feldmann hat es in seinem Wahlkampf aufgegriffen. Ich würde jetzt nicht sagen, von Feldmann lernen, heißt siegen lernen –
(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU)
aber es ist ja auch nicht alles falsch gewesen. Deswegen haben wir den SPD-Antrag im Ausschuss auch unterstützt, abgesehen von den hohen Einkommensgrenzen. Aber vielleicht sind Sie da auch noch lernfähig.
Wenn Sie etwas gegen den Mangel an sozialem Wohnungsbau tun wollen, dann stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu. Damit haben Sie dann auch die Wohnungswirtschaft und die Kommunen auf Ihrer Seite. Das haben sie in der Anhörung ganz deutlich gesagt. Bei der Nassauischen Heimstätte haben Sie Ihre Positionen ja auch geändert, da haben Sie eingesehen, dass es wirtschaftlich falsch gewesen wäre, die Wohnungsbaugesellschaft zu verkaufen. Ihr Gesetzentwurf ist wohnungspolitisch falsch, also stimmen Sie unserem zu. Tun Sie den Menschen mit niedrigem Einkommen, die keinen bezahlbaren Wohnraum haben, vor Weihnachten noch einen Gefallen, stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu und ziehen Sie Ihren zurück und alles wird gut.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Frank Lortz:
Vielen Dank, Frau Kollegin Müller.

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