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10.03.2016

Frank-Peter Kaufmann: Fluglärm wirksam reduzieren

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt von den letzten Vorrednern vom Pult aus so viel merkwürdiges Zeug erzählt worden, dass es relativ schwerfällt, das irgendwie geordnet zusammenzufassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will einmal mit dem ursprünglichen Titel anfangen: DIE LINKE bringt hier im Mai des letzten Jahres mit zweimonatiger Zeitdifferenz einen Antrag der grünen Bundestagsfraktion ein. Die wesentlichen Änderungen, die Frau Wissler angesprochen hat, bestehen darin, dass aus „Bundesregierung“ „Landesregierung“ wird. Darüber hinaus soll das Land Hessen im Bundesrat eine Initiative ergreifen, weil man dieses Gesetzgebungsverfahren hier nicht direkt machen kann. Ansonsten ist dieser Antrag im Text identisch.
Ich kritisiere hier überhaupt nicht irgendwelche Plagiatsfragen. Ich finde es eher sehr gut, und ich bedanke mich dafür, dass wir durch DIE LINKE Unterstützung für unsere guten Gedanken und Vorstellungen zum Thema Lärmschutz im Flugverkehr erhalten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
– Lieber Herr Kollege Schaus, dann stellt sich allerdings auch die Frage: Warum haben Sie dafür neun Monate lang gebraucht, um es am Ende hier aufzurufen?
(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Sie haben ja schon gehört, dass er dadurch bedauerlicherweise teilweise veraltet ist und nicht mehr den aktuellen Stand der Dinge wiedergibt. Sie haben den Antrag zuerst eingebracht und ihn dann schubladisiert. Es ist gut, dass wir es endlich diskutieren. Aber erlauben Sie mir die Feststellung: Ein bisschen beleidigt sind wir schon, dass unsere guten Ideen so lange gelagert wurden, ohne hier der Debatte zugeführt zu werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Verehrte Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, der Antrag ist überschrieben mit den Worten: „Fluglärm wirksam reduzieren“. Ich darf Ihnen Folgendes vorlesen:
In dieser Situation ist es vorrangiges Ziel der Landespolitik, die mit dem Betrieb des Flughafens einhergehenden Belastungen für Mensch und Umwelt in einem höchstmöglichen Maß rasch wirksam zu verringern.
Das steht im Koalitionsvertrag zwischen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie wissen, dass „reduzieren“ und „verringern“ im Wortsinne identisch sind.
(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Das, was Sie über Ihren Antrag geschrieben haben, haben wir schon ein Jahr vorher gemeinsam mit der CDU im Koalitionsvertrag als Ziel festgehalten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Kommen wir jetzt zu den in dem Antrag festgehaltenen Inhalten. Da ist zum einen die Rede davon, dass die Belastungen durch Fluglärm nach oben hin zu begrenzen sind. Herr Kollege Weiß hat es angesprochen, das sind die Lärmobergrenzen – wenn man also Fluglärm nach oben hin begrenzen will. Da kann ich auch den Koalitionsvertrag zitieren:
Entsprechend der Empfehlungen der Mediation wird vereinbart, eine Lärmobergrenze für den Flughafen Frankfurt einzuführen. Ziel ist es, eine deutliche Lärmreduzierung gegenüber den im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Werten zu erreichen.
Mit anderen Worten: Sie merken, das ist nicht nur eine Einheit zwischen den Gedanken der GRÜNEN auf Bundesebene und dem, was wir hier tun. Sie merken darüber hinaus sogar, dass es uns gelungen ist, gemeinsam mit unserem Koalitionspartner dies als gemeinsame Ziele festzuhalten.
Dann geht es weiter in dem Antrag, den Sie zitiert und so gut gefunden haben:
… aktivem vor passivem Schallschutz Vorrang einräumen.
Das ist leider, wie wir gerade von Kollege Weiß gehört haben, auf Bundesebene nicht gelungen. Bei uns ist es gelungen. Im Koalitionsvertrag steht, ich zitiere erneut:
Dabei haben Maßnahmen zum aktiven Schallschutz gegenüber passiven Schallschutzmaßnahmen eine eindeutige Priorität.
(Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD))
Ich will die Beispiele jetzt nicht zu weit vorantreiben, sonst fürchten die Kolleginnen und Kollegen der CDU, wir hätten sie komplett für die grüne Programmatik eingefangen. Sie merken daran doch ganz eindeutig, dass wir unser Programm des Lärmschutzes ernst nehmen und im Gegensatz zu manch anderen nicht nur Forderungen in die Welt stellen, sondern tatsächlich und zwar alltäglich engagiert daran arbeiten, den Zustand zu verbessern.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Verehrter Herr Kollege Rock, verehrte Frau Kollegin Wissler, genau deswegen sind die Vorwürfe in Sachen Lärmpausen Unfug. Sie sollten als Grundlage zur Kenntnis nehmen, dass die Erweiterung des Flughafens Frankfurt durch die neue Nordwest-Landebahn bis zum heutigen Tage aus Lärmbedeutungssicht nichts anderes war und ist als eine Lärmverschiebung. Wir haben nicht mehr Flugbewegungen als wir im Jahr 2007 hatten. Wir haben zurzeit sogar deutlich weniger. Es ist also eine Lärmverschiebung.
Wenn die Lärmverschiebung zusätzliche Betroffenheiten und Belastungen erregt, dann ist es das erste sinnvolle Mittel, zu sagen, man prüft, ob man diese Verschiebungen drehen oder rückgängig machen kann, um die Lärmbelastung zu verringern. Genau das sind die Lärmpausen. Genau das ist geschehen. Genau das ist auch erfolgreich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Die Fluglärmkommission hat am gestrigen Tag Folgendes beschlossen. Ich zitiere:
Die Fluglärmkommission Frankfurt stimmt deshalb einer Überführung der Maßnahme „Lärmpausen“ vom Probe- in den Regelbetrieb zu.
Meine Damen und Herren, was wollen wir mehr? Die Fluglärmkommission, die bestimmt die Belange derjenigen, die sich vor Fluglärm geschützt sehen wollen, sehr engagiert vertritt, findet es gut. Die Fluglärmkommission steht unter dem Vorsitz von Bürgermeister Jühe aus Raunheim, der bekanntermaßen weder der CDU noch den GRÜNEN angehört. Insoweit sollte er politisch unverdächtig sein, dass er das an den Fluglärmbelastungen ausrichtet.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD))
Im Übrigen muss ich den Kollegen Weiß wieder einmal daran erinnern, dass Lärmpausen als politische Forderung vor der letzten Landtagswahl – also bezogen auf die laufende Legislaturperiode – als einzige Partei von der SPD gefordert wurden. Ich zitiere aus dem Programm der SPD:
Deswegen müssen schnellstmöglich weitere Entastungsmöglichkeiten durch ein wirkliches Anschwellen zwischen 5:00 und 6:00 Uhr sowie Abschwellen zwischen 22:00 und 23:00 Uhr, durch die schnellstmögliche Einführung lärmoptimierender An- und Abflugverfahren, durch belastungsärmere Flugroutenplanung sowie eine konzentrierte Nutzung des Bahnsystems (Lärmpausen) konsequent genutzt werden.
Man könnte also sagen, die Lärmpausen waren eine Idee der SPD. Es war dann nur wieder keine Substanz dahinter. Deswegen erkennen Sie genau daran den Unterschied zwischen lockeren Forderungen und tatsächlicher Arbeit zugunsten derjenigen, die vor Lärm geschützt werden wollen. Genau diese konsequente Arbeit leistet die Koalition unter der Führung unseres Wirtschaftsministers.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD))
Wenn wir den Antrag, den DIE LINKE eingebracht hat, und die Diskussion, die es dazu im Bundestag gegeben hat, betrachten, dann muss ich doch noch einmal, auch unter dem Aspekt der Kritik der SPD, anmerken, dass sie im Bundestag dem Antrag nicht nur nicht zugestimmt hat, sondern in der Ausschussberatung auch darauf hingewiesen hat, dass sie das Eingrenzen des Flugbetriebs durch das Ordnungsrecht ablehnt und stattdessen auf einen konstruktiv kritischen Dialog setzt. Das Eingrenzen des Flugbetriebs durch Ordnungsrecht ist das, was Herr Kollege Weiß gerade im Zusammenhang mit den Lärmobergrenzen unterstellt hat.
Herr Kollege Weiß, wenn manches so einfach wäre, dann hätte ich eigentlich von Ihnen erwartet, dass Sie uns heute unter dem Thema, wie kann man Lärmschutz verbessern, dargestellt hätten, wie man die Wahlkampfaussage der Frankfurter SPD zum Nachtflugverbot zwischen 22:00 und 6:00 Uhr umsetzen will. Es wäre interessant zu wissen, wie das gehen soll. Ich sage Ihnen sicherlich kein Geheimnis: Das würden alle gerne so rasch wie möglich umsetzen.
(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
– Ja, fast alle. Entschuldigung, Herr Kollege Rock möchte es nicht, so wie wir gehört haben. Aber die meisten im Rhein-Main-Gebiet wollen es, wenn es denn gehen soll.
Eine letzte Bemerkung möchte ich noch machen und nehme dabei Bezug auf die Diskussion in der letzten Sitzung des Hauptausschusses. Staatsminister Wintermeyer wurde gefragt, wie es mit der Bundesratsinitiative in Sachen Lärmschutz aussehe. Diese Initiative wurde im Übrigen von dieser Regierung, an führender Stelle vom Kollegen Al-Wazir, zusammen mit den Nachbarländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sozusagen renoviert und neu eingebracht. Daran merken Sie, das sage ich insbesondere in Richtung der LINKEN, dass es sehr viel leichter und schneller gesagt ist, eine Bundesratsinitiative einzureichen, als etwas damit zu erreichen.
Ein einziges Bundesland kann in einem der Fachausschüsse schon erreichen, dass eine Initiative zurückgestellt wird und auf Wiederaufruf wartet. Demzufolge ist das Verfahren über den Bundesrat in die Gesetzgebung einzugreifen, nicht nur wegen der politischen Implikation, die es auch haben mag, sondern schon allein wegen der Ablaufwege und rechtlichen Regelungen sehr schwierig.
(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Von daher ist es logisch, bei bundespolitischen Zuständigkeiten die Debatte im Bundestag zu beginnen.
(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Demzufolge hat unsere Bundestagsfraktion auch überhaupt nicht falsch gehandelt. Verehrte Frau Kollegin Wissler, zu glauben, man könnte einfach nur alles abschreiben und dann sagen, dann machen wir es eben im Landtag, das klappt nicht, weil es auch nicht zielführend ist. In diesem Sinne werden wir den Antrag ablehnen. – Danke schön.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Vizepräsidentin Heike Habermann:
Vielen Dank.