Inhalt

22.12.2009

Frank Kaufmann zur Regierungserklärung des Staatsministers Posch zur Unterrichtung über die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der selbst ernannte Arbeiterführer Dr. Christean Wagner begründet die Forderung nach einem Flughafenausbau ohne Nachtflugverbot. Genau das haben wir eben erlebt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Da schreckt er auch nicht vor einer wahrheitswidrigen Behauptung nach der anderen zurück. Herr Kollege Dr. Wagner, das, was in dem Koalitionsvertrag stand, ist exakt das, was der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil geschrieben hat,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

nämlich ein ergänzendes Verfahren durchzuführen, um das Nachtflugverbot am Ende doch noch durchzusetzen.

Meine Damen und Herren, aber ich will mich gar nicht weiter mit dem missglückten Satireversuch des Kollegen Dr. Wagner befassen, sondern eher mit der mehr wort- als inhaltsreichen Erklärung des Verkehrsministers.

Dazu lässt sich als Erstes feststellen, und da passt Herr Dr. Wagner wunderbar hinein: Es tut dem Land Hessen erkennbar überhaupt nicht gut, dass neben dem Ministerpräsidenten auch noch sieben von acht Fachressorts ebenfalls von Juristinnen und Juristen besetzt sind. Bei der überwältigenden Mehrheit glaubt die Landesregierung ganz offensichtlich, mit formalen Spitzfindigkeiten aus der Schatulle des Winkeladvokaten die politische Auseinandersetzung um den Flughafenausbau gewinnen zu können und ihren eklatanten Wortbruch rechtfertigen zu können. Da kann ich nur sagen: welch ein Irrtum.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, auch die am vergangen Wochenende über die Presse neuerlich gestarteten Versuche des Ministerpräsidenten, sich als Opfer der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darzustellen, verfangen nicht. Die juristische Exegese ist notwendigerweise immer subjektiv. Aber jenseits dessen kann man die Ausführungen von Koch in seinem Interview als Ausflüchte identifizieren, weil hier nur Hilfsargumente vorgeschoben werden, die lediglich der Verschleierung dienen.

Sehr verehrter Herr Ministerpräsident, alle Urteile, auf die Sie sich in Ihrer Argumentation stützen, sind vor dem Februar 2007 ergangen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Der Februar 2007 ist deshalb wichtig, weil es der Zeitpunkt ist, als Fraport letztmals ihren Antrag auf Einschränkung des Nachtflugverkehrs unter der Überschrift „Betriebliche Regelung“ im Rahmen des Antrags auf Planfeststellung des Ausbaus wiederholte. Ich darf Ihnen sagen: Seite 39/40 der Antragsschrift A 1. Das war das Verbot der planmäßigen Flüge zwischen 23 und 5 Uhr, und das wird seit der Meditation Nachtflugverbot genannt. Wenn Fraport im Wissen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das beantragt, dann weiß sie – davon gehe ich aus; ich nehme an, Sie auch –, was sie tut, dass sie dennoch das Nachtflugverbot will.

Doch kommen wir zunächst auf die heutigen Äußerungen von Minister Posch zurück. Herr Posch, eine Argumentation wie die Ihre, die wenig von Lebenswirklichkeit und überhaupt nichts von Anstand widerspiegelt,

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP)

erzeugt bei den Menschen, die seit Jahren zunehmenden Fluglärm ertragen müssen, zu Recht wachsende Empörung. Das sollte bei Ihnen auch so sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Viele Bürgerinnen und Bürger hatten nämlich – wie sie jetzt erkannt haben, leider irrtümlich – Ihnen, Herr Posch, und den Regierungen von Herrn Koch in der Auseinandersetzung um den Flughafenausbau geglaubt, dass endlich einmal nicht ausschließlich die Interessen der Luftverkehrsindustrie, sondern ihre eigenen Belange wenigstens auch ein bisschen berücksichtigt werden würden. Jetzt allerdings erfahren sie wieder einmal eine heftige Enttäuschung und erleben obendrein einen Verkehrsminister, sich aktuell als Kämpfer gegen ihre Nachtruhe profilierend. Auf nichts anderes läuft das hinaus, was Dieter Posch uns vorhin erzählt hat, teils mit ein bisschen vorgetäuschtem Bedauern.

Meine Damen und Herren, diese Art der Argumentation ist uns leider wohlbekannt. Sie ist nämlich eingebettet in eine Kette poschscher Äußerungen und Handlungen, die ihn in seinem Lieblingsfach des Planungsrechts gern als Verfechter von beschleunigten Genehmigungen, also von Hektik statt Sorgfalt, ausweisen. Er will stets die Belange von Mensch und Natur möglichst weit zurücksetzen, wenn nur rasch gebaut werden kann. In diesem Zusammenhang darf man auch an seine Aktivitäten als Vorsitzender der Kommission der Landesregierung erinnern, die einen Gesetzentwurf zur Vereinfachung und Beschleunigung von Zulassungsverfahren für Verkehrsprojekte vorgelegt hat. Damals wie heute ging und geht es Posch darum, möglichst rasch alle Hemmnisse für die Bulldozer beiseitezuräumen, egal wer dabei unter die Räder kommt. Wir haben es heute wieder gehört.

Meine Damen und Herren, es ist ein kaum noch zu überbietender Zynismus, den Menschen gegenüber, die unter dem wachsenden Fluglärm leiden müssen, zu erklären – ich zitiere –, „dass die Frage der Bindungswirkung eines landesplanerischen Grundsatzes für die Planfeststellungsbehörde“ wichtiger sei, als endlich damit zu beginnen, ihnen wenigstens etwas Nachtruhe zu verschaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Und dies auch noch vor dem Hintergrund, dass Posch ebenso wie die Landesregierung und die schwarz-gelbe Koalition uns bis zu diesem Augenblick mit treuherzigem Augenaufschlag erklären – beim Kollegen Dr. Wagner haben wir es gerade erlebt –, sie wollten natürlich möglichst wenige Nachtflüge, am liebsten ein Nachtflugverbot.

Obwohl es nicht logisch zu verstehen ist, behauptet Posch immer noch, genau das zu wollen, was er und die anderen in der Regierung und der Koalition stets versprochen haben und was der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil auch für Recht erkannt hat. Aber genau deshalb – und da wird es irgendwie wahnwitzig – greift er dieses Urteil per Revisionsantrag an. Wir haben gehört, er wolle damit angeblich rasch rechtliche Klarheit erzeugen; denn wenn er es nicht täte, würden es andere sowieso tun, das würde aber länger dauern. – Das ist doch nichts weiter als ein kläglich gescheiterter Ausredeversuch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wir haben schon öfter aus seinem Munde geradezu schwärmerisch vorgetragene Abstrusitäten über konkurrierende Vorgaben im Planungsrecht und ihre rechtliche Bewältigung gehört, sodass dieser Revisionsantrag, Herr Minister Posch, offensichtlich eine ausgesprochene Herzensangelegenheit von Ihnen ist: Alle Planungen überregionaler Dimension würden durch den sogenannten Paradigmenwechsel des VGH in die Willkür der Landesplanung gestellt, und das dürfe nicht sein, weil es die Planungsbehörde in ihrer Abwägungsfreiheit beschneide.

Meine Damen und Herren, warum dies so schlimm sein soll, verrät uns Posch nicht. Immerhin hatte doch seinerzeit die Landesregierung die Festschreibung des Areals für die Flughafenerweiterung der Abwägung der Regionalplanung entzogen und über eine Änderung des LEP genau deshalb vorgenommen, weil sie die Spielräume der anderen Planungsträger zu null machen wollte. Einerseits will Posch in Einsamkeit und Freiheit alles selbst entscheiden können, andererseits – und darauf kommen wir jetzt – will er die Verantwortung am liebsten teilen, noch besser abschieben.

Herr Minister, darum zeigen Sie sich nicht gerade mutig; ja, ich vermute sogar, es ist Vorsatz. Als personifizierte Planfeststellungsbehörde haben Sie in Ihren beiden Pressemitteilungen vom letzten Donnerstag unbeabsichtigt demonstriert, dass Sie bei Ihrem Parteifreund im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Herr Jan Mücke, eine Weisung bestellt haben, die allerdings zu spät gekommen ist. Deshalb mussten Sie zunächst in der Presseerklärung davon sprechen, dass die Bundesregierung eine grundsätzliche Klärung durch Revision zum Bundesverwaltungsgericht anstrebe. Binnen 47 Minuten wurde aber die veränderte Presseerklärung nachgeschoben, dass die Bundesregierung diesen Gang zum Bundesverwaltungsgericht für zwingend erforderlich halte.

Meine Damen und Herren, es ist doch allen klar, was dahintersteckt: Ab sofort soll für Dieter Posch die absolute Unschuldsvermutung gelten. Der Ramsauer Peter wars jetzt; denn gegen eine bundesaufsichtliche Weisung ist leider – oder, Herr Posch, müsste ich doch lieber sagen: „Gott sei Dank“? – kein Kraut gewachsen.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, von diesem absurden Theater sollten wir uns nicht beirren lassen. Wir sollten stattdessen einige wichtige Punkte des Urteils des VGH etwas näher betrachten.

So stellen wir als Erstes fest, dass entgegen vielfach wiederholter Darstellung diverser Exegeten – auch Herr Dr. Wagner und Herr Minister Posch gehören dazu – der Verwaltungsgerichtshof sowohl in seinem Beschluss vom 15. Januar als auch in der Begründung seines Urteils vom 21. August die Aufhebung der Nachtflugregelung des Planfeststellungsbeschlusses nicht zentral mit der Vorgabe des Landesentwicklungsplans, sondern direkt mit § 29b Abs. 1 Satz 2 des Luftverkehrsgesetzes und der dazugehörigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründet hat. Mit dem im Landesentwicklungsplan verankerten Grundsatz – den übrigens die Landesregierung mit Zustimmung der Fraktionen der CDU und der FDP und damit auch mit Zustimmung von Minister Posch im Mai 2007 selbst hineingeschrieben hat – wird diese Vorschrift nur als abwägungsleitende Vorgabe verstärkt, aber nicht als solche begründet. Das möchte ich den Damen und Herren Juristen einmal ins Stammbuch schreiben.

Insoweit ist der formulierte Konflikt zwischen dem landesplanerischen Grundsatz und der postulierten Abwägungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde höchst künstlich erzeugt. Die Planfeststellungsbehörde ist bei ihrer Abwägung immer an die Gesetze und die dazugehörige höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden.

Nach der Auslegung der Vorschrift im Luftverkehrsgesetz, die ich eben angesprochen habe, wäre ein Nachtflugbetrieb nur zulässig, wenn ein über das allgemeine Verkehrsbedürfnis hinausgehender besonderer, also zu dem nächtlichen Zeitpunkt zwingend erforderlicher – Stichwort: Expressfracht – und obendrein standortspezifischer Nachtflugbedarf – anderswo geht es nicht – nachgewiesen werden kann. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht bereits 2006 geurteilt:

Deshalb bedeutet jeder zusätzliche Flug eine zusätzliche Belastung und jeder Flug, der unterbleibt, eine Entlastung.

Der VGH kommt in Übereinstimmung auch mit der aktuellsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Feststellung – ich zitiere –:

Einem Verbot planmäßiger Flüge in der Kernnacht stehen keine abwägungsresistenten Belange der Nutzer des Flughafens Frankfurt entgegen.

Hier wird deutlich: Wer weiterhin mit Rechtsmitteln herumwedelt, der will das Nachtflugverbot verhindern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die Entscheidung, aus der ich eben zitiert habe – sie betrifft den Flughafen Leipzig/Halle – stammt vom 24. Juli 2008. Sie ist damit die einzige Entscheidung, die die Fraport zum Zeitpunkt der letztmaligen Beantragung, über die ich eben schon sprach, noch nicht kannte. Aber sie gibt für eine Revisionsbegründung nun gar nichts her.

Insofern hat der VGH völlig recht, wenn er in seinem Urteil alle Einwände, dass ein Nachtflugverbot nicht mit den betrieblichen Erfordernissen des Flughafenbetreibers vereinbar sei, mit der ebenso lapidaren wie richtigen Feststellung zurückweist, Fraport habe in Kenntnis aller Umstände genau diese nächtliche Flugbeschränkung – das Nachtflugverbot – beantragt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, somit stellen wir fest: Die Fraport hat das Nachtflugverbot ausweislich des eigenen Antrags haben wollen. Deswegen kann man sich im Augenblick allerhöchstens Gedanken darüber machen, warum der Flughafenbetreiber dies aktuell öffentlich nicht mehr so engagiert vertritt.

Ich komme auf die im Zusammenhang mit dem Nachtflugverbot entscheidende Vorschrift des Luftverkehrsgesetzes in § 29b Abs. 1 Satz 2 zurück: „Auf die Nachtruhe der Bevölkerung ist in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen.“ Nachdem diese schon relativ alte Gesetzesformulierung lange Zeit wenig Beachtung gefunden hatte, ist sie im Zusammenhang mit den diversen jüngeren Flughafenausbauverfahren und den dazu ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und anderer Gerichte – zu München II, zu Berlin Brandenburg International, zu Leipzig/Halle und auch zu Frankfurt – mehr in den Blickpunkt gerückt.

Meine Damen und Herren, das muss man sich jetzt auf der Zunge zergehen lassen: Kaum beginnt diese gesetzliche Vorgabe, durch die Rechtsprechung vor allem des Bundesverwaltungsgerichts beflügelt, ein wenig tatsächliche Schutzwirkung gegen den Fluglärm zu entfalten, wird sie von der Luftverkehrswirtschaft und dem hessischen Verkehrsminister massiv bekämpft.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zunächst trat die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen auf den Plan und forderte in einem Positionspapier eine sogenannte Klarstellung der Vorgaben in § 29b Abs. 1 Satz 2. Es sollen die Worte „bei der Durchführung von Betrieb von Luftfahrzeugen in der Luft und am Boden“ eingefügt werden. Das klingt für den Laien zunächst völlig harmlos und tatsächlich wie eine Präzisierung.

Weit gefehlt, sage ich Ihnen. Es ist in Wahrheit eine weitgehende Aushebelung der geltenden Schutzvorschriften. Die Ergänzung würde nämlich bedeuten, dass nur noch ein passiver Schallschutz durchsetzbar wäre und Einschränkungen des nächtlichen Flug- und Bodenbetriebs – dazu gehören unter anderem auch die Triebwerksprobeläufe, von denen Sie schon gehört haben – von Gesetzes wegen ausgehebelt würden.

Um die Sache rund zu machen, wurde in Kenntnis genau dieser Debatten und Forderungen Dieter Posch, zwischenzeitlich wieder hessischer Minister, aktiv und wirkte in der Fachverhandlungsgruppe von Schwarz-Gelb in Berlin mit, damit am Ende folgende Formulierung in den Koalitionsvertrag geschrieben werden konnte:

Neben einer Kapazitätsentwicklung der Flughäfen werden wir insbesondere international wettbewerbsfähige Betriebszeiten sicherstellen. Die dazu erforderliche Präzisierung im Luftverkehrsgesetz

– hört, hört, sage ich –

soll eine gleichberechtigte und konsequente Nachhaltigkeitsabwägung von wirtschaftlichen, betrieblichen und dem Lärmschutz geschuldeten Erfordernissen auch bei Nachtflügen sicherstellen.

Das ist nicht sehr verwirrend, sondern sehr klar: Wir wollen einen Ausbau ohne Nachtflugverbot.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann hat Minister Posch noch eins draufgesetzt, indem er uns öffentlich – wahrheitswidrig – weiszumachen versuchte, dass all das, was dort formuliert sei, mit dem Ausbau des Frankfurter Flughafens überhaupt nichts zu tun habe. Da kann man nur sagen: pfui Teufel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erst macht man permanent das Gegenteil von dem, was man versprochen hat, und behauptet dessen ungeachtet immer wieder, es erreichen zu wollen, und dann gibt es auch noch ein peinliches Leugnen, wenn man bei diesem Politbetrug erwischt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich persönlich halte einen solchen Mann auf dem Ministersessel für untragbar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)

– Herr Kollege Blum, er wird nur deshalb dort sitzen bleiben, weil es die Koalitionsräson verlangt und der Ministerpräsident ihm zu großem Dank verpflichtet ist. Somit bleibt er als Chef der blau-gelben Agentur im Landeshaus. Das passt doch wie angegossen; denn Blau und Gelb sind nicht nur, wie Sie alle wissen, die Markenfarben der FDP, sondern auch die der Deutschen Lufthansa.

Damit bin ich bei der politischen Würdigung der Vorgänge, die man gewiss nicht nur als Posse bezeichnen kann. Dafür sind ihre Auswirkungen auf die Menschen, die rund um den Flughafen leben und dort auch schlafen wollen, zu gravierend. Sie sind sowohl für das Ansehen der Politik in der Demokratie allgemein als auch für die Glaubwürdigkeit von Politikern extrem schädlich. Das haben wir heute schon sehr deutlich erlebt. Davon sind letztendlich alle betroffen, nicht nur die Wortbrecher, sondern auch die Wahrhaftigen.

Das Nachtflugverbot war und ist nämlich weit mehr als eine politische Bemühenszusage. Es war und ist eine Grundbedingung, um überhaupt an einen weiteren Flughafenausbau zu denken. „Kein Ausbau ohne Nachtflugverbot“ ist ein schlichter und verständlicher Satz. Wenn ein Nachtflugverbot nicht möglich ist, kann demzufolge auch der Ausbau nicht stattfinden.

Der Versuch, sich beim Planfeststellungsbeschluss mit den vorgeblichen rechtlichen Zwängen herauszumogeln, ist vor dem Verwaltungsgerichtshof kläglich gescheitert. Jetzt steht also das Versprechen in seiner ursprünglichen klaren und einfachen Form wieder auf der Tagesordnung: kein Ausbau ohne Nachtflugverbot.

Die Landesregierung sucht eine Begründung dafür, dieses Versprechen zu brechen, anstatt es zu erfüllen, wie es der VGH verlangt. Das politische Ziel, das die Landesregierung mit dem Revisionsantrag verfolgt, ist eindeutig. Sie wollen deutlich mehr Nachtflüge, als es Ihnen der Verwaltungsgerichtshof erlaubt. Sie wollen kein Nachtflugverbot, von dem es möglicherweise einzelne Ausnahmen geben könnte,

(Dr. Walter Arnold (CDU): Aha!)

sondern Sie wollen einen erlaubten Nachtflugbetrieb, der allenfalls gewisse Einschränkungen für den Luftverkehr mit sich bringt, aber keinesfalls für die ökonomischen Interessen der Airlines. Die darf er nicht behindern.

Meine Damen und Herren, damit machen Sie deutlich, dass das Versprechen, das Nachtflugverbot sei die Kompensation für den wachsenden Fluglärm am Tage, von Ihnen nie ernst gemeint wurde,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

sondern immer nur ein gigantisches Betrugsmanöver war. Alle vermeintlichen rechtlichen Zwänge für ein Nachtflugverbot sind vom Tisch. Sie – damit meine ich die Regierung und die sie tragende Mehrheit – stehen ohne Argumente dar.

Meine Damen und Herren, auch wenn es sehr spät wäre, Sie könnten heute doch noch Ihren Fehler korrigieren. Allerdings ist das heute wohl auch die letzte Chance.

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich über das, was ich Ihnen vorgetragen habe, empören sollten, dann kann ich nur sagen: Sie haben es ganz leicht, mich Lügen zu strafen. – Stimmen Sie unserem Dringlichen Entschließungsantrag, dem gemeinsamen mit der Fraktion der SPD, Drucks. 18/1739, zu und weisen Sie damit Ihren klagewütigen Planungsminister in die Schranken. – Vielen Dank.

(Anhaltender  Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel und Günter Rudolph (SPD) – Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Kollege Kaufmann, vielen Dank.