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04.02.2015

Frank Kaufmann: Terminal 3

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Terminal 3 haben wir in diesem Haus relativ ausgiebig letztmals am 16. Oktober letzten Jahres diskutiert. Damals hat sich auch DIE LINKE an der Debatte beteiligt. Es war die Kollegin Wissler. Heute haben wir den Kollegen Schaus erlebt.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Eines muss man feststellen: Etwas Neues konnten Sie uns nicht darbieten.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Das haben wir alles gleichermaßen schon gehört.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Verehrter Herr Kollege Schaus, genau deswegen haben wir von der Koalition uns entschlossen – weil es offensichtlich notwendig ist und Sie uns durch Ihr Verhalten das pädagogische Prinzip der Wiederholung nahegebracht haben –, uns auch zu wiederholen.

(Zurufe der Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) und Janine Wissler (DIE LINKE))

Deswegen haben wir denselben Antrag, der Ende November beschlossen wurde, nochmals vorgelegt, um Ihnen deutlich zu machen, dass die Situation von der Sache her sinnvollerweise immer noch die gleiche Beurteilung erfahren muss, die sie damals von uns erfahren hat. Das ist schon vom Kollegen Lenders dargestellt worden – allerdings unter einem völlig falschen Blickwinkel.

(Widerspruch des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

In der Koalitionsvereinbarung haben wir festgehalten, und die Umsetzung wird demgemäß zurzeit betrieben, dass die Prognosen und die Alternativen zum Bau des Terminals 3 am Flughafen Frankfurt unabhängig überprüft werden. Das hat der Verkehrsminister eingeleitet. Darüber hat er uns auch im Ausschuss mehrfach berichtet. Wir warten darauf, dass wir das Ergebnis zur Kenntnis bekommen.

Ich gehe davon aus – und das waren die Äußerungen des Ministers in der letzten Ausschusssitzung –, dass das Ergebnis nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen wird.

Jetzt frage ich mich: Unter vernünftigen Leuten müsste es doch eigentlich keiner Diskussion zugänglich sein, dass wir uns auf der Basis des unabhängig erstellten Ergebnisses unterhalten. Unvorsichtigerweise habe ich das irgendwann einmal als „Anhörung“ bezeichnet. Dafür wurde ich gleich gescholten.

(Zurufe von der SPD)

Es ist aber doch sinnvoll, zu sagen, wir legen das nebeneinander und können dann sehr sachgerecht feststellen, wo sich die Einschätzungen unterscheiden. Bekanntermaßen ist ein Blick in die Zukunft für alle Beteiligten immer schwieriger als der Blick in die Vergangenheit – da kann man sich an der Empirie orientieren.

Deswegen muss man die Methodik mit den Entwicklungen der Vergangenheit abgleichen und genau darüber reden.

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Kollege Kaufmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage vom Kollegen Schaus?

Frank-Peter Kaufmann:

Nein. Bei dieser Redezeit muss man sehen, dass man alles unterbringt. Kollege Schaus, Sie können sich notfalls per Kurzintervention einschalten, wenn es denn nötig sein sollte.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Herr Kollege Lenders, ich brauche die Redezeit nur dafür – darauf komme ich aber noch –, um mich mit Ihnen und dem Unsinn, den Sie erzählt haben, zu befassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Ismail Tipi (CDU))

Allerdings habe ich mit dem ersten Antragsteller angefangen. Man muss es nacheinander abarbeiten, denn man kann Sie – und darauf würden Sie auch Wert legen – ja nicht in einen Topf werfen; denn die Argumentation der LINKEN und die der FDP sind schwer miteinander vereinbar.

(Zurufe der Abg. Jürgen Lenders (FDP) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))

– Das gesteht mir selbst der Kollege van Ooyen zu.

Also möchte ich mich zuerst mit der Argumentation der LINKEN befassen, und dann kommen wir auch noch zur FDP.

Zur LINKEN: Herr Kollege Schaus, Sie haben uns heute – und das wäre dann eine gewisse Neuigkeit – ziemlich viel Unsinn erzählt, denn eigentlich müsste die Schlagzeile lauten: LINKE propagiert fünfte Start- oder Landebahn am Flughafen Frankfurt. – Sie haben uns klar erklärt, dass das Projekt Terminal 3 nichts anderes bedeuten würde als als Nächstes einen weiteren Runway zu bauen. Dazu kann ich Ihnen sagen: Das – und das ist auch im Antrag verankert – ist der grobe Unfug.

Vielleicht erinnern Sie sich einmal: Sie haben in eigenen Reihen doch auch Flughafenexperten, auch selbsternannte, den Knut Dörfel und den Dieter Faulenbach Da Costa, wenn ich zwei Namen nennen darf.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Beide haben für Sie für den Landtag kandidiert und sind insoweit auch Personen des öffentlichen Lebens.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Gerade Herr Faulenbach Da Costa hat mehrfach deutlich gesagt, dass die sogenannte Betonkapazität, die mit der Landebahn Nordwest gebaut worden sei, insgesamt für den Flughafen eine deutlich höhere Bewegungszahl als die 700.000 zur Folge haben würde – eine Argumentation, die übrigens auch im Raum steht, weil das Gegenteil nie bewiesen worden ist. Es haben nur alle unstrittigerweise zugestanden: Die geforderten 700.000 Flugbewegungen sind mit der Konstellation, die jetzt bahnmäßig geschaffen wurde, allemal zu erreichen.

Das bedeutet nichts anderes, als dass in Ihrem Antrag schlicht Blödsinn steht. Denn die Kapazitäten, die der Beton hergibt, sind allemal größer als das, was die Abfertigungsanlagen derzeit hergeben, einschließlich der bestehenden Planung für Terminal 3. Wenn Sie also schon einen solchen Unsinn erzählen, wäre es korrekter, zu sagen: Wir wollen ein viertes Terminal haben, um die Kapazitäten auszunutzen.

Beides steht, glaube ich, nicht in Rede. Das steht schon deshalb nicht in Rede, weil das völlig neue Verfahren wären und wir uns im Augenblick über die Situation am Frankfurter Flughafen unterhalten, wie wir die Belastungen für die Bevölkerung mindern können. Das ist der entscheidende Schritt, nicht über irgendwelche Dinge zu fabulieren, die für die Zukunft in vielleicht 20, 30 Jahren als Baumaßnahmen diskutiert werden können. Ich glaube daran nicht, denn man kann die Entwicklung im Luftverkehr auch anders beurteilen – und das, was aktuell auf der Seite der Luftverkehrswirtschaft geschieht, deutet eher in diese Richtung,

(Zuruf des Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

dass die Zahl der Flugbewegungen nicht das Entscheidende sein wird.

Dann komme ich zum Kollegen Lenders und seinen Vortrag.

Herr Kollege, ich habe daraus entnommen, dass Sie eigentlich nach wie vor voll blau-gelb denken – also in den Farben der Lufthansa. Es wundert mich da ein bisschen, dass Sie jetzt zu Magenta geschwenkt sind, denn das passt eigentlich gar nicht mehr zu der Grundeinstellung. Auf jeden Fall war der Kern Ihrer Aussage der: immer weiter wachsen, immer mehr Flugbewegungen. Das ist das Heil, das uns die FDP bieten möchte.

Dazu kann ich nur sagen: Davor schaudern viele hier im Rhein-Main-Gebiet. Für einen wirtschaftlichen Erfolg unserer Region ist das auch überhaupt nicht notwendig – im Gegenteil, eher kontraproduktiv.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Sagen wir es einfach: Die Anzahl der Flugbewegungen ist doch kein Selbstzweck. Was für unsere Region insgesamt wichtig ist, das ist die Vernetzung mit der Welt und die Verbindung in alle Richtungen – und die möglichst optimal anzubieten.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Das heißt jetzt aber nicht, dass wir daraus ein möglichstes Maximum an Bewegungen verlangen,

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

sondern eher ein effektives Angebot an Mobilität für die größeren Entfernungen, auch in der Luft. Daher ist doch die Grundidee, die Sie verbreiten, deutlich veraltet und entspricht nicht mehr dem, wie man sozusagen die Zukunft hinbekommt. Deswegen muss man meiner Meinung nach darauf auch nicht weiter eingehen und auch keine Angst davor haben.

Mich wundert es nur ein bisschen, wie sicher Sie sind, dass das, was immerhin als Unternehmensinteresse der Fraport AG vorgetragen wurde, alles 100-prozentig richtig ist. Wenn man in die Historie für den Flughafen Frankfurt schaut, wird man sich noch an Ausbaumaßnahmen der Vergangenheit erinnern, die gelegentlich – ich sage es einmal ganz freundlich – suboptimal vorbereitet waren, sodass dann erhebliche, auch kostenträchtige Umplanungen notwendig wurden.

(Zurufe der Abg. Jürgen Lenders (FDP) und des Ministers Tarek Al-Wazir)

– So ist es: Da muss man sich nur einmal das Terminal 2 betrachten.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Also ist eine kritische Betrachtung dessen, was dort geplant wird, sicherlich auch im Interesse von uns allen, auch gerade hier, im Hessischen Landtag, der wir als Land ein durchaus relevanter Besitzer von Anteilen der Fraport AG sind und also – ich denke, das ist jetzt nicht böse – auch ein wirtschaftliches Interesse daran haben, neben den verkehrlichen Interessen und der Problematik, für die Bevölkerung eine möglichst geringe Belastung sicherzustellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Diese drei Punkte sind entscheidend. Dabei ist es nicht besonders hilfreich, wenn Sie sagen: „Wir wissen schon alles, wir brauchen keine unabhängigen Gutachter mehr, wir wissen, dass alle anderen falsch liegen, nur wir haben die Weisheit mit Löffeln gefressen.“– Das dürfen Sie gerne weiterhin vortragen, aber wir wollen wissen, statt nur zu glauben oder uns an Vermutungen zu hängen. Ich habe das heute in einem anderen Zusammenhang schon einmal gesagt. Deswegen ist es richtig, dass wir in der Koalition gemeinsam die Durchführung einer sachgerechten Überprüfung festgehalten haben. Danach beurteilen wir den Sachverhalt, nicht vorab. Wenn das noch eine Weile dauern sollte – was ich nicht genau weiß, wovon ich aber nicht ausgehe –, erwarten wir in Demut neuerliche Anträge zur nächsten Plenarrunde, die zwar keine Substanz haben, aber irgendwelche Meinungen verbreiten wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön.