Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem das Bundesverwaltungsgericht am 4. April 2012 trotz bis zur letzten Sekunde heftiger Gegenwehr der Landesregierung das Nachtflugverbot bestätigt und damit dem Wortbruch einen Riegel vorgeschoben hat,
(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
müssen wir heute feststellen, dass die Regierung Bouffier nichts daraus gelernt hat und ihre Tradition des Wortbruchs mit Eifer fortsetzt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU)
Der fortlaufende Wortbruch besteht darin, seitens der Regierung und ihrer Mehrheit Versprechen bezüglich der Verringerung der Lärmbelastung zu machen, aber gleichzeitig
(Unruhe)
Vizepräsident Frank Lortz:
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Aufmerksamkeit. Alle sonstigen Beratungen bitte ich vor dem Plenarsaal durchzuführen.
Frank-Peter Kaufmann:
genau gegen diese Zusagen zu agieren, sodass sich Reden und Handlungen diametral widersprechen.
Meine Damen und Herren, schauen wir uns die Vorgänge der letzten Woche an: Sie erinnern sich sicherlich noch alle an die mit großem Tamtam am 29. Februar dieses Jahres unterschriebene und vom Ministerpräsidenten öffentlich zelebrierten Erklärung „Gemeinsam für die Region – Allianz für mehr Lärmschutz 2012“. In dieser Erklärung steht auf Seite 4 unter der Überschrift „Reduzierung des Fluglärms und der Betroffenheit durch aktiven Schallschutz“ folgender wichtiger Satz:
Am effektivsten ist es, den Fluglärm dort zu reduzieren, wo er verursacht wird: direkt an der Quelle selbst.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Und was tut die schwarz-gelbe Landesregierung, nachdem der Ministerpräsident diesen Satz unterschrieben hat? Setzt sie ihn um? – Falsch. Sie torpediert mit Eifer einen entsprechenden Vorstoß.
(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))
Geschehen ist dies auf der Umweltministerkonferenz letzte Woche. Hessen verlangt in dem von mehreren Ländern vorgelegten Handlungskatalog zur Begrenzung des Fluglärms die Streichung folgenden Satzes: Vorrang aktiver Maßnahmen vor passiven Maßnahmen. – Das nenne ich Täuschung. Der neue Verkehrsminister unterschreibt mit auffälligem Presseecho die Gründungsurkunde für die Steuerungsgruppe Aktiver Schallschutz und drei Wochen später blockiert die Regierung, der er selber angehört, dass aktiver Schallschutz Priorität erhält.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, warum eigentlich? Weil damit nach Auffassung der Schwarzen und der Gelben – man höre und staune – der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt wäre. Sie halten also das Einsperren der Menschen in geschlossene, wenigstens teilweise schallisolierte Räume für verhältnismäßig, um sie vor Fluglärm zu schützen, anstatt den Lärm durch aktive Maßnahmen zu verringern? Und Sie glauben, diese Täuschung bemerkt keiner? Ich kann nur sagen: Allianz für Lärmschutz, aber bitte nicht wirksam.
Deshalb – weil Sie glauben, dass keiner diese Täuschung bemerkt – legen Sie noch einen drauf: Im Mediationsergebnis, das ja angeblich umgesetzt werden soll, steht als wichtigste und erste Maßnahme des Anti-Lärm-Pakts Folgendes formuliert: Kontingentierung von Fluglärm und Festlegung von lokalen Lärmobergrenzen. – Auch im Hinblick auf diese Forderung haben wir es mit einer Regierung zu tun, die trickst und täuscht, weil sie sich engagiert weigert, auch diese Lärmobergrenzen auch nur als Perspektive zu akzeptieren und dies obendrein mit der Begründung, Lärmobergrenzen widersprächen der Zielsetzung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm.
(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))
Dies bezwecke nämlich nicht von vornherein, das Entstehen von schädlichen Lärmemissionen zu unterbinden. – Da kann ich nur fragen: Wo sind wir denn? Schwarz-Gelb will den Lärm nicht verhindern, sondern ihn vor den Menschen schützen, die im Rhein-Main-Gebiet leben und eigentlich auch möglichst ohne Störung schlafen wollen.
Diese Regierung und offensichtlich auch ihre Mehrheit im Parlament hält es für richtig, den Lärm zu privilegieren;
(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU) – und des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))
denn sie fordert, lärmempfindliche Nutzung – dazu gehört auch das Alltagsleben der Menschen, Herr Kollege – in der Umgebung des Flughafens lieber auszuschließen, anstatt die Menschen aktiv vor Lärm zu schützen. Dass Sie damit nicht mehr so ganz auf der Linie auch Ihrer eigenen Leute sind, können Sie heute der Zeitung entnehmen. Die Frankfurter CDU wird zum Fluglärmgegner und fordert: „Keine Landungen auf der neuen Nordwestbahn nach 22 Uhr und vor 6 Uhr, soweit die Kapazität der anderen drei Bahnen es erlaubt“. Die CDU in Frankfurt ist der Meinung, sie erlaube dies.
Meine Damen und Herren, es ist doch überfällig, dass Schwarz-Gelb, seine famose Regierung eingeschlossen, in Sachen Fluglärmschutz endlich Klarheit schafft.
Vizepräsident Frank Lortz:
Herr Kollege Kaufmann, Sie müssen zum Schluss kommen.
Frank-Peter Kaufmann:
Herr Präsident, meine letzte Forderung. – Wollen Sie die Menschen im Rhein-Main-Gebiet weiterhin für dumm verkaufen oder tatsächlich, selbst gegen manche Interessen der Luftverkehrswirtschaft, endlich etwas für wirksamen Fluglärmschutz tun? Das sollten Sie den Leuten und uns allen hier am besten jetzt gleich erklären. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Vizepräsident Frank Lortz:
Vielen Dank, Kollege Kaufmann.