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15.09.2011

Frank Kaufmann: Mehr Fluglärm am Tag, keine Ruhe in der Nacht

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Monaten prasseln Beschwerden über massiv wachsenden Fluglärm auf Bürgermeister und andere Lokalpolitiker ebenso nieder wie auf die Landesregierung und die Abgeordneten in diesem Haus. Es gibt sicherlich mittlerweile niemanden mehr in der Politik – zumindest nicht im Rhein-Main-Gebiet – der von diesem Problem noch nichts gehört hätte.

(Unruhe)

Vizepräsident Frank Lortz:

Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit. Der Kollege Kaufmann hat das Wort. Wer etwas zu besprechen hat, soll es draußen machen. Wenn es keiner hören soll, möge er es woanders machen, aber bitte nicht in diesem Saal. Hören Sie bitte unserem Kollegen Frank-Peter Kaufmann zu.

Frank-Peter Kaufmann:

Wir reden über den Fluglärm. Wir GRÜNE haben dies jedenfalls immer wieder im Landtag thematisiert. Wir machen das heute gewiss nicht zum ersten Mal. Doch was folgte bisher daraus? Bestenfalls ignorierte die Mehrheit das Vorgetragene; meistens beschimpfte sie uns heftig, um am Ende mit den Schultern zu zucken. Man gab und gibt sich als ebenso unschuldig wie unzuständig.

(Vizepräsident Lothar Quanz übernimmt den Vorsitz.)

Wenn jetzt diejenigen, die für den Flughafenausbau im Landtag die Hand gehoben haben, überrascht tun, dass es für viele Menschen tags und nachts deutlich lauter geworden ist, dann ist das nichts anderes als das Eingeständnis, total verantwortungslos gehandelt zu haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen jetzt vor den Folgen Ihrer selbst getroffenen Fehlentscheidung davonlaufen und lassen von örtlichen Parteifreunden deshalb vollmundig den Kampf gegen den Fluglärm verkünden. Vielerorts werden gerichtliche Schritte angekündigt – häufig von CDU-Bürgermeistern. Spät, womöglich zu spät, kommt diese Einsicht. Übrigens wäre es schön, wenn es tatsächlich eine Einsicht wäre.

Meine Damen und Herren, genau derjenige Minister der Landesregierung, der das Nachtflugverbot einst höchst selbst versprochen hatte, bekämpft es jetzt nicht nur engagiert durch die Revisionsklage vor Gericht, nein, er nutzt aktuell obendrein jede denkbare juristische Finte, um die Forderung der Kommunen nach einem wirksamen nächtlichen Fluglärmschutz möglichst verstummen zu lassen. Dies geschieht durch obskure und unspezifizierte Kostenandrohungen. Nun auch noch mit den Kosten zu drohen, zeige – ich zitiere –, „dass die hessische Seite nicht nur Nachtflüge mit der Brechstange durchsetzen, sondern auch unliebsame Kritiker mundtot machen“ will.

(Zuruf des Abg. Helmut Peuser (CDU))

So lesen wir in der Allgemeine Zeitung Mainz vom 10. September 2011. Das Zitat stammt übrigens von der CDU-Bundestagsabgeordneten Ute Granold.

Herr Posch, wann wollen Sie denn endlich etwas gegen die steigende Fluglärmbelastung tun? Durch Kostenbescheide gegenüber protestierenden Gemeinden erreichen Sie jedenfalls nicht mehr Ruhe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gelänge Ihnen durch Aussetzung des in Kassel aufgehobenen Teils des Planfeststellungsbeschlusses. Ein zumindest vorläufig gültiges absolutes Nachtflugverbot wäre damit möglich. Damit nähmen Sie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts keineswegs vorweg, aber Sie nähmen die Klagen der Menschen im Rhein-Main-Gebiet endlich ernst. Sie könnten dies tun,

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

aber warum tun Sie es nicht? – Herr Posch, wie sieht es denn mit den sehr niedrigen Flughöhen aus, einem weiteren Grund der stärkeren Lärmbelastung auch am Tage? – Sie sind in die Lärmbewertungen des Planfeststellungsbeschlusses seinerzeit nicht eingeflossen, werden nun aber gemäß der ICAO-Richtlinie von 2004 praktiziert. Herr Posch, warum greifen Sie als Luftaufsicht nicht endlich ein und muten somit den Menschen in der Rhein-Main-Region mehr Fluglärm zu als es nötig wäre?

Meine Damen und Herren, an diesem Samstag wird in Offenbach eine Menschenkette unter der neuen Anfluggrundlinie der Nordwestbahn den Protest gegen die Verlärmung manifestieren. Am 22. Oktober, einen Tag nach der vorgesehenen Inbetriebnahme der Nordwestbahn, wird eine Demonstration in Mainz und Wiesbaden den Widerstand gegen den weiter wachsenden Fluglärm deutlich machen. Herr Minister Posch, meinen Sie nicht, dass es höchste Zeit ist, dass Sie sich nicht länger weiter ignorant und tatenlos wegducken und obendrein noch mit der Behauptung glänzen, es handle sich nicht um mehr Fluglärm, sondern nur um eine andere Verteilung? Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass aktuell deutlich mehr Menschen im Rhein-Main-Gebiet in Hessen wie in Rheinland-Pfalz bereits jetzt von erheblich mehr Fluglärm betroffen sind als noch im Frühjahr.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Herr Posch, es ist Ihres Amtes, dagegen endlich etwas zu tun

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

oder Platz zu machen für jemanden, dem die Fluglärmgeschädigten wirklich vertrauen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke, Herr Kaufmann.