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25.04.2013

Frank Kaufmann: Lebensgefahr durch Wirbelschleppen beenden

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bau der Nordwestbahn war, ist und bleibt ein Fehler, den CDU, SPD und FDP gemeinsam begangen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Diesen Fehler können selbst diejenigen, die ihn gemacht und bis heute immer wieder bejubelt haben, nicht länger leugnen. Die aktuellen, bislang glücklicherweise glimpflich abgegangenen Vorkommnisse zeigen uns, wie groß dieser Fehler in Wirklichkeit ist. Wenn massenweise Gegenstände, in diesem Fall Dachziegel, durch Wirbelschleppen der landenden Flugzeuge von den Dächern gefegt werden, ja selbst Fußgänger und Radfahrer am Boden durch die Luftwirbel in gefährliche Situationen gebracht werden, und Boote auf dem Rhein zu kentern drohen, dann kann man nicht mehr so tun, als wenn nichts wäre. Dann ist Gefahr in Verzug. Dann ist die öffentliche Sicherheit und Ordnung massiv gestört. Das ist ein Zustand, der unter keinem denkbaren Aspekt toleriert werden kann.

Herr Staatsminister, ich bin dankbar, dass Sie nach wochenlangem Zögern und ehrlicherweise aus meiner Sicht dummem Herumgeschwätze wenigstens jetzt endlich erklärt haben, dass Sie tätig werden wollen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Vizepräsident Lothar Quanz:

Muss man denn jeden Tag und bei jeder Gelegenheit ein Vokabular benutzen, dass jedes Mal das Präsidium gefordert wird? Ich frage mich, ob das wirklich im Sinne aller in diesem Parlament vertretenen Menschen ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Es sind drastische Bezeichnungen notwendig für das Verhalten des Ministeriums: Die Menschen in Flörsheim und anderswo, die auf Hilfe hoffen, müssen sich hinters Licht geführt fühlen, weil ihnen gesagt wird, man wisse noch gar nicht, ob die Flugzeuge die Ziegel tatsächlich vom Dach gefegt haben. Das hat meiner Meinung nach zu Recht zu Empörung vor Ort geführt.

(Zurufe der Abg. Judith Lannert (CDU) und Wolfgang Greilich (FDP))

Herr Staatsminister, es hilft eben nichts, wenn Sie sich auf die Gutachten und die umfänglichen Begutachtungen der Wirbelschleppenproblematik im Planfeststellungsverfahren und in den Gerichtsverfahren beziehen. Was die Gutachten angeht, muss man nur klar und deutlich feststellen: Offensichtlich haben sich die Gutachter geirrt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Denn die Wahrscheinlichkeiten, die dort vorgegeben wurden, sodass am Ende das Urteil stand, dass also Auswirkungen nicht zu besorgen seien – so steht es im Gutachten –, sind offensichtlich falsch.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Denn sonst hätten Sie nicht wenigstens jetzt tätig werden müssen.

Meine Damen und Herren, wenn man sich die Wirbelschleppenproblematik anschaut: Natürlich gibt es die weltweit; denn die hat etwas mit der Physik des Flugzeugs zu tun. Jedes Flugzeug erzeugt Wirbelschleppen. Aber es gibt Unterschiede in den Wirbelgeschwindigkeiten, insbesondere in der Vertikalgeschwindigkeit. Die spielt eine große Rolle, wie das am Boden ankommt. Dazu kann man auch etwas den Datenblättern der Flieger entnehmen.

Herr Staatsminister, wenn das Gutachten G 1 von anno Tobak aus dem Planfeststellungsverfahren zu einer Zeit erstellt wurde, als es die B 777 noch gar nicht gab, die, was den Air-India-Fall in Flörsheim angeht, zumindest als Verursacher im Auge ist, sage ich vorsichtig, dann kann das Gutachten die Zustände auch nicht richtig wiedergeben, die wir derzeit haben. Nein, wir müssen feststellen, dass die Problematik der Wirbelschleppen sträflichst vernachlässigt worden ist, und die Unwahrscheinlichkeit, mit der sie belegt worden sind, sich jetzt gedreht hat. Insoweit muss etwas geschehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Herr Staatsminister, ich würde an Ihrer Stelle einen sehr viel heißeren Hosenboden haben.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Denn täglich kann der Wind wieder drehen. Im Augenblick haben wir die Betriebssituation 25. Da ist die Problematik nicht in dem Maße vorhanden. Aber das kann sich sehr schnell wieder ändern. Sie haben dann gesagt: „Ich habe eine Anhörungsfrist von einer Woche gegeben“, obwohl wir in anderem Zusammenhang gerade gelernt haben, dass rechtlich auch eine Anhörungsfrist in Stundendimensionen in Ordnung wäre. Sie hätten hier also sehr viel schneller tätig werden und zumindest vorsorgliche Maßnahmen treffen müssen. Ich bin gespannt, wer wem permanent die Schuld zuschiebt, wenn es den ersten Personenschaden gegeben hat, den es hoffentlich nie geben wird.

Zu den Wirbelschleppen liegen zwei Anträge vor. Wir werden, auch wenn es im Detail ein bisschen andere Formulierungswünsche geben könnte, dem SPD-Antrag zustimmen; denn wir unterstützen alle Maßnahmen, die Sicherheit schaffen. Ich habe gehört, dass die Koalition dem Antrag eigentlich auch zustimmen müsste, weil alles enthalten ist – der Kollege Müller hat es gesagt –, was Sie sowieso schon machen. Dann sollten Sie das, was Sie machen, auch nicht negieren, sondern sollten dem zustimmen.

Was den Antrag der LINKEN angeht, werden wir nicht in allen Abschnitten zustimmen. Insbesondere den Abschnitten 2 und 3 werden wir deshalb nicht zustimmen, weil Wünschbarkeiten noch keine Lösungen sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man sollte den Menschen, die unter dem Fluglärm und den Wirbelschleppen leiden, klares Wasser einschenken und ihnen nicht mit irgendwelchen trüben Geschichten Hoffnungen machen, die man am Ende nicht erfüllen kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke, Herr Kaufmann.