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12.10.2016

Frank Kaufmann: Landtag begrüßt Vorschlag zur Einführung einer Lärmobergrenze am Flughafen Frankfurt

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute Mittag sprechen wir über ein Thema, das zur Leitlinie der schwarz-grünen Politik in Hessen besonders gut passt, welches bekanntlich lautet: „Verlässlich gestalten – Perspektiven eröffnen“. Ich spreche über die Einführung einer Lärmobergrenze am Flughafen Frankfurt.

Dazu ein kurzer Rückblick. Seit Anfang 2000 steht in den Empfehlungen der Mediation als erster Punkt des Antilärmpaktes eines der fünf voneinander untrennbaren Elemente des Mediationsergebnisses: die Festlegung von Lärmobergrenzen. Seit dieser Zeit sind viele Aspekte des Mediationsergebnisses Realität geworden, bevorzugt die Wünsche der Luftverkehrswirtschaft. Während die Lärmschutzaspekte stets nur sehr mühsam vorankamen – sei es, weil sie erst vor Gericht erstritten werden mussten wie beim Nachtflugverbot oder weil sie nur in kleinen Schritten wie bei den lärmabhängigen Landegebühren umgesetzt werden konnten. Es bedurfte erst der Koalitionsvereinbarung von uns GRÜNEN mit der CDU im Herbst 2013, um das Thema Lärmobergrenze auf die Agenda des politischen Handelns zu setzen. Dass die Bearbeitung genau dieses Themas ein besonderer Wunsch von uns GRÜNEN war, brauche ich wahrscheinlich nicht besonders zu erläutern. Jedenfalls haben wir im Koalitionsvertrag festgeschrieben:

Entsprechend der Empfehlungen der Mediation wird vereinbart, eine Lärmobergrenze für den Flughafen Frankfurt einzuführen. Ziel ist es, eine deutliche Lärmreduzierung gegenüber den im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Werten zu erreichen.

Meine Damen und Herren, genau das enthält das Konzept des Verkehrsministers, welches er vorletzte Woche vorgestellt hat und welches bislang differenzierte, aber weit überwiegend sehr positive Reaktionen hervorgerufen hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Diese positiven Reaktionen sind eigentlich nicht verwunderlich. Ist es doch gelungen, eine Verbindung von so gegenläufigen Interessen wie von Luftverkehrswirtschaft und Flughafenanwohnern in einer Zielperspektive zu schaffen. Damit ist sowohl die Weiterentwicklung des Flughafens, sprich: eine Vermehrung der Flugbewegungen, als auch die gleichzeitige Lärmverminderung möglich, nach dem Motto: Wer mehr fliegen will, muss leiser fliegen. Wer leiser fliegt, belastet weniger.

Meine Damen und Herren, diesem Motto folgend ist aus meiner Sicht der Wert der Lärmobergrenze als Verfahren der Minderung der Fluglärmbelastung der deutlich höhere als der einer statischen Definition eines Deckels bei der Belastungshöhe beizumessen. Der Grund liegt darin, dass diese Sanktionsdrohung als Folge einer theoretisch möglichen Kollision mit dem Deckel dazu führen wird, dass seitens der Luftverkehrswirtschaft frühzeitig wirksame Anstrengungen zur Eindämmung der Lärmemission an der Quelle, also am Fluggerät, verstärkt einsetzen oder fortgesetzt werden.

Ich darf daran erinnern, dass technische Entwicklungen hin zu ökologischen Verbesserungen leider, muss man sagen, erst dann vorangetrieben wurden, als der Staat sanktionsbewährte Vorgaben gemacht hat, die die Industrie zunächst als ihren Untergang ansah, dann aber doch rasch und effektiv sowie geschäftsfördernd umgesetzt hat. Ich erinnere an das Stichwort: Katalysator.

Es ist bei der Lärmobergrenze das erklärte Ziel, im Einvernehmen mit der Luftverkehrswirtschaft die Regeln zu bestimmen. Dabei darf aber auch kein Zweifel aufkommen, ob es sich um unverbindliche Empfehlungen oder um verbindliche Vorgaben handelt. Es geht um Letzteres, um verbindliche Regeln. Im Koalitionsvertrag und auch gemeinsam mit der Stadt Frankfurt am Main im Konsortialvertrag ist festgehalten, dass unser gemeinsames Ziel ist:

Die mit dem Betrieb des Flughafens einhergehende Belastungen für Mensch und Umwelt in einem höchst möglichen Maß rasch und wirksam zu verringern.

Dieses Ziel lässt sich, wie dargestellt, am besten durch verbindliche Regeln erreichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, die Lärmobergrenze nach dem Konzept des Verkehrsministers lässt sich wie folgt kurz und knapp beschreiben:

Die Lärmobergrenze ist ein Instrument zur Reduzierung der Lärmentwicklung und sorgt dafür, dass der technische Fortschritt und neue Flugverfahren zugunsten der Lärmbetroffenen wirksam umgesetzt werden. Die Lärmobergrenze ist kein Versprechen, dass es morgen in der Region überall leiser wird.

Die Lärmobergrenze ist grundsätzlich keine Begrenzung der Bewegungszahl unterhalb von 701.000, auf welcher Höhe auch immer.

Die Lärmobergrenze knüpft auch an die Interessen der Luftverkehrswirtschaft an und macht diese aber erstmals für die Lärmreduzierung nutzbar. Die Lärmobergrenze nimmt die Airlines, den Flughafen und auch die Flugsicherung in die Verantwortung, sodass es nicht nur bei Ankündigungen bleiben darf, sondern im eigenen Interesse der Luftverkehrswirtschaft wirksame Maßnahmen umgesetzt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Schließlich sorgt die Lärmobergrenze nach meiner persönlichen Überzeugung im Ergebnis dafür, dass es auch gegenüber dem jetzigen Niveau mittelfristig nicht nur nicht wesentlich lauter, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich leiser werden wird, weil wir den technischen Fortschritt zugunsten der lärmbelasteten Anwohnerinnen und Anwohner nutzen können.

Meine Damen und Herren, dies alles bewerte ich als einen sehr guten und beachtlich großen Schritt in Richtung mehr Verträglichkeit des Flughafenbetriebs mit seiner Umgebung.

Wenn ich das so bewerte, muss ich mich auch mit den Reaktionen unserer politischen Mitbewerberinnen und Mitbewerber befassen, weil sie dies, wie man lesen kann, deutlich anders sehen. Das ist selbstverständlich uneingeschränkt ihr Recht und ihnen zugestanden, selbst wenn ich mir erlaube, etwas Verwunderung zu äußern.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Rudolph (SPD))

Alle, die wirklich mehr Schutz vor Fluglärm wollen, müssen doch jeden Vorschlag zunächst einmal konstruktiv betrachten und prüfen. Die Antwort, dass dies alles zu wenig wäre, kann ich noch verstehen. Mit dieser Antwort aber eine Ablehnung zu begründen, kann man nicht mehr verstehen. Denn selbst ein kleiner Schritt ist deutlich besser als gar keiner. Meine Damen und Herren, für die FDP in diesem Haus gilt dies nicht. Sie will nachlesbar uneingeschränkten Fluglärm. Ihnen ist es wohl jetzt schon zu leise rund um den Flughafen, wenn von ihr im Antrag beklagt wird, dass die tatsächlichen Lärmbelastungen deutlich unter den früher prognostizierten Werten lägen.

Dazu kann ich nur feststellen, dass die FDP ganz ähnlich wie die VhU mit ihrem durch bestimmte Ideologien begründeten Standpunkt, den technischen Fortschritt faktisch eher behindert und sie die Bewohnerinnen und Bewohner der Rhein-Main-Region mit dem Fluglärm alleine lässt.

Dasselbe Ergebnis ergibt sich auch bei der Kritik der LINKEN. Es tut mir leid das feststellen zu müssen. Dort wird immer wieder eine Begrenzung auf 380.000 Flugbewegungen im Jahr und ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr gefordert.

(Demonstrativer Beifall bei der LINKEN)

Alle anderen Vorschläge hin zu weniger Lärmbelastung werden von Ihnen allerdings von vorneherein verworfen.

(Zuruf der Abgeordneten Janine Wissler (DIE LINKE))

Da in keiner Weise eine Durchsetzbarkeit Ihrer Forderungen gegeben ist und auch von Ihnen kein einziger Weg aufgezeigt wird, wie man das am Ende erreichen kann, ist das Ergebnis Ihrer Forderung dasselbe wie bei der FDP. Die Anwohnerinnen und Anwohner werden mit den Belastungen alleingelassen.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, letztlich betrachten wir noch die SPD, von der wir schon lange wissen, in Flughafenfragen äußert sie in der Regel gleichzeitig eine Forderung und ihr genaues Gegenteil. In Sachen Lärmobergrenze wird nun im vorgelegten Antrag eine Revision des Planfeststellungsbeschlusses verlangt und ausgerechnet auch noch vom damals verantwortlichen Autor dieses Werks öffentlich propagiert. Wir erinnern uns an die Pressekonferenz.

Spannend ist die Begründung der Forderung. Die Prognosen für die Flugbewegungen hätten sich als falsch erwiesen. Meine Damen und Herren, diese Feststellung ist richtig. Wir GRÜNE sagen dies bereits seit Jahren. Allerdings liegt gefestigte Rechtsprechung der obersten Gerichte vor, die bedauerlicherweise genau dies nicht als Eingriffsgrund in einen Planfeststellungsbeschluss zulässt. Damit muss ich leider feststellen, dass auch das Konzept der SPD als Lärmobergrenze nicht tauglich ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Zum Schluss meiner Rede eine Bitte an die Opposition: Schauen Sie sich doch das Lärmobergrenzenkonzept noch einmal genauer an und versuchen Sie, konstruktiv am weiteren Diskussionsprozess teilzunehmen. Die Menschen rund um den Flughafen wollen ein wirksames Ergebnis und wären Ihnen gewiss sehr dankbar, wenn Sie sie dabei unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)