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24.09.2015

Frank Kaufmann: Fraport-Deal schadet Griechenland

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! An der Politik, die Europa mit dem Druckmittel der Troika – später „Institutionen“ genannt – gegenüber Griechenland an den Tag gelegt hat, kann man gewiss vieles aussetzen. Etliche gegenüber den Griechen erhobene Forderungen führen auch hierzulande zu berechtigter Kritik. Dass umgekehrt, in Richtung Griechenland, auch viel Unverständliches geliefert wurde, macht diese Angelegenheit nicht einfacher.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel und Uwe Frankenberger (SPD))

Aber nach der am vorigen Sonntag abgehaltenen Wahl mit der klaren Bestätigung der Regierung Tsipras zeigen die Signale in Richtung konstruktiver Zusammenarbeit, auch im Hinblick auf unser jetziges Thema.

Frau Kollegin Wissler, seitens der neuen Regierung wurde nämlich das deutliche Interesse bekundet, die Modernisierung der griechischen Flughäfen mit Fraport erfolgsorientiert voranzubringen, und deshalb die Forderung erhoben, diese Verhandlungen möglichst rasch abzuschließen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Clemens Reif (CDU))

Deswegen ist diese Aktuelle Stunde in der Sache überholt. Leider hat sich die Kollegin Wissler nicht durch Tatsachen von ihrem Vortrag abbringen lassen. Damit geben Sie einen Bewusstseinsstand wieder, den Sie hartnäckig verteidigen, der aber nun wahrlich nichts mit der Realität zu tun hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, an den Fakten ändert sich auch dadurch nichts, dass die „Heute-Show“ vom letzten Freitag ebenfalls die Legende von den ausgeplünderten Griechen erzählt hat, und dass vorgestern Dieter Hooge und ein paar seiner Parteifreunde demonstrativ an der Bannmeile gestanden haben.

Wenn man Griechenland wirklich bei seiner wirtschaftlichen Entwicklung unterstützen will, dann hilft nur eine nüchterne Analyse der Gegebenheiten. Etliche von uns kennen den einen oder anderen griechischen Flughafen, beispielsweise aus Ferienzusammenhängen. Fast überall zeigt sich dringender Sanierungsbedarf. Viele Einrichtungen sind eher eine Zumutung für die Passagiere denn eine moderne Verkehrsinfrastruktur. So ist es auch kein Wunder, dass von den heimkehrenden Reisenden häufig Klagen über Betriebsmängel an den griechischen Flughäfen zu hören sind.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Da ist es sehr vernünftig, dass die griechische Regierung eine Lösung suchte und den Betrieb der Touristenflughäfen – mit Ausnahme von Athen und Heraklion – als Konzession mit Investitionsverpflichtungen weltweit ausgeschrieben hat. Frau Kollegin Wissler, die Flugplätze mit ausschließlich inländischem Betrieb wollten die Griechen von sich aus überhaupt nicht anbieten. Alle Flugplätze, die Sie nennen, haben insgesamt ungefähr 3 Prozent des gesamten griechischen Passagieraufkommens. Das heißt, 97 Prozent erbringen die anderen; wenn Sie Athen und Heraklion abziehen, dann bleibt ungefähr die Hälfte von dem, was jetzt in der Ausschreibung enthalten war. So sind die Realitäten.

Meine Damen und Herren, diesen internationalen Wettbewerb hat Fraport, gemeinsam mit einem griechischen Partnerunternehmen, gewonnen. Sie gaben das aus griechischer Sicht beste Angebot ab und haben deshalb den Zuschlag erhalten. Damit es sich alle noch einmal merken: Dieses Angebot umfasst erstens eine Vorabzahlung, zweitens jährliche Konzessionszahlungen mit einem fixen wie auch einem ergebnisorientierten Anteil sowie die von mir schon erwähnten Investitionsverpflichtungen, die sich unter Fachleuten auf mehr als 300 Millionen Euro summieren dürften.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Das vorgesehene Engagement von Fraport bei den griechischen Flughäfen ist – auch, wenn Frau Wissler das nicht wahrhaben will – das genaue Gegenteil von Ausbeutung, und es werden damit auch keine Schnäppchen gemacht.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, vielmehr werden beidseitige Chancen positiver Entwicklung genutzt. Denn wir alle hier wissen: Für die griechische Seite ist der Tourismus die Branche überhaupt, an der sich die weitere Entwicklung festmacht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Intakte und gut gemanagte Flughäfen sind für die Entwicklung des Tourismusverkehrs nicht nur ein großer Gewinn, es sind überhaupt die Voraussetzungen dafür, dass das funktionieren kann.

Für Fraport gilt auf der anderen Seite natürlich ebenso: Mehr Touristen bedeuten mehr Kunden. Mehr Kunden bedeuten mehr Umsatz. Natürlich will Fraport als Unternehmen dabei auch positive Ergebnisse erzielen – was denn sonst?

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Janine Wissler (DIE LINKE): Das wird den Griechen aber weggenommen!)

Meine Damen und Herren, im Übrigen – und das haben Sie so diffamiert – liegt eine positive, erfolgreiche Geschäftsentwicklung der Fraport AG – auch an anderen Standorten in dieser Welt, und da gibt es noch mehr – auch im Interesse des Heimatstandorts.

Deshalb ist der Antrag der LINKEN nicht nur unverschämt im Ton, sondern auch völlig neben der Sache. Es geht weder um den Verkauf oder den Ausverkauf öffentlicher Infrastruktur, sondern darum, Strukturen zu verbessern, damit eine positive Entwicklung in Gang kommt.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Im Übrigen sei mir noch folgender Hinweis gestattet – letzter Satz –: Der örtliche Widerstand – denken Sie einmal darüber nach – könnte auch etwas damit zu tun haben, dass sich eingefahrene Strukturen dagegen wehren, in professionelles Management umgestaltet zu werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten CDU und der SPD)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.