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15.12.2011

Frank Kaufmann: Fluglärm reduzieren – Nachtruhe sichern – „Wortbruch“ beenden – Rücknahme des Revisionsantrags jetzt

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich feststellen: Ich stehe hier nicht als Oberbürgermeisterkandidat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich möchte mich aber trotzdem bei der parlamentarischen Regie der Mehrheitsfraktionen herzlich dafür bedanken. Wir hatten schon eine aufschlussreiche Debatte zum Thema Nachtflüge, zum Thema Fluglärm, aber vor allem auch zum Thema flinke Wandlungsfähigkeit eines Staatsministers, der gerne Oberbürgermeister werden möchte. Dass Sie uns das zweite Mal Gelegenheit geben, darüber zu sprechen – nicht nur wegen des Wahlkampfs, der findet in Frankfurt statt –, aber vor allem wegen des Problems der Menschen in der Region, damit wir ihnen tatsächlich helfen und sie nicht nur vertrösten, freut uns.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Bei der Debatte am Dienstag konnten wir allerdings eine neue Kategorie standortspezifischen Wahrheitsgehalts in politischen Versprechen feststellen. Herr Rhein, das muss ich Ihnen schon sagen: In Frankfurt lautete Ihre Aussage „Nachtflugverbot ohne Wenn und Aber“ und in Wiesbaden sind Sie als Staatsminister mit daran beteiligt, das Nachflugverbot juristisch zu bekämpfen und sich für Nachtflüge auszusprechen. – Man kann es fast nicht glauben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Frage, wie die hessische Politik den Menschen in der Rhein-Main-Region, die hier leben und schlafen wollen, tatsächlich wirksam bei der Reduzierung der Fluglärmbelastung helfen will, sollte klar beantwortet werden. Deswegen haben wir Ihnen heute noch einmal einen Dringlichen Entschließungsantrag, Druck. 18/5100, vorgelegt, der die Ankündigungen des Innenministers wiedergibt, und insbesondere auch bei seiner eigenen Fraktion um Zustimmung wirbt.

Eigentlich kann es für Sie nicht so schwer sein, den vernünftigen Vorschlägen Ihres Ministers zu folgen. Schon vorgestern sprach Innenminister Rhein für die Landesregierung zu dem Thema. Ich kann nur sagen: Wir GRÜNE begrüßen es außerordentlich, wenn die Landesregierung die aktuelle Fluglärmsituation in der Rhein-Main-Region faktisch und rechtlich als eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sieht,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

deren Beseitigung in die Zuständigkeit des Innenressorts fällt.

Heute können wir der „Bild“-Zeitung entnehmen, dass selbst der Verkehrsminister zugibt, dass es so nicht bleiben kann. Er räumt also auch diese Störung ein. Herr Verkehrsminister, da kann ich nur sagen: Reichlich spät, dass Sie endlich Ihre Versäumnisse erkennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, mit der Umsetzung seiner Ankündigungen könnte Minister Rhein besser und rascher für Lärmentlastung sorgen, als es Verkehrsminister Posch tut, der auch gern für die Initiative „Die Fracht braucht die Nacht“ öffentlich posiert.

Meine Damen und Herren von der CDU, lassen Sie nachher Ihren Innenminister nicht allein im Lärmregen stehen, sondern stimmen Sie ihm, und das heißt unserem Antrag zu.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Am Dienstag ist es offenbar geworden, dass es einen Widerspruch im Verhalten des Innenministers und in seinen Äußerungen in Frankfurt und in Wiesbaden, also den beiden größten Städten Hessens, gibt. Dies ist aber nicht der einzige Widerspruch in der Debatte um die Fluglärmbelastung.

Als besonders scheinheilig muss man Aussagen aus Presseerklärungen der CDU empfinden, es gibt mehrere, ich nehme einmal die vom 22. November. Dort steht:

Die CDU-Landtagsfraktion nimmt die Sorgen und Nöte der Menschen rund um den Frankfurter Flughafen sehr ernst.

Wenn dann aber, wie vorgestern hier geschehen, dieselbe CDU-Landtagsfraktion alle längst von vielen Fachleuten anerkannten Maßnahmen zur Fluglärmminderung wie z. B. den Gleitsinkanflug, genannt CDA, die gezielte Bahn- und Routennutzung, genannt DROps, oder auch die Spreizung des Gebührensystems zulasten besonders lauter Flugzeuge ablehnt,

(Zuruf des Abg. Peter Seyffardt (CDU))

dann drängt sich doch die Frage auf: Woran erkennt man Ihren angeblich ernst nehmenden Umgang mit den Problemen der lärmgeplagten Menschen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Die CDU hat die Vorschläge am letzten Dienstag jeweils einzeln abgelehnt. Ich denke, alle erinnern sich noch daran. Stattdessen berufen Sie eine neue schwarze Arbeitsgruppe. Meinen Sie, die könnte helfen? Die soll zwar – so steht es in Ihrer Pressemitteilung – alle Maßnahmen zur Fluglärmreduzierung sorgfältig prüfen und Lösungsvorschläge erarbeiten. Das bedeutet faktisch aber nichts anderes, als dass von der CDU auf mittlere Sicht in Sachen Fluglärmbelastung keinerlei Hilfe zu erwarten ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Das ist für mich keine besondere Überraschung in der Sache, aber Sie sollten sich klarmachen: Das ist eine Förderung der Empörung bei den Menschen in der Region.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren bei der CDU, überlegen Sie sich wirklich gut, wie Sie mit den Lärmproblemen der Bürgerinnen und Bürger umgehen wollen. Ihr bisheriger Kurs der Verniedlichung der Probleme, der Leugnung der eigenen Verantwortung und der Schuldsuche bei anderen hat Ihnen jedenfalls bislang nichts als wachsende Ablehnung beschert. Ihre treuesten Wählerinnen und Wähler im Frankfurter Süden kündigen Ihnen scharenweise die Unterstützung auf, weil sie sich verraten fühlen. Sie sollten wirklich mehr tun, als Arbeitsgruppen anzukündigen und Vertröstungen zu verbreiten.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Zeigen Sie, Herr Kollege Irmer, zusammen mit Ihren Kolleginnen und Kollegen endlich tätige Reue. Sie sind selbst auch über die Massivität der über uns gekommenen Lärmbelastung überrascht und erschüttert. Deshalb sollten Sie jetzt den Vorschlägen Ihres Innenministers zu den Maßnahmen zustimmen. Wir geben Ihnen heute dazu nochmals die Gelegenheit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wenn schon die Konkurrenz Ihrer angekündigten schwarzen Arbeitsgruppe, die Taskforce des Verkehrsministers, immerhin besetzt mit Fachleuten, über die die CDU nicht verfügt, mindestens bis zum Herbst 2012 brauchen will – das ist die Ankündigung –, um erste wirksame Maßnahmen zur Minderung der Fluglärmbelastung zu erarbeiten, dann erkennt auch der Letzte, dass die CDU nicht eine rasche Veränderung der Situation erreichen, sondern lediglich Beruhigungspillen verabreichen will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Menschen brauchen aber rasche Hilfe und haben kein Verständnis dafür, dass gegen den alltäglichen Lärmterror nichts geschieht. Tun Sie etwas für die Leute. Wenn sie Ihnen weiterhin egal sein sollten, dann vergessen Sie aber nicht: Der Innenminister braucht vor dem 11. März eine wirksame Minderung der Fluglärmbelastung. Wenigstens das sollte Ihnen Veranlassung geben, endlich zu Taten gegen die Fluglärmbelastung zu kommen. Als ersten Schritt stimmen Sie unserem Antrag Drucks. 18/5100 heute zu. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Kaufmann.