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24.06.2010

Frank Kaufmann: Anhörung zur Fluglärmbelastung der Rhein-Main-Region

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern erklärte hier der Ministerpräsident, es gebe keinen anderen Flughafen in der Welt, der gleichzeitig unter den ersten zehn sowohl bei der Passage als auch bei der Fracht sei. Er hat vergessen hinzuzufügen, dass es auch keinen anderen Flughafen in der Welt gibt, der sich unter den ersten zehn sowohl bei der Höhe der Lärmbelastung der Bevölkerung befindet, die rund um den Flughafen wohnt, als auch bei der Stärke der Aktivität zur Vertuschung und Verniedlichung dieser Lärmbelastung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Meine Damen und Herren, weil dies so ist, weil der Flughafen in Frankfurt am Main, in Hessen gelegen, ein wichtiges Thema der Landespolitik ist, haben wir uns dieses Jahr auch schon mehrfach damit befasst, heute zum wiederholten Mal.

Der Anlass, warum wir uns im Januar mit dem Thema auseinandersetzten, waren neu bekannt gewordene epidemiologische Studien zu dem Thema Fluglärm und Gesundheit, insbesondere nächtlicher Fluglärm und Gesundheit. Ich erinnere daran, dass wir uns im Landtag schon in früheren Jahren gerade zum Thema Fluglärmbelastung immer wieder intensiv auseinandergesetzt haben. Sie wissen auch, dass wir schon beim Landesentwicklungsplan im Jahr 2007 festgestellt hatten, dass aus Rücksichtnahme auf die besonders schutzwürdige Nachtruhe der Bevölkerung ein umfassender Lärmschutz in den Kernstunden der Nacht von herausragender Bedeutung ist.

Deswegen haben wir GRÜNEN im Januar beantragt, aufgrund dieser neu aufgetauchten Erkenntnisse und Untersuchungen eine Anhörung durchzuführen, und zwar mit den Produzenten dieser Untersuchungsergebnisse und weiteren kritischen Stimmen dazu, weil man in der Tat dabei immer die verschiedenen Aspekte betrachten muss. In der Debatte darüber stellte der verehrte Kollege Dr. Arnold fest, und zwar mit Bedauern – ich darf ihn zitieren –:

dass Ihre Anträge

– er meinte die Anträge von GRÜNEN und SPD –

dazu geeignet sind, mit sehr leicht zu erkennenden Argumenten dafür zu sorgen, dass die Menschen rund um den Flughafen Frankfurt mit dem Thema Gesundheit und Lärm verunsichert werden sollen.

An anderer Stelle sagte er:

Deshalb ist die Forderung nach einer Anhörung oder gar einer Studie im Moment reiner grüner Aktionismus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Diskussion um die Frage einer Anhörung hatte ich noch darauf hingewiesen und ausdrücklich an die Mehrheitsfraktionen appelliert:

Geben Sie Ihren Widerstand dagegen auf, und treten Sie mit uns in einen rationalen Dialog ein.

Ich stellte außerdem die Frage:

Oder wollen Sie uns am Ende dazu zwingen, parlamentarische Minderheitsrechte in Anspruch zu nehmen, nur um der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen?

Meine Damen und Herren, so kam es.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Wir haben die parlamentarischen Minderheitsrechte in Anspruch genommen. Ich verweise auf die Debatte am 29. April. Ihr Versuch der Erweiterung der Aufgabenstellung der Enquetekommission ist gescheitert, sodass wir heute – dafür bin ich durchaus dankbar – feststellen können: Am Ende kommt die Vernunft doch noch zum Durchbruch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben vor uns einen Antrag liegen, der gemeinsam gestellt wird, von CDU, SPD, FDP und uns. Er enthält den schönen Satz:

… führt der Landtag eine öffentliche Anhörung zur Problematik der Wirkungen von Fluglärm auf die Gesundheit unter dem Titel: „Fluglärmmonitoring und Gesundheitsschutz im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main“ durch.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum denn nicht gleich? Wir hätten uns eine ganze Menge aufregende Auseinandersetzungen ersparen können, und wir hätten auch jetzt diesen Redebeitrag in der Diskussion gar nicht mehr gebracht, wenn es bei Ihnen in den Entscheidungsprozessen etwas schneller gegangen wäre.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dabei bin ich mir nicht ganz sicher, ob jetzt wirklich schon die Vernunft zum Durchbruch gekommen ist oder ob es sich eher darum handelt, dass man aus taktischen Gründen festgestellt hat, dass das aus Sicht derjenigen, die hier leider noch die Mehrheit bilden, das kleinere Übel ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Ich sage Ihnen deshalb sehr klar und deutlich: Wir begrüßen es, dass man am Ende einen gemeinsamen Weg gefunden hat. Wir wollen diese Anhörung durchführen. Aber auch eines dürfte einigermaßen klar sein: Mit den Ergebnissen der Anhörung werden wir uns weiter befassen müssen, auch hier im Hessischen Landtag, in der hessischen Politik.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Ich hoffe ein bisschen, dass die Anhörung und ihre Ergebnisse ein Meilenstein dafür sein werden, dass wir, gerade was den Lärmschutz und insbesondere den Schutz vor Fluglärm angeht, ein Stück weiter kommen und tatsächlich die Bevölkerung, die rund um den Flughafen wohnt – niemand will den Flughafen abschaffen, sodass es ein Problem auch für die Zukunft sein wird –, besser vor Lärm schützen können.

Der wichtigste Schritt, um das zu erreichen, ist, dass wir endlich das Versprechen des Nachtflugverbots gemeinsam und vollständig durchsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)